„Wir brauchen PR-Rockstars“

Herr Winiarski, Der Inkubator Rocket Internet arbeitet an einem PR-Kompetenzzentrum für Start-ups. Was hat es damit auf sich?
Andreas Winiarski: Wir gehen davon aus, dass Kommunikation für den Start-up-Bereich eine immer größere Rolle spielen wird. Deshalb wollen wir die 50 PR-Kräfte, die wir  allein hier in Berlin haben, mehr und mehr schulen. Denn wir haben festgestellt, dass wir für unsere Bedürfnisse beispielsweise bei Agenturen nur wenige passende Leute abwerben können und auch Hochschulabsolventen nicht immer das richtige Skillset mitbringen. Kästchendenken à la Agentur ist bei uns fehl am Platz. Wir brauchen kommunikative Allrounder oder wie wir es nennen: PR-Rockstars.

Und das heißt?
In einem Start-up gibt es anfangs ein oder zwei Personen, die sich um sämtliche Kommunika­tionsmaßnahmen kümmern: von Media Relations über Marketing, Social Media bis hin zum eigenen Online-Magazin. Dementsprechend braucht es ein ganz anderes Ownership, ein punktuelles Helfen. Start-up-Kommunikation ist bereichsübergreifend und man ist wirklich für die gesamte Kommunikation des Unternehmens verantwortlich. Also das, wofür die Kollegen in der „old economy“ kämpfen, nämlich Konsistenz über alle Kanäle hinweg. Aber  wie wir alle wissen: Wenn es an die Marketing-Kommunikation geht, macht der Marketing-Vorstand doch, was er möchte. Marketing und PR sind nicht wirklich verzahnt. In der Start-up-Kommunikation ist das allerdings so – aufgrund der Budget- und Zeitrestriktionen.

Also integrierte Kommunikation total.
Ganz genau. Beste Voraussetzung für Kommunikatoren, die für ihre Sache brennen und gestalten wollen ohne täglichen Abstimmungsmarathon.

Zurück zum Kompetenzzentrum. Sie bilden also die Leute, die Sie bereits haben, weiter?
Ja, wir institutionalisieren eine Weiterbildungsakademie, wo man sich ein- bis zweimal im Monat mit Leuten innerhalb und außerhalb der Branche zusammensetzt.

Ein Beispiel, bitte.
Wir waren kürzlich bei KircherBurkhardt, für mich die mit Abstand beste Content-Agentur in Deutschland. Hier hat uns Lukas Kircher erzählt, wie er Content-Marketing versteht. Im Januar waren wir beim Interview-Magazin, weil uns als weltweit führendem Online-Fa­shion-Händler der gesamte Life-Style-Appeal sehr wichtig ist.

Was gibt es noch?
Wir haben virtuelle Lern-Tools, über die wir Wissen teilen. Rocket ist immerhin in über 50 Märkten rund um den Globus aktiv. Es ist mit das Wichtigste unserer Kultur, Learnings aus den verschiedensten Märkten zu teilen. Damit beugen wir dem Brain Drain vor, schließlich haben wir eine hohe Fluktuationsrate, viele Leute von uns gehen in neue Ventures. Der Mehrwert besteht im Zusammenbringen von Menschen. Dadurch können sich die Einzelnen über ihre rasanten Learnings austauschen. Kompetenzzentrum meint also nichts Statisches. Es ist kein Ort, den wir für viel Geld bauen. Wir investieren lieber in die Köpfe.

Das heißt, Sie suchen keine Trainees, die sich auf ein Programm bewerben können.
Na ja, auf der Suche sind wir immer! Allein jetzt halte ich nach fünf PR-Chefs und sechs festangestellten jungen PR-Leuten Ausschau. Aber das sind Menschen, die ich für ein Unternehmen suche, nicht für irgendein Programm.

Unter „Kompetenzzentrum“ hätte man sich klassischerweise etwas anderes vorgestellt.
Ja, in einem Großunternehmen hätte man für so etwas ein Logo entworfen und einen Raum geblockt. Das, was aber wirklich relevant ist, sind die Prozesse, die dahinterstehen, und vor allem die Menschen. Wir setzen nicht auf Erfahrung, wir setzen auf Intelligenz. Und wenn Mitarbeiter beweisen, dass sie intelligent sind, dass sie den Willen haben, Sachen zu bewegen, dann müssen sie sofort an die entscheidenden Stellen. Wir halten den Nachwuchs nicht jahrelang hin.

Sie schauen also nicht so sehr darauf, was auf dem Papier steht, sondern was jemand kann.
Richtig. Wir stellen Menschen ein, keine Abschlüsse.  

 

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