Verständliches Texten für den guten Ruf

Herr Brettschneider, wie kam der Hohenheimer Verständlichkeitsindex zustande?
Frank Brettschneider: Der Index ist ein Instrument, mit dem man Textverständlichkeit schnell, objektiv und für große Textmengen messen kann. Wir haben aus der Lesbarkeitsforschung über 70 Einzelmerkmale ermittelt, die für Verständlichkeit wichtig sind. Diese Merkmale sind beispielsweise der Anteil an Fachbegriffen oder  Schachtelsätzen. Dafür wurde die Software TextLab geschrieben, in die man jede Textsorte hochladen und so die formale Verständlichkeit messen kann. Der Index geht von null (völlig unverständlich) bis 20 (sehr verständlich).

Wie kann man den Index in der Unternehmenskommunikation anwenden?
Zunächst  identifizieren wir die Textgattungen mit der höchsten Reichweite. Dann misst TextLab die größten Verständlichkeitshürden. Darauf folgt die Optimierungsphase gemeinsam mit den Mitarbeitern des Unternehmens. Jeder Text wird danach permanent mit der Software geprüft.

Wie viel kostet die Sprach-Software TextLab als Unternehmenslösung?
Das hängt von der Anzahl der Lizenzen und dem Ausmaß der Anpassungen – etwa an eine unternehmensspezifische Sprache – ab. Es kommt auch darauf an, ob ein Unternehmen die Software online nutzt oder in ihre eigene IT integrieren möchte. Zwischen einem drei- und sechsstelligen Betrag ist da alles möglich.

Warum sind viele Texte so unverständlich geschrieben?
Ein Grund ist Zeitdruck. Ein zweiter Rechtssicherheit: Die Juristen müssen den Texten zustimmen und schreiben leider oft in Schachtelsätzen. Drittens sorgt der Fluch des Wissens für Unverständlichkeit. Je mehr man weiß, desto weniger kann man sich vorstellen, dass andere es nicht wissen. Und dann gibt es noch die taktische Verschleierung, um beispielsweise Risiken von Finanzprodukten zu verbergen.

Wie verständlich sind die Texte deutscher Unternehmen?
Die Verständlichkeit vieler Texte lässt noch sehr zu wünschen übrig. Aber die Sensibilität für Verständlichkeit steigt, da verstanden wurde, dass zugängliche Texte maßgeblich zum guten Ruf beitragen. Bei Unverständlichkeit wird schnell unterstellt, man mache das aus Desinteresse an den Kunden oder weil man etwas zu verschleiern habe.

Frank Brettschneider ist Professor für Kommunikationswissenschaft an der Universität Hohenheim. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählt unter anderem die Verständlichkeitsforschung. Er entwickelte gemeinsam mit Communication Lab die Verständlichkeitssoftware TextLab.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe Change. Das Heft können Sie hier bestellen.

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