Subway: Poetry Slam zum Product Launch

PR-Appetit

Herr Faehnrich, wie kam es zu der Idee des Pulled Pork ­Poetry Schlemm?

Gordon Faehnrich: Wir verstehen Social Media als Media – und nicht nur als Kommunikationsplattform. Als wir Ende 2015 unser damaliges Aktionsprodukt Tandoori mit drei Teaser-Filmen in den sozialen Medien platziert haben, wollten wir das Sandwich auch ins wahre Leben holen mit einem Live-Event: Die Künstlerin Angelika Gonzalez hat in Köln die mehr als zehn Gewürze des Tandoori bei einer ­Live-Performance im Raum inszeniert.

Wir wollten die Idee weiterspinnen und mit Influencern zusammenarbeiten. Wenn wir Beiträge ins Netz stellen, bekommen wir vielleicht 70.000 Impressions, mit Influencern könnten wir an die 90.000 Interaktionen erreichen, die sind online die wahre Währung. Also nahmen wir Social Media Stunts in unseren Marketingmix auf.

Als 2016 das Pulled Pork zum Aktionsprodukt wurde, fragten wir, was unsere Zielgruppe begeistert, und landeten bei Poetry Slams. Wir wollten zum Verkaufsstart ein Event im ­Restaurant schaffen und nicht nur einen neuen Packshot schießen.

Nach welchen Kriterien haben Sie die beteiligten Slammer ausgewählt?

Unser Slam Master Nils Ruppelt hat uns einige Talente vorgeschlagen und wir haben sie gemeinsam mit unserer damaligen Agentur ausgewählt. Zu jeder Kampagne gibt es verschiedene Routen, dazu lassen wir unseren Agentur-Pool brainstormen. Die tauschen sich auch untereinander aus, schließen sich für einzelne Projekte neu zusammen wie beim Poetry Schlemm LLR, Weber Shandwick, Panorama 3000 und die Maxus Mediaagentur.

War das nicht krass, die alle zu managen?

Ja, zwischendurch schrieben wir unsere „Projektleiterin“ schon mit d. (lacht)

War der Poetry Schlemm nun eine Kommunikations- oder eine Marketing-Kampagne?

Sie sprengte die Grenzen, war weder ein PR-Stunt noch ein Social-Media- oder sonstiges Event allein. Nehmen Sie das Beispiel Influencer: Wer recherchiert die, prüft, wer zu uns passt, sucht sie aus, bucht sie? Und kann ich am Ende von einer Social-Media-Agentur verlangen, ein Event zu organisieren?

In der Kommunikation müssen wir alle interdisziplinär agieren. Unternehmensintern gibt es diese Bereichsgrenzen gar nicht mehr, warum also bei Dienstleistern? Auch im Fast-Food-Bereich ist die Zeit von Standardlösungen aus TV- und Printwerbung, Plakaten und Instore-Paketen vorbei. Das Digitalumfeld ist weitaus granularer, und als Kunde verlange ich von einer Kreativagentur ganzheitliche Lösungen, nicht nur eine schöne Idee, mit der wir bei der Realisation im Regen stehen.

 

Poetry Slammer Nektarios Vlachopoulos mit seiner Performance über Sandwiches beim Subway „Poetry Schlemm“.​

Brauchen wir also neue ­Agenturmodelle?

Ja. Agenturen nutzen Möglichkeiten wie diese Kampagne noch zu wenig, um eigene Duftmarken zu setzen. Viele behaupten, sie können Social Media, aber wir mussten noch ziemlich viel hinterhermanagen. Eine Unit pro Kunde – in diese Richtung entwickelt sich die Branche und auch wir prüfen da verschiedene Möglichkeiten.

Es hilft nicht, in Kommunikation und Marketing jedes Gespräch outzusourcen. Auch die klassische Kreativagentur hat in den vergangenen zwei, drei Jahren verstanden, dass Erfolge nicht nur in Cannes gemacht werden. Statt mit mancher Agentur spreche ich lieber direkt mit Google oder Spotify, in solchen Meetings merken Sie kaum noch einen Unterschied, ob Sie mit einer Agentur oder einem IT-Dienstleister zusammensitzen.

Wie hoch war das ­Kampagnenbudget?

Das lag bei knapp unter 100.000 Euro, inklusive Werbebudget, Event-Logistik und Influencern. Unsere Faustformel heißt: ein Drittel Budget für das reine Event, der Rest für Honorare und Media-Reichweite.

Und woher speist sich Ihr ­Budget?

Bei uns laufen Kommunikation und Marketing in einer Abteilung. Unser Budget speist sich zum Großteil aus einem festen Marketing-Beitrag, die Franchisepartner entrichten acht Prozent Systemgebühren und 4,5 Prozent Werbegebühr des Netto-Umsatzes. Wir haben seit vier Jahren ein Umsatz- und Kundenwachstum, das ist nicht bei allen Konkurrenten so. Trotzdem müssen auch wir Budgets umschichten. Ich habe dafür ein persönliches Instrument, den Innovationsetat: Dieses Geld investieren wir in neue Kommunikationsformen. Das dürfen wir natürlich nicht verschleudern, denn im Aufsichtsrat sitzen Vertreter der Franchise-Nehmer, die hartnäckig nachfragen, wonach sich der Wert einer Tandoori-Künstlerin bemisst oder warum ich einem 22-Jährigen einen vierstelligen Betrag für drei Postings von einem Event zahle. Das ist aber nur auf den ers­ten Blick schwer vermittelbar, denn es ist ein sehr gutes Argument, wenn wir selbst mit sechs Posts 23.000 Menschen erreichen bei 1.500 Interaktionen, der Influencer aber eine Reichweite von 400–500.000 Followern hat und hohe Interaktionsraten mit unserem Marken-Content ermöglicht.

Was war Ihre größte ­Herausforderung beim Poetry Schlemm?

Um unser Raster an KPI zu finden, mussten wir viel Analysearbeit leisten. Manches Kommunikationsprojekt wird intern noch nach dem Motto gesehen: „Nice to have but not to pay“. Der Nachweis, dass unser Budget richtig eingesetzt wurde, war wichtig für den ROI.

Haben Sie danach neue KPI ­gefunden?

Nicht neu gefunden, aber neu gewichtet: Wir waren lange stolz auf unsere 950.000 ­Facebook-Follower, inzwischen schauen wir aber mehr auf Interaktion und Engagement-Werte. Wichtig wird auch die Reichweitenentwicklung durch die Influencer. Natürlich freuen wir uns über 1,3 Millionen Views, aber ich fand es spannender, dass bei unserer „Alles für Dein Sub“-Storytelling-Kampagne 2015 vier von fünf Kommentaren ehrliches Feedback waren – das war wie eine Mini-Marktforschung mit einem realistischen Abbild der Marke und vielen neuen Produktideen.

Am Ende geht es doch vor allem darum, mehr Kunden in unsere Restaurants zu bekommen und mehr Produkte zu verkaufen. Immerhin: Pulled Pork war das erfolgreichste Aktionsprodukt seit vier Jahren.

Sie betreuen kommunikativ mehrere europäische Märkte. Ist der Poetry Schlemm typisch deutsch oder skalierbar?

Der ist skalierbar, aber das gilt nicht für jede Kampagne. Wir haben Pulled Pork extra zuerst in Deutschland gelauncht, im Herbst startet es auch in Österreich und der Schweiz. Mal schauen, ob wir den Poetry Schlemm dort wiederholen, denn ein deutscher Post funktioniert nicht automatisch im gesamten DACH-Raum – das fängt an bei der Semantik, der Anzahl der Restaurants pro Land – und damit dem Budget – und endet bei den kulturellen Unterschieden.

Was waren sonst Ihre ­wichtigsten Learnings?

In Social Media muss man vor allem gut zuhören, denn Konsumenten sind heute in Sachen Ernährung sehr aufgeklärt. Und wir haben einen anderen Fotostyle gelernt: Weg vom Hochglanzproduktfoto mit einer Tomate samt Tautropfen hin zu authentischen „Moments of Life“-Bildern.

Auch, wenn heute digital alles schnell geht, braucht man Zeit, um die richtigen Influencer zu finden und zu buchen – die sind oft ja schon lange im Voraus vergeben. Wer zu spät bucht, verliert Passung und Reichweite.

Natürlich wünschen wir uns als Kommunikatoren die Deutungshoheit über alle Inhalte – aber im Umgang mit Influencern müssen wir die Kontrolle abgeben. Die drücken Ihnen ja nicht ihr Handy in die Hand oder lassen sich Posts von uns freigeben. Drei Postings bringen keinen krassen Umsatzsprung, wir müssen digital neu kuratieren und budgetieren. Wir kommen um mehrere soziale Leuchttürme pro Jahr und Markt nicht herum.

Und als Nächstes …?

… wollen wir auch unter den Food-Bloggern die richtigen Multiplikatoren identifizieren und prüfen, ob wir Influencer für Nachfolgeprojekte immer wieder neu kuratieren oder ein festes Ensemble aufbauen und zu Testimonials entwickeln. 

 

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe Communitys. Das Heft können Sie hier bestellen.

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