Ist Macht ein vergifteter Orden?

Katja Kraus im Interview

Frau Kraus, Sie sagten in Ihrem Vortrag, dass Sie heute ein besserer HSV-Vorstand wären als vor acht Jahren. Weshalb?

Katja Kraus: Weil ich mich intensiv mit der Zeit und der Aufgabe auseinandergesetzt habe. Die Distanz ermöglicht dabei einen schärferen Blick. Ich habe mich als Mensch durch neue Impulse und Gedankenfreiraum weiterentwickelt. Außerdem hat mich die Tatsache gestärkt, dass ich in den vergangenen Jahren aus einer Krise heraus neue Dinge initiiert und bewältigt habe.

Gehen Frauen und Männer jeweils anders mit Macht um?

Ja, denn Frauen verzichten in aller Regel auf Machtdemonstrationen, sie bekennen sich seltener zur Lust an der Macht.

In Deutschland wird Konsolidierung in der Karriere nicht als Erfolg wahrgenommen. Woran liegt das?

Es gibt definierte Erfolgsparameter, wie sichtbare Entwicklung, Aufstieg und lineare Karriereverläufe. Seitenschritte oder Verzicht auf Aufstiegsoptionen werden unabhängig von der Begründung nicht wohlwollend ausgelegt.

Sie haben, nachdem Sie 2011 beim HSV als Vorstand nicht verlängert worden sind, ein Buch geschrieben über Macht und Ohnmacht – und mit vielen Menschen darüber gesprochen. Was war für sie das Schlimmste am Scheitern?

Der sichtbare Makel, das Gefühl der Unzulänglichkeit. Insbesondere beim öffentlichen Scheitern ist es das, was die Menschen am längsten verletzt und beschäftigt. Die Selbstzweifel, die Furcht vor dem geringschätzigen Blick und dem Urteil der anderen.

Sie untersuchten außerdem die verbindende Charaktereigenschaft von erfolgreichen Menschen. Wie lautet Ihr Fazit?

Alle Menschen, die die Bereitschaft haben, mit dem, was sie tun die absolute Spitze anzustreben, zahlen auf diesem Weg hohe Preise dafür. Aufgabe von Privatheit, geschundene Körper, stetige Bewertung, die Möglichkeit des Scheiterns.

Sie bezeichneten Macht als vergifteten Ordnen, den niemand haben wolle. Kehrt Macht nur die negativen Seiten eines Menschen hervor?

Wir folgen allzu schnell den negativen Bildern, den Assoziationen zu Machtmissbrauch. Dass Macht so negativ beleumundet ist, hat aber auch mit unserer Geschichte zu tun. Dabei ist es notwendig, Macht zu haben, um Positives zu bewegen. Macht in den richtigen, verantwortungsvollen und bewussten Händen hat eine große Kraft.

 

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