Jimdo schaltet „Aussteigerprogramm“ der AfD ab

Kritischer Journalismus

Jimdo, der Hamburger Webseiten-Anbieter, zieht dem AfD Meldeportal, welches „Mainstream-Journalisten“ zum Ausstieg ermuntern soll, den Stecker. Die von vier AfD-Bundestagsabgeordneten initiierte Webseite verstoße laut Jimdo gegen „unsere Richtlinien und gegen unsere Werte.“

Erst am Mittwoch hatten der AfD-Bundestagsabgeordnete Petr Bystron und drei seiner Kollegen das Portal mainstream-aussteiger.de gelauncht. Die Partei fordert die Journalisten auf, „die schlimmsten Lügen und Manipulationen der Haltungsredaktionen“ zu dokumentieren und zu melden. Man werde sich „danach besser fühlen“, denn man leiste einen Beitrag zur „unabhängigen Berichterstattung”, so die Lesart des „Aussteiger-Programms“. Laut Bystron richte sich das Portal damit an die, die „Fakenews, Manipulation und einseitige Berichterstattung satt haben“. 

Tatsächlich sind es häufig AfD-Politiker, die Fakenews verbreiten. So behauptete der erst kürzlich abgewählte Vorsitzende des Rechtsausschusses des Bundestags, Stephan Brandner, mit Verweis auf ein von ihm gepostetes Foto, Ferrero habe den Adventskalender in „Geschenkelager“ umbenannt und reagierte mit einem wütenden Smiley. Die Behauptung war falsch.

„Antidemokratisches Handeln“

Primär spricht die Partei Journalisten des Öffentlich-rechtlichen Rundfunks an, um die Programme ihrer Sender zu verbessern. Die AfD äußert sich häufig kritisch zum Öffentlich-rechtlichen Journalismus. Schon 2016 forderte sie die Abschaffung der Rundfunkgebühren, indem sie in zehn Landesparlamenten die Kündigung des Rundfunkstaatsvertrags beantragte. Das käme einer Abschaffung des Öffentlich-rechtlichen Rundfunks gleich. Jimdo begründet die Abschaltung des Portals mit „antidemokratischem Handeln“. Brystron widerspricht und behauptet, das Gegenteil sei der Fall. 

Der DJV kritisiert das Portal als „Provokation gegen kritischen Journalismus“. „Der Versuch, Journalistinnen und Journalisten lächerlich zu machen, passt zum Kurs der Partei, kritische Berichterstatter zu beleidigen und zu diffamieren, wo es nur geht“, sagt DJV-Bundesvorsitzender Frank Überall. Das „Aussteiger-Programm“ erwecke den Eindruck, Journalisten seien dazu gezwungen gegen die AfD zu schreiben, obwohl sie lieber anders berichten wollten. „Die Missachtung von Journalisten und permanente Verstöße gegen die Pressefreiheit gehören zur DNA dieser Partei.“ Das von Jimdo abgeschaltete Portal ist laut Brystron mittlerweile auf einen anderen Server ausgewichen.

AfD schließt Correctiv-Journalisten aus

Welchen Stellenwert kritischer Journalismus für die AfD hat, zeigt ein anderer Fall. Journalisten der Rechercheplattform Correctiv wurden nicht zum Bundesparteitag der AfD am 30. November und 1. Dezember in Braunschweig akkreditiert, obwohl sie die Pressekarten schon Anfang Oktober beantragt haben. Die AfD verweist, wie schon 2017, auf angeblichen Platzmangel. Tatsächlich blieben vor zwei Jahren zahlreiche Plätze unbesetzt. Correctiv hatte den AfD-Spendenskandal aufgedeckt.

 

 

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