Wie macht man PR für die gute Sache, Pater Tobias?

Interview mit Duisburger Pfarrer

Pater Tobias, Sie sind Seelsorger an der katholischen Gemeinde Herz-Jesu in Duisburg-Neumühl. Darüber hinaus coachen Sie Führungskräfte und laufen Marathons. Wie kam es dazu, dass Sie  Flüchtlinge mit zum Lauftraining nehmen?

Pater Tobias: Ich laufe ja sowieso, warum sollte ich nicht ein paar Läufer mitnehmen? Ad hoc haben sich auf meine Anfrage zwölf Flüchtlinge gemeldet. Ich habe sie erst einmal mit guten Schuhen, Laufhosen und T-Shirts ausgestattet. Dann haben wir den ersten Termin gemacht und alle sind gekommen. Zwei bis drei Wochen hat es gedauert, aber nun sind sie immer pünktlich. Da wir auch über Facebook befreundet sind, kann ich ihnen schreiben, wann wir vom Gemeindebüro starten.

Dient der Laufsport als Eisbrecher, um zu den Menschen eine Beziehung aufzubauen?

Ja, das habe ich gemerkt. Das Vertrauen muss erst wachsen, da sie natürlich Berührungsängste haben. Mit der Zeit haben sich nun Freundschaften in der Gruppe gebildet – auch zwischen Moslems und Christen. Die Entwicklung ist toll, Sport verbindet wahnsinnig.

Die Flüchtlinge kommen hauptsächlich aus Syrien, Nigeria, Guinea und Algerien. Wie verständigen Sie sich beim Laufen?

Mit Händen und Füßen. Teilweise sprechen sie ein bisschen Englisch oder Französisch. Beim Laufen versuchen wir auch Deutsch zu lernen. Ich gebe ihnen ein paar Wörter vor, die sie beim Laufen wiederholen. Das hilft gleichzeitig, das richtige Tempo zu finden. Zudem biete ich der Gruppe auch Deutschunterricht bei zwei ehrenamtlichen Helfern an.

Die meisten von ihnen haben viel durchgemacht – worauf kommt es in der Kommunikation besonders an?

Die Flüchtlinge haben alle ihre eigene Geschichte. Wenn sie über etwas Bestimmtes aus ihrer Vergangenheit reden möchten, dann gehe ich darauf ein. Ich möchte sie nicht bedrängen. Das müssen sie erst mal mit sich selbst vereinbaren. Einer von ihnen hat zum Beispiel über Facebook Kontakt zu mir aufgenommen. Da kann man sich besser unterhalten, weil man nebenbei den Google-Übersetzer nutzen kann. Es tut ihnen gut, über Erlebtes zu reden.

Pater Tobias und die Flüchtlinge laufen für die gute Sache (c) Projekt LebensWert

Sie betreuen eine Vielzahl an Projekten unter dem Träger LebensWert: unter anderem Sponsorenläufe, Rat und Tat für Bedürftige. Wie managen Sie das alles? Allein das Lauftraining ist schon sehr zeitintensiv.

Ich werde von zwei Sozialarbeitern unterstützt, deren Gehälter die Stiftung Deichmann finanziert. Sie machen Hartz IV-Beratung. Mit einem Beratungsbus versuchen sie die Menschen vor Ort zu motivieren, ihr Leben wieder in die Hand zu nehmen. Zu meinen Trainingsläufen nehme ich die Flüchtlinge mit. Das verbinde ich mit einem guten Zweck und laufe für arme Kinder. Für ein kleines Mädchen, deren Familie sich das nicht leisten konnte, wurden so die Kosten für therapeutisches Reiten übernommen. Einer Fußballmannschaft habe ich neue Trikots gekauft, weil das Geld für den Nachwuchs fehlte. Für das Projekt KiPa-cash-4-kids zur Bekämpfung der Kinderarmut in Duisburg habe ich eine Leiterin eingestellt, Barbara Hackert-Küpper. Sie baut dieses Projekt weiter auf, managt für mich die Marathonläufe und die gemeinsamen Flüchtlingsläufe.

Sie haben zahlreiche Präsenzen im Web und sind auf Facebook aktiv. Wie wichtig ist Ihnen Öffentlichkeitsarbeit?

Für das Projekt LebensWert müssen jährlich 250.000 Euro gesammelt werden. Unser Sozial-Café macht keinen Gewinn. Das ist wegen der günstigen Preise eher ein Minus-Betrieb. Umso wichtiger ist die Öffentlichkeitsarbeit: Einerseits um an Spendengeld zu kommen, um das Ganze weiterführen zu können, andererseits um auf die Missstände in unserer Gesellschaft aufmerksam zu machen. Für uns ist Facebook wichtig für die Kommunikation in der Öffentlichkeit. Wir posten viele Fotos von Marathonläufen.

Und wie macht man generell PR für die gute Sache?

Ich mache das, indem ich Marathonläufe in Geschichten packe und diese veröffentliche. Flüchtlinge, die gar nichts haben, laufen für arme Kinder in Duisburg – eine bessere PR gibt es doch gar nicht! Weit über tausend Euro sind beim letzten Zehn-Kilometer-Wettkampf zusammengekommen. Das Geld geht dann zu hundert Prozent an die Kinder. Ich sage immer: Tue Gutes und rede darüber.

Wie viele Presseanfragen haben Sie in den letzten drei Monaten erhalten?

Ich bekomme jeden Tag Presseanfragen. Die Lokalpresse berichtet beinahe täglich über uns. Die “Welt” hat mal zum Thema Coaching einen Artikel geschrieben: „Der Manager Gottes“. Duisburg steht an erster Stelle in Hinblick auf Kinderarmut. Dagegen muss man etwas tun, die Medien ganz wichtig, um die Menschen zu informieren. Jeden Tag erhalte ich neue Freundschaftsanfragen bei Facebook, weil die Leute die Neuigkeiten lesen möchten.

 

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