Wie eine öffentliche Entschuldigung gelingt

Asche aufs Haupt!

Sorry, Pardon, es tut uns leid! Wenn Unternehmen etwas verpatzt haben, ist öffentliche Reue manchmal der beste Schritt. Doch auch beim offiziellen „Mea Culpa“  kann einiges schief laufen und so die  Situation noch verschärfen. Gastautorin Carola Hug hat gelungene und gescheiterte Beispiele für Sie analysiert und gibt Tipps, wie das „Entschuldigung“ vor der Kamera gelingt.

Wer die amerikanischen Medien verfolgt, gewinnt den Eindruck, dass ein öffentliches „Sorry“ fast schon zur Business-Strategie gehört. Jüngstes Beispiel: Kevin Burns, CEO des E-Zigarettenmarke Juul. In einem Interview entschuldigt er sich dafür, dass Jugendliche zum Konsum seiner Marke verführt wurden. Auf die Frage, welche Botschaft er für Eltern habe, deren Kinder an der E-Zigarette hängen, zeigt er sich zerknirscht.

Das „Mea Culpa“ ist ein Versuch, den zweifelhaften Ruf der Marke Juul zu retten. Das Unternehmen wird massiv von Behörden und der Öffentlichkeit kritisiert. Der Vorwurf: Juul soll vor allem bei der Markteinführung speziell Jugendliche in sozialen Netzwerken angesprochen haben. Tatsächlich steigt in den USA die Zahl der Minderjährigen, die zu dieser E-Zigarette greifen. Mittlerweile ist sogar von einer „Epidemie“ die Rede, die langsam auch auf Deutschland übergreift.

Kritik nachvollziehen

Die Entschuldigung von Kevin Burns hat für Aufsehen gesorgt und war wohl kalkuliert. Das Interview wurde im Rahmen einer kritischen Dokumentation über E-Zigaretten gedreht. Das Setting ist klug gewählt: Burns steht in seiner Fabrikhalle, seine Kleidung ist leger und er scheint nahbarer als er zum Beispiel hinter einem Schreibtisch wirken würde. Seine Entschuldigung scheint durch die Interviewsituation spontan und nicht einstudiert. Dass er sein eigenes Kind erwähnt und er deswegen die Kritik nachvollziehen könne, soll sein persönliches Interesse unterstreichen. Ein Lehrstück in punkto Inszenierung.

Nicht nur Geschwindigkeit zählt

Eine wirksame Entschuldigung muss nicht nur glaubwürdig sein, sie sollte auch möglichst schnell erfolgen, denn sonst wirkt sie erzwungen durch den öffentlichen Druck. Im Fall von United Airlines, glaubte daher CEO Oscar Munoz, alles richtig zu machen. Schon bald nachdem ein Passagier wegen Überbuchung einer Maschine gewaltsam aus dem Flieger geschleift wurde, entschuldigte sich der Airline-Chef dafür. Aber leider nicht für die Misshandlung des Passagiers, sondern für die Unannehmlichkeiten der Überbuchung. In internen Mails gab er sogar dem Passagier die Schuld an dem Vorfall – was sich natürlich sofort herumsprach.

Im zweiten Anlauf versuchte Munoz dann, den Schaden wieder gut zu machen und entschuldigte sich zunächst für die erste Entschuldigung. Dann bittet er den Passagier und dessen Familie, die anderen Passagiere, die Kunden und die Angestellten um Verzeihung. Das war bitter nötig, da die Aktie des Konzerns inzwischen abgesackt war.

Hier der Vorfall, um den es ging:

Und hier Munoz :

Oscar Munoz versucht zu retten, was zu retten ist. Diesmal beherzigt er eine wichtige Regel, übernimmt Verantwortung und sucht den Fehler nicht bei anderen. Trotzdem war es fast zu spät. Er wirkt zwar zerknirscht aber seine Glaubwürdigkeit war bereits dahin. Die düstere Umgebung  im TV-Studio war außerdem schlecht gewählt. Munoz erscheint distanziert und wenig kundennah. Wirklich emphatisch wirkt er nicht, eher  wie ein erfolgsverwöhnter Geschäftsmann, der seine Felle davon schwimmen sieht.

Angst vor rechtlichen Folgen

Manche Unternehmen scheuen eine öffentliche Entschuldigung trotz massiver Kritik aus der Öffentlichkeit. Oft steckt die Angst vor einem juristischen Nachspiel dahinter. „Eine Entschuldigung ist zunächst mal kein Schuldeingeständnis, sondern ein Akt der Empathie.“ Für Michael Groh, Leiter der Rechtsabteilung der Pharmafirma Hexal ist in diesem Zusammenhang  die richtige Wortwahl entscheidend. „Lassen Sie sich vor einer öffentlichen Entschuldigung rechtlich vom Spezialisten beraten.  Manchmal kann nämlich ein einzelnes Wort durchaus juristisch bedeutsam sein.“ So ähnlich passierte es  jüngst dem VW-Chef Diess im Fernsehen. Er wollte wohl beim Publikum punkten und sprach von „Betrug“, den seine Firma begangen hätte. So viel Offenheit kann auch eine Krise nach sich ziehen.

Faule Ausreden

Wer bei einem Fehltritt ertappt wird, zeigt gerne mal mit dem Finger auf andere. Doch das führt jede ehrlich gemeinte Abbitte ad absurdum. Ein Paradebeispiel ist der ehemalige österreichische Vize-Kanzler Strache, der über die sogenannte Ibiza-Affäre stolperte. In einer persönlichen Erklärung entschuldigt sich Strache in einer Video-Botschaft.

Strache spricht im halbdunklen Setting von „Schuld“ und „Scham“. Fast im gleichen Atemzug weist er aber auf eine illegale Falle hin, in die er getappt sei. Seine haarsträubenden Äußerungen auf Ibiza verkauft er als harmlose „Gedankenspiele“.  Straches Reue wirkt unglaubwürdig und hat nur wenige überzeugt.

Sich an Taten messen lassen

Worte alleine genügen nicht, um verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen. Zu einer gelungenen öffentlichen Entschuldigung gehört auch das Versprechen, sich zu bessern. Und das sollte nachprüfbar sein. Als vor einigen Jahren ein Franchise-Nehmer von Burger King in einen Hygiene-Skandal verwickelt war, zeigte Deutschland-Geschäftsführer Andreas Bork Gesicht.

Die Stimme zittert leicht, Andreas Bork muss einige Male trocken schlucken. Er wirkt in seiner Nervosität authentisch. Zudem steht er in einer Burger-King-Uniform in einer Filiale. Ein gut gewählter Ort, der unterstreichen soll, dass der Chef ab jetzt persönlich nach dem Rechten sieht. Doch am wichtigsten ist: Bork kündigt konkrete Schritte an –  Kundenbeirat, Tariflohn und unabhängige Kontrollen. Das sind alles Dinge, die nachprüfbar sind. Ohne diese Maßnahmen wäre die Entschuldigung nur halb so viel wert.

Das Video wurde drei Tage nach der Veröffentlichung einer TV-Sendung über den Skandal verbreitet. Rückblickend meint Andreas Bork zur damaligen Entscheidung: „Ich bin überzeugt, dass diese öffentliche Entschuldigung in dieser Situation das richtige war. Es war uns zudem wichtig, Verantwortung zu übernehmen und zu handeln. Heute würde ich allerdings noch früher reagieren. “

Reagiert hat auch Juul. Das Unternehmen hat einen „Action Plan“ ins Leben gerufen, der verhindern soll, dass Jugendliche zur E-Zigarette greifen. Anhand von Updates können Kritiker verfolgen, was davon umgesetzt wurde.

Denn eine gute Entschuldigung endet nicht mit einem einfachen „Sorry“, sondern bietet den Ausblick auf Besserung.

 

Die wichtigsten Punkte, die Unternehmen bei einer öffentlichen Entschuldigung beachten sollten:

1. Schnell sein. Wer sich zu einer Entschuldigung entschließt, sollte nicht lange zögern. Sonst entsteht der Eindruck, nur widerwillig zu handeln.

2. Bedauern ausdrücken. Finden Sie klare Worte und reden Sie nicht um den heißen Brei. „Es tut uns leid, wenn wir Gefühle verletzt haben“ ist übrigens ein schwammiger Ausdruck. Eigentlich sollen Sie Ihre Fehlleistung bedauern und nicht die Gefühle anderer.

3. Verantwortung übernehmen und die Schuld nicht den Umständen oder anderen Personen geben. Alles andere wirkt wie eine faule Ausrede.

4. Empathie zeigen. Drücken Sie so gut wie möglich Ihr Mitgefühl aus. Vermeiden Sie Floskeln und Worthülsen. Versuchen Sie wirklich die Empörung der Betroffenen nachzuvollziehen.

5. Geloben Sie Besserung. Nennen Sie konkrete Maßnahmen und Strategien, um in Zukunft Fehler zu vermeiden und führen diese auch durch. Lassen sie sich daran messen!

6. Versprechen Sie, dass sich der Fehler in Zukunft nicht wiederholen wird. Halten sie sich daran.

7. Checken Sie die Wortwahl mit einem Rechtsspezialisten, der auf juristische Fallstricke hinweisen kann.

8. Wählen Sie bei Kameraaufnahmen den Hintergrund und die Kleidung der Entschuldigung angemessen. Authentizität geht dabei vor Perfektionismus.

 

 

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