PR-Firmen halten trotz Corona am Recruiting fest

Exklusiv-Studie

Die Coronakrise stellt die Wirtschaft vor ungeahnte Herausforderungen. Die Börsen weltweit sind abgestürzt. Viele Unternehmen wissen nicht, wie und ob sie die Krise überleben werden. Mehr als 70.000 haben bereits Kurzarbeit für ihre Mitarbeiter:innen beantragt, um Massenentlassungen abzuwenden. Die Schuhmann Personalberatung für Kommunikation und Marketing hat ermittelt, wie stark die Personalplanungen in der PR-Branche von den Auswirkungen der Pandemie betroffen sind. Insgesamt 452 Personen, meist Führungskräfte, nahmen an der Online-Befragung teil.

Zwei Drittel sind offen für Neueinstellungen

Anders als viele Firmen scheinen die meisten Vertreter der PR-Branche in der Krise bestehen zu können. Immerhin halten sich nahezu zwei Drittel (64 Prozent) auch weiterhin die Option offen, neues Personal einzustellen. Demgegenüber stehen gut 17 Prozent, die einen generellen Einstellungsstopp verfügt haben. Rund 19 Prozent der Unternehmen planen, einen solchen demnächst zu verhängen. Insbesondere familiengeführte Firmen tendieren zu dieser Maßnahme. Rund die Hälfte (48 Prozent) plant einen Stopp. Unter Vertreter:innen von Institutionen und Verbänden haben das 29 Prozent vor. Nahezu jede:r zweite Kommunikationschef:in, der:die mit einem Einstellungsstopp plant, will von einem Personalabbau absehen (43 Prozent).

Sogar mehr als die Hälfte (52 Prozent) möchte die Teamgröße konstant halten. Dies gilt insbesondere für größere Unternehmen (57 Prozent). Jede:r fünfte Chef:in will sein:ihr Team sogar weiter aufstocken und geplante Stellen auch in der Krise besetzen. Dazu passt, dass Maßnahmen wie Kurzarbeit und Stellenabbau, um die Krise zu überbrücken, nur von 16 Prozent der Unternehmen erwogen werden. Dort, wo es zu Kurzarbeit kommt, sind 60 Prozent des Teams betroffen. Entscheidet sich ein Arbeitgeber, Stellen abzubauen, betrifft das rund ein Viertel.

44 Prozent lehnen Einstellungen ohne persönliches Gespräch ab

Vor Probleme beim Recruiting stellen die Unternehmen die derzeit geltenden Kontaktbeschränkungen. Nur eine knappe Mehrheit von 56 Prozent kann sich prinzipiell vorstellen, neue Mitarbeiter:innen einzustellen, ohne sie vorher persönlich getroffen zu haben. Lediglich 24 Prozent sind sich in dieser Frage ganz sicher. Für 44 Prozent kommt eine Einstellung ohne persönliches Vorstellungsgespräch prinzipiell nicht in Frage. Auffällig ist, dass insbesondere kleinere Unternehmen mit weniger als 500 Beschäftigen mehrheitlich (58 Prozent) hierzu eine ablehnende Haltung einnehmen. Von den Firmen, die derzeit planen, Stellen in der Krise zu besetzen, verneinen 41 Prozent eine finale Einstellung ohne persönliches Gespräch. Dabei gibt es in der derzeitigen Situation kaum Alternativen zur Videokonferenz.

Ähnlich äußerten sich auch 196 ergänzend befragte Kommunikationsexpert:innen auf ihre Karrieplanung angesprochen. 58 Prozent von ihnen befinden sich derzeit in einem Bewerbungsprozess, der trotz Corona in rund der Hälfte der Fälle „normal“ weiterläuft. Lediglich ein gutes Drittel dieser Expert:innen (35 Prozent) könne sich vorstellen, einen Arbeitsvertrag zu unterschreiben, ohne auch nur eine Person aus dem Unternehmen persönlich gesehen zu haben. Bei den aktiv Jobsuchenden sind es mit 41 Prozent geringfügig mehr. Demgegenüber lehnen 29 Prozent das kategorisch ab. Selbst Kommunikator:innen ohne oder in einem gekündigten Anstellungsverhältnis sind zu 18 Prozent gegen eine rein videobasierte Einstellung. 

Unternehmen blicken gelassener in die Zukunft als Bewerber:innen

In der Corona-Krise sind potenzielle Bewerber:innen demzufolge vorsichtig bei der Wahl ihres neuen Arbeitgebers. Beinahe jede:r zweite (46 Prozent) Jobsuchende wirft einen noch genaueren Blick auf die neue Firma. Nur rund 27 Prozent von ihnen lassen sich von der aktuellen Entwicklung nicht beeindrucken. 16 Prozent beabsichtigen sogar, ihre Karriereplanung zu verschieben.

Unternehmen wiederum blicken gelassener in die Zukunft. Auf die Frage, wie sich der Personalbedarf der Kommunikationsteams nach Ende beziehungsweise Abflauen der Corona-Krise (unter der Prämisse, dies geschieht bis zum Sommer) voraussichtlich entwickeln wird, gehen rund zwei Drittel der Unternehmen (67 Prozent) davon aus, dass dieser konstant bleibt. 11 Prozent rechnen sogar mit steigendem Bedarf – kleine Unternehmen (16 Prozent) eher als größere (9 Prozent). Nur eine Minderheit von 7 Prozent geht von einem Personalabbau aus. 

Nur eine Minderheit verschiebt das Recruiting

Ein differenzierteres Bild ergibt sich mit Blick auf laufende Rekrutierungsprozesse, in denen sich drei Viertel der befragten Unternehmen zu Beginn der Krise befanden. Nahezu ein Drittel (32 Prozent) plant, diese trotz Corona fortzusetzen. Insbesondere größere Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeiter:innen (41 Prozent) neigen hierzu. Eine Minderheit (15 Prozent), unter denen sich überwiegend kleinere Unternehmen (22 Prozent) befinden, hat das Recruiting auf unbestimmte Zeit verschoben. Allerdings ist der Anteil derer, die „auf Sicht“ entscheiden wollen mit 32 Prozent relativ hoch.

Wenige Veränderungen aufgrund von Corona gibt es hinsichtlich der Quantität und Qualität der Bewerbungen. Von den 37 Prozent der Firmen, die aktuell Stellenanzeigen schalten, geben rund Dreiviertel (71 Prozent) an, dass die Menge an Bewerbungen gleich geblieben sei. 20 Prozent sehen sich mit einem Rückgang, 8 Prozent mit einem Anstieg konfrontiert. Noch klarer sind die Antworten auf die Frage nach der Qualität der Bewerbungen. Eine Mehrheit von 82 Prozent kann hier keine Veränderungen feststellen. Lediglich 10 Prozent berichten von qualitativ schlechteren Bewerbungen, 8 Prozent hingegen von besseren. 

Die Umfrage fand vom 21. bis zum 25. März online statt. Unter den 452 befragten Firmenvertreter:innen sind rund 84 Prozent aktuell Personalentscheider:innen. Eine Mehrheit von 59 Prozent der Unternehmen beschäftigt derzeit über 2.000 Mitarbeiter:innen. Dazu passt, dass rund 40 Prozent der an der Umfrage teilnehmenden Firmen börsennotiert sind. Rund 23 Prozent lassen sich familien-/inhabergeführten Unternehmen zuordnen.

Auf der Website der Schuhmann Personalberatung für Kommunikation und Marketing findet sich die Auswertung im Detail.

So bewertet der Bundesverband der Kommunikatoren (BdKom) die Studie

Sebastian Ackermann, Geschäftsführender Vizepräsident BdKom: “Inmitten der Corona-Krise eine Expert:innenumfrage zur Personalsituation unter den Expert:innen unserer Kommunikationsbranche zu starten, ist ein mutiges Unterfangen. Das volle Ausmaß des Virus und des weltweiten „Shutdowns“ ist noch gar nicht absehbar. Doch wer eigentlich sonst wenn nicht Kommunikator:innen sollten diejenigen sein, die – sei es nach der disziplinierten Abarbeitung der Krise im Takt der Krisenstäbe oder aber spätestens danach, die folgende, notwendige kommunikative Einordnung, die Moderation von Interessen, Sorgen, Nöten – hoffentlich auch Kontinuität, Chancen oder aber Neubeginn kommunizieren? Die repräsentativen Umfrageergebnisse der Kölner Personalberatung Schuhmann bestätigen diese Einschätzung: Kommunikator:innen werden jetzt und später zur Bewältigung der Corona-Krise gebraucht. Es sei aber auch angemerkt, dass diese Befragung eine Momentaufnahme ist, inmitten einer Krise, die, desto länger sie andauert, immer dramatischere, auch ökonomische Konsequenzen nach sich ziehen wird. Aber eins ist auch klar – diese Umfrage macht Mut. Und der ist in Corona-Zeiten wichtig!”

 

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