Die Verlierer des PR-Februar 2019

Monatsbilanz

Platz 1: Die Europäische Union

Vielleicht muss man sich die EU wie einen Teenager vorstellen, der auf der Couch fläzt und genervt durch die Channels zappt. Der Brexit zieht sich wie eine drittklassige Telenovela. Langweilig. Die Bösewichter auf den anderen Kanälen (Salvini, Orban, Trump, Putin) wirken grotesk überzeichnet, das kickt jetzt auch nicht mehr so richtig. Langweilig. Bei den Europawahlen werden die EU-Gegner triumphieren – naja, ist ja erst im Mai, also wayne?!

Man müsste mal was Krasses starten, mal wieder für Action sorgen! Lasst uns die verärgern, die noch zu uns halten! Diejenigen, die noch optimistisch pro Europa sind. Die Jugendlichen, die Insta-Crowd, die Youtuber, die Tiktoker, diese ganzen EU-freundlichen Digitalinskis, Kommunikatoren, Wirtschaftsverbände und Journalisten! Die bringen wir jetzt mal so richtig auf die Palme! Wir nehmen einfach das Lobbypapier der Großverlage, pressen Uploadfilter und Leistungsschutzrecht durch, erzählen Unsinn übers Internet und nehmen Abstimmungen vorweg, beschimpfen die Protestierer als Mob, bügeln Kritik mit Verweis auf höhere Followerzahlen ab.

Die ganze Palette des Kommunikationsversagens also und … Ah, endlich haben wir mal wieder ein gewaltiges PR-Problem!

(c) www.change.org

Platz 2: Die ARD

Es war sicherlich gut gemeint von der ARD, die Sprachwissenschaftlerin Elisabeth Wehling untersuchen zu lassen, welche Rolle Framing in der Diskussion um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk spielt – schließlich sollte jeder PR-Profi und jede Führungskraft Framing kennen.

Es war sicherlich gut gemeint von der ARD, für das Gutachten und ein paar Workshops satte 120.000 Euro auf den Tisch zu legen. Es war sicherlich gut gemeint von der ARD, das Gutachten unter Verweis auf das Urheberrecht unter Verschluss zu halten, als es plötzlich Thema öffentlicher Diskussionen wurde. Und es war sicherlich auch gut gemeint von der ARD, eigenartige Begrifflichkeiten des Gutachtens wie zum Beispiel „medienkapitalistische Heuschrecken“ und „Profitzensur“ höflich zu übersehen. Es ging leider nur alles furchtbar nach hinten los.

Platz 3: Lidl

Aufmerksamkeit ist Aufmerksamkeit. Oder: Nichts ist so alt wie Social-Media-Fame von gestern. Noch 2017 räumte Lidl den renommierten dpok-Award als Social-Media-Team des Jahres ab – knapp zwei Jahre später versetzte sich der Einzelhandelskonzern auf Facebook einen beherzten PR-Knieschuss.

Bagels und Donuts mit dem von vielen als ausgesprochen geschmacklos-sexistisch empfundenen Spruch “Loch ist Loch” gleichsetzen und sich dafür in den Kommentaren feixend feiern lassen? Kalkül? Gedankenlosigkeit? Gute Fragen! Schaden ist Schaden.

Platz 4:  Nike

Das Oberteil eines Sportschuhs besteht – wer wüsste es nicht? – unter anderem aus der Zehenbox und dem Strobel. Die Markenstrategie von Nike besteht unter anderem aus Ausrüsterverträgen mit US-College-Sportlern. Zion Williamson ist derzeit der vielleicht begehrteste US-College-Basketballer, ein Riesentalent, von Nike ausgerüstet. Noch 2019 dürfte Williamson in die NBA gedraftet werden und sieht dort einer rosigen Zukunft entgegen.

Der Strobel seines Nike-Schuhs (eine dünne Stoffschicht, die Schuh-Oberteil und Mittelsohle verbindet) schien jedoch etwas dagegen zu haben. Mitten in einem wichtigen Spiel, vor Millionen Fernsehzuschauern und Barack Obama, riss der Nike-Strobel, zerplatzte der Nike-Schuh, tat sich das Nike-Talent mächtig weh. Die Aktie des Sportartikel-Herstellers sackte ab, angesehene Schuhforscher und Professoren für Biomechanik stürzten sich in Analysen, vermuteten Produktionsfehler bei Nike. Glück im Unglück: Williamson verletzte sich nur leicht.

(c) Getty Images / Oleksii Spesyvtsev

Platz 5: Die AfD

Es ist nicht immer einfach, in den sozialen Medien das Volk zu sein und die Stimme der schweigenden Mehrheit, insbesondere wenn die schweigende Mehrheit beharrlich schweigt. Da muss man manchmal nachhelfen, mutig vorangehen und Zeichen setzen. Lob ist Lob. Ein Post-It am Monitor – „Vorm Absenden von Fake-Kommentaren bitte Facebook-Account wechseln!“ – wäre aber dennoch eine clevere alternative Vorgehensweise gewesen.

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