"Manchmal muss man innehalten“

Sabbatical in der PR

Ausbrechen, innehalten, aufbrechen: Irgendwann kommt für viele im Job der Zeitpunkt, an dem sie sich wünschen, die Routine hinter sich zu lassen und mithilfe eines Sabbaticals eine Weile im eigenen Takt zu leben. Manche erwischt der Moment bereits früh, andere nach einem Aufstieg oder auf dem Höhepunkt ihrer Karriere. Ebenso unterscheiden sich die Sehnsüchte, wie dieser Zeitraum zu füllen ist. Soll die persönliche Weiterbildung im Fokus stehen? Möchte man mehr Zeit mit der Familie verbringen? Sich sortieren und beruflich neu aufstellen? Oder träumt man von der Weltreise inklusive Entspannung unter Palmen?  

Katharina Berlet (35): Reise in ein neues Leben

→ Sabbatical von Dezember 2013 bis Dezember 2014
→ Vorher: Unit Director PR & Social Media bei rpm Kommunikation
→ Heute: Vice President Corporate Communication bei Mister Spex und Bloggerin

Als ich mich mit Anfang 30 für ein Sabbatical entschieden habe, gab es in meinem Umfeld ein paar skeptische Reaktionen: „Sehr mutig, wer weiß, ob du danach so schnell wieder einen Job findest“. Ich war damals Unit Director PR bei einer Kommunikationsagentur und hatte ursprünglich den Plan, nach meiner Auszeit in diesen Job zurückzukehren.

Doch die Organisation im Vorfeld gestaltete sich schwieriger als gedacht – obwohl meine damaligen Chefs offen und bemüht waren. Irgendwann mussten wir gemeinsam feststellen, dass der Aufwand, eine individuelle Lösung zu finden, zu hoch war. Es ging um Versicherungen, Gehaltsmodelle und die Verpflichtung meinerseits, der Agentur nach meiner Rückkehr für eine gewisse Zeit erhalten zu bleiben. Das wurde alles zu viel, daher habe ich gekündigt. Ich wollte ja damals auch neu definieren, welche Richtung ich einschlagen sollte.

Von zwölf Monaten Auszeit war ich knapp acht gemeinsam mit meinem Mann in der ganzen Welt unterwegs. Die restliche Zeit hatte ich das Ziel, mir einen passenden neuen Job zu suchen – das funktioniert nicht mal eben so von unterwegs aus. Ich brauchte nach der Reise auch eine Pause, um mich neu zu sortieren. Ein fließender Übergang in den nächsten Job gleich nach der Rückkehr hätte nicht gutgetan.

„Es ist Offenheit von beiden Seiten notwendig“

Meinen heutigen Arbeitgeber Mister Spex, ein junges und flexibles Unternehmen, habe ich mir dann ganz gezielt ausgesucht. Hier arbeite ich vier Tage in der Woche und bin damit tatsächlich eines von drei Managementboard-Mitgliedern, die nicht Vollzeit arbeiten. Den fünften Tag nutze ich auch heute für mein Herzensprojekt, den Travelblog „Out of Office – oooyeah.de“, der auf der Reise entstanden ist und den ich zusammen mit meinem Mann gestalte.

Im Arbeitsalltag kommt das Schreiben und Erzählen von Geschichten zugunsten des Organisierens oft zu kurz. Diese Lücke kann ich damit füllen. Das bringt mich auch in meinem Job weiter. So bekomme ich als Bloggerin zum Beispiel inzwischen jede Menge Pressemitteilungen und kann ganz gut einschätzen, wie sich ein Journalist auf der anderen Seite des Schreibtischs fühlt. Ein solcher Perspektivwechsel kann die eigene Kommunikationsarbeit verbessern.

Dieses Thema treibt, gerade unter den Jüngeren, viele um: Kann ich out of office auftanken und trotzdem produktiv sein? Es muss ja nicht immer gleich die große Weltreise sein. Manchmal reicht ein Wochenende in den Bergen oder ein gut genutzter Feierabend, an dem man einfach mal Zelten geht und am nächsten Morgen ins Büro zurückkehrt. Über solche kleinen Escape-Möglichkeiten berichten wir auf dem Blog in der Rubrik „Microadventure“. Statt sich immer auf die Zeit von „nine to five“ zu konzentrieren, sollte man sich überlegen, was man eigentlich von „five to nine“ alles unternehmen kann.

Vertreter der Generation Y – das bekomme ich auch bei uns im Unternehmen mit – sind nicht in erster Linie darauf erpicht, zu einer bestimmten Uhrzeit pünktlich aus dem Büro zu kommen. Ihnen geht es mehr um Flexibilität: Kann ich mal von zu Hause aus arbeiten? Ist es möglich, mal früher, mal später zu gehen, angepasst an den eigenen Lebensrhythmus? Aber auch das Interesse an längeren Sabbaticals ist gestiegen. Man muss manchmal innehalten und sein eigenes Tempo bestimmen.

Das Vier-Tage-Modell ist für mich optimal. Ich habe aber auch das Glück, dass ich in einer eher krisenrobusten Industrie arbeite, in der es unwahrscheinlich ist, dass ich spontan vor die Presse treten muss. Daher begegnet mir relativ viel Akzeptanz. Wenn irgendetwas drängt, gehe ich aber auch an meinem freien Nachmittag an mein Telefon. Damit solche Modelle funktionieren, ist Offenheit von beiden Seiten notwendig.

Protokolliert von Anne Hünninghaus

 

Lesen Sie in Teil eins dieser Miniserie, wie Ines Thomas, Director Corporate Communications und Pressesprecherin des Verlags Condé Nast, ein Academical Sabbatical einlegte, und in Teil zwei, wie Achim Schneider, früherer Leiter der Unternehmenskommunikation bei Porsche, sein Leben neu justiert hat.

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Haben auch Sie Erfahrungen mit einem Sabbatical gemacht oder würden Sie gerne einmal eines einlegen? Schreiben Sie uns davon in den Kommentaren!

 

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe TEMPO. Das Heft können Sie hier bestellen.

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