Wir müssen uns besser vermarkten!

Zur Gehaltsdebatte in der PR

37 Prozent der Berufseinsteiger haben berufsorientiert studiert. Sie haben in renommierten Kommunikationsinstituten Konzeption, Handwerk und Empirie gelernt und dies in zahlreichen Praktika erprobt und zum Teil sogar noch Volontariate als Training-on-the-Job absolviert. Diese Berufseinsteiger kommen also gut ausgebildet mit erheblicher Praxiserfahrung in ihren ersten Job. Gemessen daran sind monatliche Einstiegsgehälter zwischen 2.500 und 3.000 Euro in Unternehmen niedrig, in Agenturen noch weniger. Gemessen an dem, was Betriebswirte, Juristen oder Ingenieure als Einstiegsgehälter bekommen, allemal. Unternehmensberatungen oder Großkanz­leien bieten Topabsolventen Jahreseinstiegsgehälter von 100.000 Euro. Gut, diese haben keine Zeit zum Leben mehr, aber immerhin!

Im Durchschnitt verdienen ausgebildete PR- und Kommunikationspraktiker aktuell höchst unterschiedlich: 26 Prozent zwischen 25.000 und 50.000 Euro pro Jahr, 39 Prozent zwischen 50.000 und 75.000 Euro, 18 Prozent bis 100.000 Euro, 16 Prozent mehr. Diese Zahlen sind Ergebnisse der aktuellen Studie „Kommunikationsmanagement 2018, Vermessung eines Berufsstands“, die der Bundesverband deutscher Pressesprecher auf dem Kommunikationskongress vorgestellt hat. Das ist verdammt niedrig für eine Profession, die ein Studium voraussetzt! Zum Vergleich: Das Jahresgehalt der Arbeitnehmer in der Metall- und Elektro-Industrie – im Durchschnitt und weitestgehend getragen von Fachkräften mit dualer Ausbildung! – beläuft sich auf 58.000 Euro.

Warum sind unsere Gehälter und Einstiegsgehälter im Durchschnitt so niedrig, viel zu niedrig? Dem Markt zu erzählen, er habe Unrecht, ist entweder realitätsferne Selbstüberschätzung – oder professionelles Marketing. Versuchen wir mal Letzteres!

Der Anteil am Unternehmenserfolg ist entscheidend

Die Gehälterspreizung im Markt der Kommunikatoren hängt mit Unternehmensgröße, Abteilungsgröße und Führungsverantwortung sowie dem eigenen Anspruch – bloßer Dienstleister oder Stratege – zusammen. Wer Spitzengehälter anstrebt, muss eine strategische Kommunikationsaufgabe übernehmen, sei es als Berater von Vorstand oder Geschäftsführung, Sprecher der Organisation oder als strategischer Influencer in seinem Unternehmen. Er muss souverän alle Handwerke und das Management der Stakeholder-Beziehungen beherrschen und alle „Stimmen des Unternehmens“, nicht nur den CEO, coachen können. Das ist ein doppelt anspruchsvolles Programm: das Kompetenzprofil des Kommunikators 4.0 zu beherrschen, das hart erarbeitet sein will, plus eine Vertrauensstellung bei CEO, Führung und Mitarbeitern, die durch eine filigrane Balance zwischen Bestätigung und Kritik am Leben gehalten wird.

Unsere Profession ist einerseits eine junge, die ihr selbstverständliches Standing im obersten Führungskreis noch erkämpfen muss. Darin liegt die Chance, durch ehrgeizige Professionalisierung und als offensiver Treiber der Digitalisierung sich an die gesetzten Berufsgruppen heranzurobben. Andererseits verfügt sie über eine 2.500 Jahre alte Tradition: der antiken Rhetoriker, der schreibkundigen mittelalterlichen Kanzlisten, der Medienerfinder im Gefolge der Französischen Revolution, um jetzt in der Verbindung dieser Weisheit mit den Chancen der Digitalkommunikation in neue Dimensionen vorzustoßen.

Die Chancen für unsere Profession stehen gut: Die Bedeutung der Kommunikation wächst. Kein Change-Prozess wird gelingen ohne professionelle Kommunikation – weder der bevorstehende Strukturwandel noch die vielen erheblichen Veränderungen im Inneren von Organisationen, die zu seiner Bewältigung vonnöten sind. Aber wir müssen uns schon als Treiber und Unterstützer dieser Veränderungen professionell vermarkten, nicht nur als ausführende Organe, und mit beinharter Evaluation: indem wir ständig unseren Beitrag zum Unternehmenserfolg herausarbeiten. Eine große Aufgabe für jeden Einzelnen an seinem Ort und für alle gemeinsam als Profession, zum Beispiel im BdP.

Künftige PR-Karrieren werden zu hohen Gehältern führen

Als ich vor drei Jahrzehnten in diesen Beruf gestartet bin, befand ich mich in einem Umfeld von 100 Prozent Quereinsteigern, die eher trotz als wegen ihrer Ausbildung ihre Chance erhielten. Heute – und nach zwölf Jahren BdP-Nachwuchsförderpreis – weiß ich: Wir sind mit diesen tollen Hochschulen und diesem großartigen Nachwuchs auf dem besten Weg, dass die künftigen PR-Karrieren wegen und nicht trotz ihrer Ausbildung zu angemessen hohen Gehältern führen werden. Mit 32 Jahren im Rückspiegel prognostiziere ich: Wir haben noch eine weite Strecke vor uns, aber wir werden es erleben, dass weder die PR-Gehälter noch die PR-Einstiegsgehälter den Vergleich mit anderen Professionen zu scheuen brauchen. Und mit Bestimmtheit weiß ich, dass das teure Gut der Zeit für Sinn, Familie, Engagement daneben wichtiger geworden sein wird. Auf beides können wir uns alle freuen und hochmotiviert daran arbeiten.

Mein Rat an die Young Professionals: Verkauft Euch nicht unter Wert! Wer in angemessene Gehalts- und Sinndimensionen vorstoßen will, kann sich mal auf niedrige Einstiegsgehälter einlassen. Aber nur, wenn er oder sie konsequent in Aufstiegsetappen von drei bis fünf Jahren denkt und stets bereit zum Wechsel ist. Der Fachkräftemangel gibt hier Rückenwind. Das ist perspektivisch und marktgerecht. Wer die schnelle Komplettierung seiner Entwicklungsmöglichkeiten vor das schnelle Geld setzt, wird früher zu Geld kommen. Sucht Euch deshalb gezielt die Arbeitgeber aus, die Euch voranbringen. Und sucht sie nicht nur in den großen Marken, sondern auch im Mittelstand.

Nicht nur durch Können und Leistung, sondern auch durch gezielte professionelle Selbstvermarktung und die Auswahl des „richtigen“ Arbeitgebers kommt Ihr voran. Viel Erfolg!

 

Weitere Artikel