Warum Kommunikatoren sich entscheiden müssen

Haltung einnehmen

Die Forderung nach einem „Platz am Vorstandstisch“ für die Unternehmenskommunikation war im Zuge der Finanzkrise einige Jahre seltener zu hören. Inzwischen nehmen die Rufe nach dem Chief Communication Officer wieder zu.

Die Studie „Profession Pressesprecher 2015“ weist aus: 91 Prozent der befragten Kommunikationsprofis beanspruchen für ihre Funktion eine Führungsrolle auf Augenhöhe mit anderen Kernbereichen. Erreicht haben diesen Status nach eigener Auskunft jedoch erst 39 Prozent. Dass der Anteil derer, die angeben, mit gewichtiger Stimme an Strategiesitzungen der Organisationsleitung teilzunehmen, etwas höher liegt, könnte mit sozial erwünschtem Antwortverhalten zu erklären sein.

Neue Anforderungen an Kommunikatoren

Passend zum Trend hat der Bundesverband deutscher Pressesprecher ein neues Anforderungsprofil entwickelt, das neben der Beherrschung des Kommunikationshandwerks auch Kompetenzen im Beziehungsmanagement und bei der Organisationsbefähigung umfasst. Heißt die Zukunftsformel also: Pressesprecher + Management-Knowhow = Kommunikationsvorstand?

Das sah R. Edward Freeman, der Begründer der Stakeholder-Theorie, 1984 (und 2010 immer noch) anders: Er stellte den Kommunikationsmanagern zwar damals schon erheblichen Bedeutungszuwachs in Aussicht. Dafür verlangte er aber die Bereitschaft, „Risiken einzugehen und kritische Themen und Stakeholder-Ansprüche zu managen, bevor diese im Unternehmen erkannt und legitimiert worden sind“. Mit anderen Worten: Der Erwerb von Management-Kenntnissen und -Fähigkeiten ist erforderlich, aber nicht hinreichend. Was dann noch fehlt, ist die passende Haltung: eine innere Grundeinstellung, die zu Denken und Handeln führt, das mit Unternehmensführung kompatibel ist.

Beruflicher Erfolg fordert eine konsequente Haltung

In den meisten Unternehmenskulturen dürfte ein Erfolg versprechender Anfang darin bestehen, die Aktivitäten der Kommunikationsfunktion konsequent aus den Zielen der Gesamtorganisation abzuleiten. Und das nicht nur im eigenen Beritt zu tun, sondern mit dem Top-Management als unverzichtbare Beiträge zur Strategie-Umsetzung zu vereinbaren.

Dazu gehört dann auch, die dafür nötigen Mittel einzufordern und offen zu sagen, was nicht getan werden kann, wenn weniger Ressourcen zur Verfügung gestellt werden; das sollte man dann bloß nicht trotzdem irgendwie machen. Sonst wird der Schritt vom Empfang von Haushaltsgeld in letztlich willkürlicher Höhe zur Verfügung über ein Budget im Rahmen der Mittelfristplanung nicht gelingen. Wer diesen Weg einschlägt und die vereinbarten Beiträge liefert, darf sich Hoffnung machen, als Vertreter einer strategischen Unternehmensfunktion Anerkennung zu finden und zur Mitwirkung am Strategieprozess eingeladen zu werden.

Das erfordert eine konsequente Haltung. Keine zu haben, erscheint zwar unmöglich. Die Haltung muss aber auch zur Ambition passen. Und wer sich nicht stimmig dazu verhält, führt seine Haltung ad absurdum. Denn Wert und Besitz einer solchen zeigen sich erst im konsistenten Tun, im Durchhalten wie im Standhalten.

Wer das nicht für möglich oder erstrebenswert hält, muss nicht Pressesprecher bleiben. Ihm stehen andere Rollenerweiterungen offen: Berater des Vorstands beziehungsweise der Geschäftsführung, Übersetzer der Strategie, Anwalt der Stakeholder, um nur drei zu nennen. Ein eigener Platz am Vorstandstisch lässt sich so aber vermutlich nicht verdienen.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe Haltung – Das Gute kommunizieren. Das Heft können Sie hier bestellen.

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