Was sich von Donald Trump lernen lässt

CEO-Positionierung

Ursprünglich, sagt Torsten Oltmanns, habe er seine Keynote mit einem Loriot-Beispiel beginnen wollen. Der Kosakenzipfel. Das Bild hängt schief. Oder Herr Müller-Lüdenscheidt und Dr. Klöbner in der Badewanne. Selbst bei den jüngeren Zuhörern im Plenum hätte das sicherlich Assoziationen ausgelöst. Im Grunde alle Loriot-Sketche spielten in einer Zeit, so Oltmanns, „in der Menschen versuchten, den Konventionen zu genügen“.

Und heute? Heute schert sich selbst mancher Staatsmann wenig bis gar nicht um Konventionen. Bestes, schlechtes Beispiel: Donald Trump. Das ist einerseits befremdlich. Andererseits aber irgendwie auch faszinierend zu beobachten, folgt man Oltmanns, Partner bei Roland Berger und Forschungsprofessor an der Quadriga Hochschule Berlin.

Den Präsidenten der Vereinigten Staaten in dessen ureigenem, brachialem Kommunikationsverhalten zu beobachten, bedeute demnach, möglicherweise einen Typus Führungspersönlichkeit zu erleben, dem die Zukunft gehört. „Wir Kommunikatoren sagen immer, es gehe um Emotionen. Die meisten CEOs aber suchen das Gegenteil“, meint Oltmanns. Sie scheuen politische Meinungsäußerungen, erkämpfen nicht die Deutungshoheit. „Ein Thema in einen Konfliktraum zu stellen, in dem man auch verlieren kann, ist bei den meisten CEOs eine ungewöhnliche Idee.“

Anders Trump, der als Staatschef in seinem Handlungsmuster einem CEO ähnelt. „Die Authentizität ist eine der Dynamiken hinter seinem Erfolg.“ Jedenfalls habe der US-Präsident ein Motto verinnerlicht, das Oltmanns auf der ersten Tagung CEO-Kommunikation in Berlin am Mittwoch so verdichtete: „Ohne Konflikt keine Aufmerksamkeit.“ Und wenn es keinen Konflikt gibt, wird eben einer inszeniert für die Öffentlichkeit oder für Teilgruppen der Öffentlichkeit.

Trump führt meinungsstark und offensiv

Trump versuche gar nicht erst, konsensual zu agieren oder Rollenerwartungen zu genügen. „Auf eine sehr elegante“ – hier korrigierte Oltmanns sich schmunzelnd – „nein, besser: durchdachte Art“ erreicht er seine kommunikativen Ziele. Twitter ist sein wichtigstes Werkzeug. Mithilfe des Kurznachrichtendienstes zwinge er dazu, seine Themen anzunehmen.

Auf Vorwürfe reagiere Trump mit Gegenangriffen, „oder er lanciert bereits den Gegenangriff, bevor der Vorwurf überhaupt da ist“. Es sei schwierig, sich dieser Form der Aggression zu entziehen.

Sichtbar wird am Beispiel Trump, wie er – zumindest bei seinen Anhängern − ein Grundbedürfnis befriedigt: das nach Orientierung. „Mit diesem werden CEOs ganz stark in Verbindung gebracht. CEOs können sich nicht länger hinter Zahlen und vermeintlichen Selbstverständlichkeiten verstecken. CEOs müssten Sinn geben, erklären, müssten stärker die Stimme erheben und sichtbarer sein, als sie es aktuell sind“, appelliert Oltmanns.

Ein Problem, gerade für Kommunikatoren, die ihren Chef positionieren wollen (oder müssen): Eigentlich wollen sich die meisten CEOs aus dieser Rolle zurückziehen. Sie wollen Manager sein, aber keine öffentlich mit starker eigener Meinung wahrnehmbare Führungsfiguren. Oltmanns Mahnung lautet drum: „Die CEO-Kommunikation ist heute viel politischer als noch vor 20 Jahren. Sie müssen heute in Mehrheiten denken, nicht mehr in Konsensen.“

Die Bonner Konsensrepublik ist tot − es lebe die Berliner Konfliktrepublik?

 

Weitere Artikel