Substanzlose Schnellschüsse

Kommunikationsprofis bewerten Journalismus

Die Schere geht immer weiter auf: Es gibt weiterhin herausragende Reportagen, anregende Kommentare, präzise Beobachtungen und Herleitungen. Es gibt aber auch oberflächliche, kurz gedachte und nur der Auflage oder Klickzahlen geschuldete Quatsch-Geschichten. Letzte nehmen leider überhand.

Dabei fallen mir zwei Phänomene besonders auf: Immer weniger Journalist:innen behalten eine kritische Distanz zu ihren eigenen Geschichten. Die gleichzeitige Kommentierung und Färbung eines eigentlichen Sachtextes nimmt zu. Sie wird potenziert durch wilde Debatten in den Sozialen Medien. Oftmals steht nicht mehr der Gegenstand der Berichterstattung im Vordergrund, sondern die Journalist:innen und ihre Meinung.

Die Überlastung der Redaktionen steigt beständig. Es fehlen Zeit und Ressourcen, um Geschichten zu hinterfragen, zu überprüfen und – noch wichtiger – in Ruhe zu überdenken. So häufen sich substanzlose Schnellschüsse.

Eigene Kommunikation intensivieren

Für Kommunikationsverantwortliche folgt daraus zweierlei: Die direkte Kommunikation mit den eigenen Zielgruppen wird immer wichtiger. Ein gut performender eigener Social-Media-Beitrag ist mehr wert als eine unsauber recherchierte Geschichte in einem beliebigen Medium mit ohnehin sinkender Auflage und Reichweite. Wir müssen den Journalist:innen so viel Arbeit abnehmen wie möglich: Je hochwertiger unser eigenes Angebot an sie ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass unsere Geschichten eins zu eins übernommen werden. Dabei dürfen wir nicht den Meinungsfehler kopieren. Sprich: Es geht an dieser Stelle weniger um Werbung als um Sachinformation. Diese Entwicklungen sind bitter – auch für mich als ehemalige Journalistin, die sich vielen Ex-Kolleginnen und -Kollegen verbunden fühlt.


Kristin Breuer ist seit April Geschäftsführerin Kommunikation beim Verband der forschenden Pharma-Unternehmen (VfA). Zum Zeitpunkt der Erstellung des Beitrags war sie als Chief Communications Officer bei der Stiftung Deutsche Knochenmarkspenderdatei tätig.

 

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe CEO-KOMMUNIKATION. Das Heft können Sie hier bestellen.

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