Auf Grindels Spuren: Top 12 der Interview-Abbrüche

Eklats im TV

„Komm, Herr Bauer, wir lassen es!“ Mit diesen Worten brach DFB-Präsident Reinhard Grindel in der vergangenen Woche ein TV-Interview ab, stand auf, ging, hinterließ einen leeren Stuhl und einen konsternierten Gesprächspartner, eben Herrn Bauer.

Dieser, der Deutsche-Welle-Journalist Florian Bauer, hatte Grindel nach den Fifa-Plänen für eine weltweite Nationalmannschaften-Liga gefragt – ein Thema, das dem Fußballfunktionär offenbar ganz und gar nicht passte und Grindel schließlich veranlasste, einfach zu gehen. Selbstverständlich sorgte der spektakuläre und reichlich unsouveräne Auftritt des DFB-Präsidenten für jede Menge Schlagzeilen und Internet-Aufruhr.

.@DFB_Praesident Reinhard #Grindel spricht im @DeutscheWelle-Interview über die Zukunft des Weltfußballs und mögliche neue Wettbewerbe. Doch plötzlich findet das Gespräch ein jähes Ende…

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— DW Sport (@dw_sport) 13. März 2019

Doch Grindel ist keineswegs der Erste, der vor laufenden Kameras einen genervten Abgang hinlegte. Im Gegenteil: Diese Sonderform der Media Relations kommt erstaunlich oft vor, besonders bei Politikern, Fußballern (zu denen Grindel im weitesten Sinne ja auch zählt), Schauspielern, Angehörigen des britischen Königshauses und gelegentlich sogar bei Journalisten.

Unsere inoffiziellen Top 12 der Interview-Abbrüche plus – als Bonus – der wohl spektakulärste Talkshow-Abgang aller Zeiten:

Platz 12: Peter Gauweiler (1994)

Der CSU-Politiker und erfolgreiche Rechtsanwalt galt weithin als politischer Hardliner. 1993, Peter Gauweiler war mittlerweile bayerischer Minister für Landesentwicklung und Umwelt, geriet er in den Strudel der so genannten „Kanzleiaffäre“. Er soll während seiner Ministertätigkeit widerrechtlich den Mandantenstamm seiner Kanzlei für 10.000 D-Mark monatlich verpachtet haben. In der Talkshow 0137 des Pay-TV-Senders Premiere stellte sich Gauweiler einigen Fragen dazu – allerdings nicht sonderlich lange.

Platz 11: Sarah Ferguson (2011)

Die Herzogin von York, Ex-Frau von Prinz Andrew, gehört zu beiden britischen Royals auf unserer Top-Liste der abgebrochenen TV-Interviews. Der australische Moderator Michael Usher befragte Fergie im Jahr 2011 äußerst höflich, aber bestimmt nach einigen finanziellen Auffälligkeiten. Spätestens ab dem Moment, in dem Sarah Ferguson mit einer Mischung aus vielsagender Mimik und ausgesprochen royaler Kühle „Sorry, what’s your question?“ zurückfragte, lässt sich erahnen: Das nimmt kein gutes Ende.
 

Platz 10: Nicholas Sarkozy (2007)

Politiker zu heiklen privaten Themen zu löchern, erhöht die Wahrscheinlichkeit eines Interview-Abbruchs beträchtlich. Der damalige französische Präsident Nicolas Sarkozy dient dafür als anschauliches Beispiel. Im Gespräch mit dem US-Sender CBS verdüstert sich Sarkozys Laune binnen Sekunden zusehends, als er vehement nach seiner Frau Cécilia Attias gefragt wird. Abgang Sarkozy. Zwei Wochen später gab der Élysée-Palast die Trennung des Paares bekannt.
 

Platz 9: Paris Hilton (2011)

Die Großmutter aller It-Girls nach den Kardashians und deren mittlerweile größerem Erfolg fragen? Auch das führt geradewegs zum abrupten Interview-Ende, von Paris Hilton immerhin freundlich-lächelnd-telegen durchgezogen. 

Platz 8: Mario Ohoven (2000)

Interview-Abbruch-Sätze für die Ewigkeit: „So, ich muss weg!“ und „Ob ich mich zurücksetze oder nicht zurücksetze, das entscheide ich.“ Beide im Nachgang einer Pressekonferenz geprägt vom deutschen Unternehmer und Finanzberater Mario Ohoven, der bis heute Präsident des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft (BVMW) ist. Sein entschlossener Interview-Abgang gewann in den Folgejahren enorme Popularität als häufig verwendeter Einspieler in der TV-Show von Stefan Raab.
 

Platz 7: Donald Trump (1990 bis 2018)

Viele sagen, Donald Trump sei der konsequenteste Interview-Abbrecher der letzten Jahre, vielleicht sogar der gesamten Menschheitsgeschichte. Mindestens fünf Mal ließ Trump nachweislich seine Fragesteller sitzen beziehungsweise stehen: als Unternehmer, als Präsidentschaftskandidat und als Präsident. CNN präsentiert eine Sammlung von Trumps Abgängen – zwei davon sogar am selben Tag des Jahres 2016.
 

Platz 6: Robert Downey Jr. (2015)

Für viele Hollywood-Stars ist der Abbruch eines Interviews fast schon ein Teil ihres Images. Ob Arnold Schwarzenegger, Robert de Niro, Cameron Diaz oder Selena Gomez: mehr oder weniger empört einfach zu gehen, wenn es unangenehm wird, gehört zu den gängigsten Star-Allüren. Kaum jemand zelebrierte seinen Abgang vor laufender Kamera jedoch so absolut vorhersehbar und cool wie Robert Downey Jr., als er nach seiner Drogenvergangenheit gefragt wird. Der offensichtlich etwas desorganisierte Interviewer Krishnan Guru-Murthy machte es Downey Jr. aber auch sehr einfach, stilvoll zu verschwinden.

Platz 5: Prinz Harry (2013)

Die Royals, Teil 2. Prinz Harry, Nummer sechs in der britischen Thronfolge, hatte am Rande seines Afghanistan-Einsatzes für die Royal Army den wohl besten Grund für das plötzliche Rausrennen aus einem TV-Gespräch.

Platz 4: Alexander Golowin (2018)

Nur die illustre Berufsgruppe der Fußballer bricht Interviews noch zuverlässiger ab als Hollywood-Größen. Ob Spieler wie Cristiano Ronaldo oder Diego Armando Maradona, Trainer wie Jupp Heynckes, José Mourinho, Rudi Völler oder Bruno Labbadia, ob Funktionäre wie Reinhard Grindel: Es scheint, beleidigt ein Interview zu beenden, würde auf den Fußball-Akademien dieser Welt gelehrt.

Der russische Nationalspieler Alexander Golowin setzte während der WM 2018 in seinem Heimatland immerhin mal einen neuen Akzent. Weil ihm nach dem 5:0-Sieg seiner Mannschaft gegen Saudi-Arabien die enthusiastischen Lobhudeleien und Wechselspekulationen des Studio-Moderators als zu absurd erschienen, setzte Golowin dem Interview ein Ende – bevor es überhaupt begann.

Platz 3: Sigmundur Davíd Gunnlaugsson (2016)

Mit Politikern, die persönlich wegen fragwürdiger Steuertricks in den „Panama Papers“ auftauchen, muss man grundsätzlich kein Mitleid haben. Mit Sigmundur Davíd Gunnlaugsson, dem damaligen Premierminister Islands, vielleicht aber doch ein kleines bisschen. Bereits nach der ersten Frage des Interviewers („Hatten Sie selbst Verbindungen zu einer Offshore-Firma?“) und Gunnlaugssons unsicherer, zeitschindender Rückfrage („Ähem, ich selbst?“) war das traurige Ende dieses Interviews absehbar.

Platz 2: Richard Madeley (2018)

Interview-Abbruch mal andersherum. Der britische Verteidigungsminister Gavin Williamson weicht der eigentlich recht klaren und mehrfach wiederholten Frage des Moderators Richard Madeley im BBC-Frühstücksfernsehen dermaßen hartnäckig aus, dass der Journalist schließlich entscheidet, dem Interview-Elend ein Ende zu bereiten und die Schaltung zum Minister einfach beendet. Natürlich erntete Madeley für diesen Schritt jede Menge Zustimmung, Williamson dagegen jede Menge Spott.

Platz 1: Joan Rivers (2014)

Die amerikanische Schauspielerin, Komikerin und Moderatorin erklomm im Juli 2014 den Olymp der Interview-Abbrüche. Ob ihre harschen Vorwürfe an die CNN-Moderatorin nun berechtigt waren oder nicht: Mit welcher Energie, Lautstärke, Vehemenz und Mut zur öffentlichen Ausfälligkeit die damals 81-jährige Joan Rivers ihrem Ärger im Fernsehen Luft macht – das nötigt auf jeden Fall Respekt für ihre Leidenschaft ab. Rivers starb rund zwei Monate später.

Bonus: Der beste Talkshow-Abgang aller Zeiten

Mit tatsächlicher oder inszenierter Empörung TV-Talkshows zu verlassen, gehört mittlerweile zum medialen Kalkül und Handwerkszeug vor allem populistischer Politiker. Deswegen tauchen diese Auftritte auch nicht unseren Top 12 der abgebrochenen Interviews auf. Doch den zweifelsohne spektakulärsten Abgang aus einer Fernsehgesprächsrunde reichen wir als Bonusmaterial nach – den der Schauspielerin Karin Struck. Sie verließ am 3. Juli 1992 mit einer denkwürdigen Choreografie die „NDR Talk Show“.

In tragenden Nebenrollen bei diesem Vorfall: der Moderator und „Großmeister des journalistischen Schreibens“, Wolf Schneider, und die damalige Bundesministerin für Frauen und Jugend, eine gewisse Angela Merkel.

 

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