Neue Zeiten erfordern ein neues Jobprofil

„Communications Business Partner“

Twitternde CEOs, Corporate Influencer, eine unüberschaubare Informationsdichte und ständig neue Trends: Der Wandel der Arbeitswelt macht vor Tätigkeiten in der Kommunikation natürlich nicht Halt. Hinzu kommt die aktuelle weltweite Krise. Der Bedarf an Kommunikation steigt. Gleichzeitig unterliegt die Branche einem massiven Kostendruck und erlebt in Teilen Budgetkürzungen. In diesem Spannungsfeld werden Stimmen laut, die vermuten, dass es die klassischen Kommunikationsabteilungen in zehn Jahren nicht mehr geben wird. Wir sind vom Gegenteil überzeugt. Allerdings sehen wir, dass das Rollenverständnis von Kommunikationsverantwortlichen sich ändern muss, um zeitgemäß zu bleiben.

Die Frage ist, was künftig noch ins Aufgabenspektrum von Kommunikator*innen gehören wird, was hinfällig ist und was hinzukommt. Überholt ist die Trennung zwischen interner und externer Kommunikation. Sie hat in den meisten Fällen Platz gemacht für das Konzept der integrierten Kommunikation. Gerade Führungskräfte bilden hier einen wesentlich breiteren strategischen Bereich ab als bei der strikten Trennung nach Stakeholdern. Dennoch gilt die Kommunikationsabteilung weiterhin als die zentrale Stimme des Unternehmens.

Orientiert man sich am Ansatz der „Communicative Organization“, in der alle Mitarbeitenden kommunizieren, verlagern sich die Aufgaben der Kommunikationsprofis. Es wird wichtiger, Kolleg*innen zu befähigen, im Sinne des Unternehmens zu kommunizieren, als durch gesteuerte Maßnahmen die alleinige Stimme zu sein. Hier liegt die größte Herausforderung sicher darin, die Einhaltung der Gesamt-Kommunikationsstrategie sicherzustellen.

Vorbild HR Business Partner

Angelehnt an das etablierte Modell des HR Business Partners, haben einige Unternehmen die Rolle des Communications Business Partners etabliert. Ziel ist es, eine Schnittstelle zu schaffen zwischen der Unternehmenskommunikation auf der einen und den Unternehmenseinheiten auf der anderen Seite. Je nach Unternehmensgröße können das Geschäftsfelder sein, Regionen oder einzelne Hierarchieebenen. Im Gegensatz zum „klassischen Kommunikator“ sind die Communications Business Partner enger mit „ihren“ Abteilungen verbunden. Sie kennen so nicht nur die Strategie, die Ziele und Methoden der Kommunikationsabteilung und Geschäftsführung, sie verstehen auch die Bedarfe, Wünsche und Möglichkeiten der Fachabteilungen oder Personen, die sie betreuen.

Was bedeutet das konkret? Den Business Partnern kommt die Rolle eines internen Coaches zu. Sie beraten andere bei der Kommunikation, aber sie bereiten auch Content vor, schreiben Reden und unterstützen bei der Themenfindung. Darüber hinaus sind sie Advisor, die es den Abteilungen ermöglichen, bessere Businessentscheidungen zu treffen beispielsweise durch die Erläuterung von Chancen und Risiken abgeleitet aus dem Monitoring der öffentlichen Meinung. Sie analysieren und interpretieren die Erwartungen interner und externer Stakeholder und lassen gesamtgesellschaftliche Trends in ihre Überlegungen einfließen.

Diese Rolle schafft ein spannendes Aufgabenfeld, das sich in der Praxis bereits bewährt hat. „Als Business Partner Region sehe ich mich als interne Beraterin des lokalen Senior Managements für alle Belange rund um Öffentlichkeitsarbeit, Mitarbeiter- und Kundenkommunikation. Damit bin ich Bindeglied zwischen Headquarter und Region und stelle sicher, dass die globale Kommunikationsstrategie unter Berücksichtigung der lokalen Anforderungen umgesetzt wird“, erläutert Selina Eberhard, Communications Business Partner Regions & Regional Relations bei Siemens, ihre Rolle.

Für jede Unternehmensgröße geeignet?

Ist eine solche Rolle für jede Unternehmensgröße relevant? Während weltweit tätige Unternehmen mit zahlreichen Business-Units in der Regel über umfangreiche Strukturen verfügen und eher Ressourcen für neue Rollen bereitstellen können, ist diese Möglichkeit für kleinere und mittelständische Unternehmen begrenzt. Hier wird die Kommunikation häufig von kleinen Teams oder sogar Einzelpersonen verantwortet. Die Herausforderung der veränderten Aufgaben in der Kommunikation ist jedoch die gleiche: In vielen Fällen ist es also eher eine Frage des Selbstverständnisses als der Positionsbezeichnung. Gerade kleinere Unternehmen sind daher gut beraten, ihren etablierten Kommunikationsfachleuten eine Erweiterung ihres Skill-Sets zu ermöglichen – weg vom reinen Kommunikationshandwerk hin zu einem strategisch übergeordneten Denken.

Auf dem Arbeitsmarkt werden Generalisten gesucht, die den Überblick über das große Ganze behalten, unternehmerisch denken und strategisch fit sind. Diesem Anspruch werden Business Partner gerecht. „Der entscheidende Vorteil für meine Stakeholder liegt darin, dass ich für sie der Single Point of Contact bin. Besonders wertvoll ist die daraus entstehende Beziehung, die ganz wesentlich auf Vertrauen basiert. Hierdurch entwickelt sich die Rolle vom Business Partner häufig zum Trusted Advisor“, sagt Siemens-Mitarbeiterin Eberhard. Communications Business Partner haben Einfluss auf unternehmerische Entscheidungen. Dass Kommunikator*innen an Vorstands- oder Geschäftsleitungstreffen teilnehmen, ist in einigen Unternehmen bereits Standard. Das Konzept der Communications Business Partner setzt hier an. Sie sind tiefer und intensiver ins Business involviert, haben dadurch bessere Netzwerke innerhalb des eigenen Verantwortungsbereichs und werden früher und stärker eingebunden – nicht erst nach einer Entscheidung.

Die Kommunikationsbranche wandelt sich und dieser Prozess wird sich fortsetzen. Mit der Weiterentwicklung der Aufgaben von der reinen Exekution hin zu mehr Coaching und Beratung ändern sich auch Stellenprofile. Das erfordert neue Kompetenzen bei Mitarbeitenden, bietet aber auch neue Chancen für Jobsuchende. Für Unternehmen, die sich fragen, wie sie die Kommunikation zukunftsfähig aufstellen wollen, ist die Idee der Communications Business Partner als neue Rolle eine bedenkenswerte Option.

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