„Ich fühlte mich wie ein Pilot beim ersten Flug“

Jung und Chef

Was es heißt, bereits in jungen Jahren Chef zu werden, weiß Maximilian Heiler. Der 32-Jährige leitet die Kommunikationsabteilung von Swiss Life Deutschland – nicht seine erste Führungsposition. Im Interview mit pressesprecher spricht Heiler über Ängste, Sorgen und Vorurteile aufgrund seines Alters.

 

Herr Heiler, Sie sind 32 Jahre alt und leiten die Unternehmenskommunikation von Swiss Life Deutschland. Vorher waren sie Kommunikationschef bei Eon Energie Deutschland. Sie kamen also recht jung in Führungspositionen. Wie haben Sie reagiert, als man Ihnen eine solche Stelle angeboten hat?

Maximilian Heiler: Ich habe mich total gefreut, weil ich es als Anerkennung für meine bisherige Leistung empfunden habe. Mir hat es immer schon Spaß gemacht, mit Kollegen zusammenzuarbeiten und ihnen auch Hilfe anzubieten; gleichzeitig aber nachzufragen, wie man etwas anders machen könnte. Bereits in jüngeren Jahren habe ich gerne Verantwortung übernommen. Trotzdem hatte ich einen Heidenrespekt vor den ganzen Aufgaben, die auf mich warteten. Ich sehe es aber auch als eine Gelegenheit, mich ein Stück weit selbst zu verwirklichen.

Welche Ängste hatten Sie?

Ich hatte bei Eon bereits einige Jahre gearbeitet, bevor mir die Stelle angeboten wurde. Wenn man plötzlich die Gesamtverantwortung hat, fühlt es sich ein bisschen so an wie ein Pilot zu sein, der zum ersten Mal fliegt. Ich habe mich vor allem gefragt, wie das Team reagieren würde und wie die Fremdwahrnehmung sein wird: Treffe ich die richtigen Entscheidungen? Nehme ich die Leute mit? Was ist eigentlich, wenn man versagt? Entwickle ich genug Empathie für die Bedürfnisse der Mitarbeiter? Das ging mir durch den Kopf.

Wie sind Sie mit diesen Sorgen umgegangen?

Wenn man in einer Führungsposition startet, ist für einen vieles neu. Da hilft es ungemein, sich mit anderen auszutauschen, die in einer ähnlichen Situation sind. Ich habe schnell gemerkt, dass sich die Sorgen, die ich selbst habe, andere auch machen. Man wirkt nicht dadurch inkompetent, dass man nachfragt. Das Gegenteil ist der Fall. Es geht genau darum, sich inspirieren zu lassen und Erfahrungen untereinander zu teilen – auch mit Führungskräften, die nicht in der Kommunikation tätig sind. Diese sind mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert. Man arbeitet ja immer mit Menschen.

Kommunikation als Handwerk

Mit Ende zwanzig fehlt einem in bestimmten Bereichen wie Personalführung Erfahrung. Wie fühlten Sie sich fachlich aufgestellt?

Fachlich hatte ich ein sehr gutes Gefühl. Ich hatte bereits eine große Bandbreite an Aufgaben als Mitarbeiter betreut. Ich war als Werkstudent gestartet und kannte das Unternehmen seit sechs Jahren. Außerdem hatte ich mich immer schon sehr für die Bereiche der anderen Kollegen interessiert und für mich eine Vorstellung davon entwickelt, wie Kommunikation sein sollte. Kommunikation ist auch ein Stück weit ein Handwerk. Wenn man bestimmte Mechanismen kennt, kann man diese unabhängig von der Branche auch anwenden.

Insbesondere die Energiewirtschaft hat bis heute den Ruf, von älteren Managern geprägt zu sein. Wie kamen Sie damit zurecht?

Im Umgang mit den Geschäftsführern und mit dem gesamten Board geht es auch darum, Erwartungsmanagement zu betreiben. Man muss Kommunikation mehr einordnen, mehr erklären und die Geschäftsführung auf die Reise mitnehmen. Bei Kommunikation redet jeder gerne mit. Für mich war es neu, verstehen zu müssen, was die Interessen der Geschäftsführung sind und warum sie handelt, wie sie handelt. Es geht schließlich auch darum, Kommunikationsinteressen zu vertreten und zu wahren. Das heißt also, zu lernen, seine eigene Meinung auch gegenüber der Geschäftsführung selbstbewusst kundzutun.

Inwieweit hatten Sie das Gefühl, dass Ihr Team Ihnen gegenüber aufgrund Ihres Alters skeptisch eingestellt sein könnte?

Das war eine meiner Hauptsorgen, weil ich aus dem Team heraus in die Führungsposition gelangt bin. Die Sorge war aber total unbegründet.

Ich denke, ein Problem entsteht immer dann, wenn man sich selbst zu wichtig nimmt. Man sollte demütig an so eine Situation herangehen; es darf nie eine Ego-Show werden. Es geht darum, zuzuhören, zu verstehen, in welcher Situation sich die Kollegen befinden und nicht zu meinen, alles neu machen zu müssen. Das Gefühl zu vermitteln, dass man nur als Team etwas gut machen kann und sich jeder verwirklichen kann. Einen Top-Down-Ansatz halte ich für wenig förderlich. Ich orientiere mich eher daran so zu führen, wie ich selbst geführt werden möchte. Das hilft auch dabei, sich selbst treu zu bleiben.

Was stört Sie an anderen Führungskräften am meisten?

Ich reagiere allergisch darauf, wenn jemand alle Aufgaben bei sich selbst zentralisieren will, beziehungsweise wenn allein das Hierarchielevel über richtig oder falsch entscheidet. Die Entscheidungen sollten immer bei denjenigen liegen, die auch die Kompetenz für etwas besitzen. Das schätze ich auch an meinem jetzigen Arbeitgeber. Hier hat man einen hohen Grad an Selbstbestimmung.

Die Kommunikationsbranche diskutiert aktuell über die Arbeitsbelastung. Wie gehen Sie mit der Erwartung um, ständig erreichbar zu sein?

Der Beruf des Pressesprechers hat den Nachteil, dass man immer ansprechbar sein sollte – vor allem für Redakteure, aber auch intern. Inwieweit man loslassen kann und es auch will, hängt immer von einem selbst ab. Der eine will sich immer informieren – und für den ist das auch gar kein Stress. Andere können besser loslassen, wenn sie sich nicht informieren – zum Beispiel im Urlaub. Ich kann auch mal mein Handy weglegen. Ich gucke allerdings schon häufig drauf, ohne dass ich interveniere. Ich mag meinen Job und entsprechend beschäftige ich mich gern damit. Trotzdem habe ich natürlich auch Privatleben. Bei guten Übergaben passiert im Urlaub eigentlich sowieso nie etwas. 

 

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