In sieben Schritten zum unfähigen Chef

Glosse

Seien wir doch mal ehrlich: Eine gute Führungskraft zu sein, ist richtig anstrengend. Als anerkannter Chef sollen Sie Ziele erreichen, unternehmerisch denken und handeln und dabei auch noch Ihre Mitarbeiter unterstützen, sie weiterentwickeln und für jeden ein offenes Ohr haben. Dabei sind Sie doch Chef geworden, um endlich etwas zu sagen zu haben und klare Kante zu zeigen – und eben nicht auf alles und jeden Rücksicht nehmen zu müssen.

Der neue US-Präsident Donald Trump macht es uns gerade vor. Empathisch und einfühlsam führen? Lächerlich! Wer nicht spurt, der fliegt: „You are fired!“ lauteten die mittlerweile geflügelten Worte, mit denen sich der Milliardär in der Business-Show „The Apprentice“ in den USA unliebsamer Kandidaten entledigte.

Das können Sie auch. Schauen Sie sich die Führungskompetenzen des mächtigsten Mannes der Welt ab und beherzigen Sie einfach die folgenden sieben Tipps. So werden Sie garantiert zum unfähigen Chef und können hervorragend Karriere machen.

1. Seien Sie ­unverbindlich!

Lassen Sie Ihre Untertanen, ähm, Mitarbeiter im Dunklen und halten Sie wichtige Informationen immer zurück. Mitarbeiter dürfen nicht in alles eingeweiht sein. Wo kämen wir denn da hin, wenn die genauso viel wissen und können wie der Chef?

Halten Sie sich also stets alle Optionen offen. Überraschen Sie Ihre Teams immer mal wieder mit gegensätzlichen Strategien. Die dürfen keinesfalls erahnen, was Sie planen, was Sie erwarten oder was Sie sich als Nächstes ausdenken. Mitarbeiter sollen schließlich nur gehorchen! Die aus dem Ungewissen resultierende Unsicherheit verängstigt Ihre Mitarbeiter maximal. Und Sie wissen ja: Ängstliche Mitarbeiter sind gute Mitarbeiter. Sie tun genau das, was man ihnen sagt – und nicht mehr.

Mitbestimmung, Ideen der Mitarbeiter oder New Work? Das ist etwas für Weicheier. Sie sind Chef und Sie wissen genau, was richtig ist. Sie haben die Ideen und Sie sagen, wo es langgeht.

Seien Sie vor allem auch sprachlich unverbindlich. Verwenden Sie schwammige Ausdrücke und dreschen Sie Phrasen, was das Zeug hält, dann kann Sie später niemand auf eine Aussage festnageln. Verwenden Sie viele Nebensätze und verwirren Sie Ihre Mitarbeiter mit nichtssagenden Strategievorschlägen wie:

„Durch unsere fokussierte Neuaus­richtung und synergetische Agilität stellen wir uns so auf, dass wir uns weiterhin trotz permanenter Dauer­belastung dem Marktgeschehen ­äußerlich wie auch innerlich optimal anpassen und durch proaktives Gesundschrumpfen im ­digitalen 4.0-Umfeld Cashflow zielgerichtet generieren. Noch Fragen?“

2. Hören Sie bloß nicht zu!

Sie sind Chef, weil Sie ein aktiver Macher sind. Sie haben das Sagen. Zuhören hingegen ist passiv, das wirkt unterwürfig. Konzentrieren Sie sich deshalb auf das Sprechen statt auf das Zuhören.

Wenn es gar nicht anders geht, dann tun Sie nur so, als ob Sie dem Gesagten lauschen. Nutzen Sie die Zeit und beschäftigen Sie sich frühzeitig im Kopf schon mit der Problemlösung, anstatt lang und breit hinzuhören, was Ihnen Ihr Mitarbeiter zu sagen hat. Mitarbeiter haben keine Ahnung. Deshalb brauchen Sie deren Sicht nicht wirklich zu verstehen. Bilden Sie sich schnell eine Meinung, das ist Ihre Kernkompetenz. Zeit ist Geld.

Übrigens: Sollte Ihr Mitarbeiter Ihnen unterstellen, dass Sie ihn missverstanden haben, dann machen Sie ihm klar, dass das seine Schuld ist. Soll er sich halt klarer ausdrücken.

3. Mikromanagen Sie, was das Zeug hält!

Als Chef weisen Sie Aufgaben zu und kontrollieren deren Lösungen im Detail. Beteiligen Sie bei Entscheidungen bloß nicht Ihre Mitarbeiter, sonst werden Sie Ihrer Macht beraubt!

Geben Sie nicht nur das Ziel vor, sondern auch im Detail den Weg dahin. Die Mitarbeiter haben das genauso umzusetzen, wie Sie es vorgeben. Ihnen kann man schließlich nicht vertrauen. Die können gar nicht eigenständig denken. Wenn sie das könnten, wären sie ja Chef. Sind sie aber nicht.

Als Mikromanager müssen Sie …

  • alles vorgeben und kontrollieren
  • über alles und jeden detailliert ­informiert sein
  • mehr wissen und können als Ihre ­Mitarbeiter

Lassen Sie Ihren Teams bloß keine Freiräume. Die nutzen das nur aus. ­Kontrollieren Sie alles!

4. Halten Sie sich für etwas Besonderes!

Als Boss haben Sie wenig Zeit. Sie sind im Stress, weil Sie so viel zu tun haben, sind engagiert und hetzen von Meeting zu Meeting. Schließlich sind Sie richtig wichtig und etwas ganz Besonderes. Sonst wären Sie nicht ganz oben gelandet. Ohne Sie läuft nichts.

Deswegen dürfen Sie sich auch Dinge herausnehmen, die sich Ihre Mitarbeiter natürlich nicht erlauben dürfen. Alle müssen pünktlich zum Meeting erscheinen, aber als Chef dürfen Sie natürlich zu spät kommen, das erhöht nur die Aufmerksamkeit und unterstreicht Ihren Auftritt.

Während der Besprechung E-Mails zu lesen, geht gar nicht – außer natürlich für Sie als Chef. Sie dürfen das, Sie müssen das sogar tun. Sie haben ja so wenig Zeit, und seien wir ehrlich: Wenn einer Ihrer Mitarbeiter eine Präsentation hält, müssen Sie sich nicht in dem Moment auch darauf konzentrieren. Das ist sowieso nicht wichtig. Die bloße Anwesenheit Ihrer Hülle reicht, um guten Willen zu demonstrieren.

Auch Formalitäten und Floskeln wie ­„Danke“ und „Bitte“ sind vollkommen überflüssig. Lassen Sie sie zugunsten der Zeitersparnis einfach weg.

Das, was Sie von Ihren Mitarbeitern verlangen, müssen Sie noch lange nicht vorleben, es reicht, Ihre Ansprüche zu verbalisieren – so viel Eigeninitiative und Vorstellungskraft dürfen Sie von Ihrem Umfeld dann doch erwarten. Machen Sie Ihren Mitarbeitern durch Ihr Auftreten und durch Ihre Handlungen klar: „Ich bin wichtig. Du nicht!“

5. Verhalten Sie sich unfair!

Fairness ist für konkurrenzscheue Weich­eier. Sie haben genügend mit sich selbst zu tun, da können Sie nicht noch Rücksicht auf andere nehmen oder sich gar in deren Situation versetzen. Es ist ratsam, als Chef immer über einzelne Lieblingsmitarbeiter als eine Art Anker zu verfügen, die sich Ihnen gegenüber absolut loyal verhalten und nie Widerrede geben.

Wenn einem Mitarbeiter ein Fehler passiert, machen Sie es publik und kanzeln Sie ihn ordentlich vor der Gruppe ab. Damit machen Sie allen klar, dass Fehler unter Ihnen nicht geduldet werden. Abschreckung ist der erste Weg zur Besserung.

Auch ganz wichtig: Knausern Sie bei der Bezahlung. Die Gehälter, die Sie zahlen, müssen nicht stimmig und plausibel oder gerecht sein. Sie entscheiden darüber – und schauen Sie zu, dass möglichst viel Geld bei Ihnen hängen bleibt. An der Wahl Ihres Autos hängt schließlich ein Stück weit die Reputation des Unternehmens.

6. Vertrauen Sie nur Daten, Zahlen und Fakten!

Wenn in Ihrem Unternehmen etwas schief­läuft, konzentrieren Sie sich ausschließlich auf Zahlen, Daten und Fakten. Sie müssen den Dingen nicht wirklich auf den Grund gehen. Was interessiert es Sie, wie der Mitarbeiter sich fühlt oder wie er den Sachverhalt sieht? Belanglos. Ziehen Sie schnell Ihre Schlüsse aus Excel-Listen und ziehen dann weiter zur nächsten Entscheidung. Bedenken Sie immer: Fakten lügen nicht.

Fehler sind nicht erlaubt. Ihre Mitarbeiter sollen nicht aus Fehlern lernen – sondern keine machen. Das ist doch nicht so schwer zu verstehen. Versuchen Sie bloß nicht, Emotionen und Motivationen der Angestellten zu verstehen, darüber können diese mit ihren Therapeuten sprechen. Sonst müssten Sie ja fragen und zuhören. Das ist nicht Ihre Aufgabe und dafür haben Sie auch keine Zeit.

7. Zögern Sie ­kritische ­Entscheidungen ­möglichst lange ­hinaus!

Warten Sie so lange, bis Sie glauben, auch die letzte Information zu haben. Vorher treffen Sie keine Entscheidung, vor allem dann nicht, wenn diese kritisch für Sie sein könnte. Ihr Merksatz: Wer nicht entscheidet, wird auch nicht zur Rechenschaft gezogen.

Achten Sie darauf, dass Sie sich immer doppelt absichern. Sie dürfen nicht zügig und eindeutig anordnen, denn dann müssten Sie ja auch mit dem Risiko einer Fehlentscheidung leben. Sollten Sie doch mal eine Entscheidung getroffen haben, die sich im Nachhinein als ungüns­tig für Sie erweisen könnte, dann schieben Sie die Verantwortung dafür ganz schnell einem Ihrer Mitarbeiter in die Schuhe. Im Zweifel lassen Sie ihn halt über die Klinge springen. Es ist doch verständlich, dass Sie nicht für jede Ihrer Fehlentscheidungen geradestehen können.

Zögern Sie kritische Entscheidungen immer wieder heraus. Verbitten Sie sich Fragen Ihrer Mitarbeiter hierzu und beantworten Sie deren E-Mails zu dem Thema einfach nicht. Das fördert Angst und demotiviert. Sehr gut, dann kommen die Mitarbeiter gar nicht erst auf dumme Gedanken. Die glauben sonst vielleicht, sie könnten eigene Ideen entwickeln und Vorschläge unterbreiten. So weit kommt’s noch. Das würde Ihre Autorität untergraben und die ist bekanntlich Ihr höchstes Gut.

 

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe FÜHRUNG. Das Heft können Sie hier bestellen.

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