PR-Beruf – Himmel oder Hölle?

Zwei PR-Einsteiger berichten

Lan Anh Nguyen (c) privat

„Manchmal fühlte ich mich erschlagen“

Lan Anh Nguyen 
Account Executive bei Edelmanergo

 

„2013 war mein Ziel ein Berufseinstieg in der Agentur – und so ist es auch gekommen. Edelman hat mich damals aus dem Studium abgeworben. Zuvor habe ich Praktika in anderen Agenturen und einer Unternehmensberatung gemacht. Regulär hätte das Traineeship anderthalb Jahre gedauert, ich durfte es etwas verkürzen.

Meine Sichtbarkeit durch das Engagement im PRSH (Public-Relations-Studierende Hannover, Anm. d. Red.)  und meine Positionierung in der Talentförderungsinitiative ‚30 u30‘ 2015 waren für den Start ins Berufsleben definitiv hilfreich.

Trotz der Praxisorientierung des Studiums in Hannover ließ sich das theoretische Wissen im beruflichen Alltag nicht immer umsetzen. Dankbar, zuvor etwa Pitch-Situationen trainiert zu haben, war ich dennoch. Als ich zum ersten Mal im Job ein Projekt pitchen sollte, hatte ich natürlich viel weniger Zeit. Aber dank der Unterstützung meines Teams hielt sich die Nervosität in Grenzen. Generell genoss ich schnell Vertrauen und Gestaltungsspielraum und hatte nach vier Monaten ein eigenes kleines Projekt mit Budgetverantwortung.

Die Hölle war die erste Zeit für mich nicht – ich war aber manchmal davon erschlagen, an mehreren Projekten gleichzeitig zu arbeiten. Ich dachte immer, ich sei multitaskingfähig – Tage, an denen ich es mit sechs verschiedenen Baustellen zu tun hatte, setzten mir gerade am Anfang trotzdem zu. Allen gerecht zu werden und gleichzeitig ein Auge darauf zu haben, als Trainee profitabel zu sein, war schwierig. Heute bin ich gelassener, Hoch- und Ruhephasen wechseln sich ab.

Nach dem Traineeship durfte ich auf eigenen Wunsch in ein anderes Team wechseln und mich auf das Thema Influencer-Marketing spezialisieren. Am Anfang hält sich das Gehalt in Grenzen, daher habe ich beispielsweise Trainings und die Möglichkeit, an anderen Standorten zu arbeiten, ausgehandelt.

Wichtige Kompetenzen, gerade für Berufseinsteiger in Agenturen, sind: mit Druck umgehen können, forsch und wachsam sein – und Weitblick bewahren. Und: Wer die ganze Zeit im Büro sitzt, bekommt keine Inspiration. Es ist enorm wichtig, sich Fachkompetenz anzueignen – gerade wenn man neu im Berufsleben ist. Im Feedbackgespräch wurde mir einmal gespiegelt, dass ich „juniorig“ wirke. Diese Aussage habe ich mir im ersten Moment zu Herzen genommen und überlegt, wie ich das ändern kann. Aber jung bin ich nun einmal – umso wichtiger ist es, fehlende Erfahrung durch Kompetenz und Engagement wettzumachen.

Ich habe mich in der Agentur von Anfang an als wertvolle Ressource gefühlt. Im Bereich Kommunikation kann ich meine Stärken ausspielen, das macht meinen Job zum Traumjob – auch wenn die Bedingungen in den genannten Punkten nicht immer traumhaft sind.“

Foto: Laurin Schmid 

2013 im pressesprecher-Gespräch mit dem erfahrenen Kommunikator Richard Gaul.
Der Kontakt der drei hat bis heute gehalten. (c) Laurin Schmid

Christopher Springer (c) Daimler Financial Services

„Ein Selbstläufer war der PR-Einstieg nicht“

Christopher Springer 
Referent Global Corporate Communications Daimler Financial Services

 

„Durch die Hölle gehen musste ich glücklicherweise nicht. Wer sich während des Studiums in verschiedenen Unternehmen ausprobiert, sammelt Erfahrungen und findet Mentoren. Das hat mir den tatsächlichen Einstieg vereinfacht. Ein Selbstläufer war der PR-Einstieg trotzdem nicht.

Ich habe mir 2013 im Interview gewünscht, dass auf den individuellen Lebenslauf geachtet wird, und das habe ich auch so erlebt. Meine Werkstudententätigkeiten, unter anderem für EY, wurden als vollwertige Berufserfahrung gewertet. So konnte ich parallel zum Abschluss der Bachelorarbeit mein Traineeship bei Deutsche-Post-Tochter Optivo beginnen.

Meine Vorgesetzten haben meine Praxiserfahrung bemerkt und mir glücklicherweise schnell Verantwortung übertragen. So entsprach mein Aufgabenprofil nach kurzer Zeit der Stelle eines Referenten. Ich wäre nach dem Traineeship übernommen worden, aber es hat mich zurück in die Beratungswelt gezogen. Bei KPMG bekam ich die Gelegenheit, im Bereich HR-Kommunikation, Pressearbeit und Employer Branding mitzuwirken. Nach einem Jahr habe ich dort den nächsten Schritt gemacht und im Alter von 27 Jahren ein sechsköpfiges Kommunikationsteam geführt.

So jung in eine Führungsposition aufzurücken, war eine Herausforderung. Einem Teamleiter unter 30 schlägt erst einmal eine gewisse Skepsis entgegen. Es war umso wichtiger, dass ich einige Jahre Berufserfahrung vorweisen konnte. Auch ein Rat meiner damaligen Chefin hat mir geholfen: Im PR-Studium wird trainiert, sich selbst zu präsentieren. Als Führungsperson rückt man selbst in den Hintergrund, man lässt viel mehr das Team und die einzelnen Teammitglieder strahlen – und das ist wirklich eine tolle Aufgabe! Diesen Switch gilt es besonders für junge Kommunikatoren zu verinnerlichen. Die Station bei KPMG hat mich und meine Führungsphilosophie nachhaltig geprägt.

Ende 2017 ging ein großer Wunsch in Erfüllung; ich bin nun Referent in der globalen Kommunikation von Daimler Financial Services. Es ist für mich ein ganz besonderer Karriereschritt, jetzt täglich mit den internationalen Kommunikatoren der Daimler-Welt zusammenzuarbeiten.

Trotz Überstunden war für mich bisher immer eine Work-Life-Balance gegeben – natürlich mal besser, mal schlechter. Auch mein Anspruch, als Kommunikator eng mit Entscheidern zusammenzuarbeiten, hat sich erfüllt. Es gehört zur Profession dazu, das Unternehmen stets als Ganzes zu verstehen. Das reizt mich täglich am Kommunikationsberuf – oder in einfachen Worten: Ich mache den geilsten Job der Welt!“

Protokolliert von Anne Hünninghaus

Das Gespräch aus dem Jahr 2013 können Sie hier nachlesen: Anfänger müssen durch die Hölle 

 

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe ALLES AUF ANFANG. Das Heft können Sie hier bestellen.

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