Handyvideos für die PR? So geht’s richtig

Bewegtbildkommunikation

Der Smartphone-Film, eingesetzt für PR und Marketing, kann den hochwertig und professionell produzierten Unternehmensfilm niemals ersetzen. Die Handykamera als Filmtool hat so eklatant viele Mängel, dass Sie gar nicht erst versuchen sollten, Äpfel mit Birnen zu vergleichen.

Eine kontrollierte Kameraführung ist angesichts von Größe und Gewicht des Smartphones unmöglich. Aufgrund der reduzierten Chipgröße der Kameralinse ist das filmische Stilmittel der Tiefenunschärfe kaum reproduzierbar. Und während bei einstrahlender Sonne kaum noch zu sehen ist, was Sie eigentlich filmen, geht bei Dunkelheit der Sensor in die Knie und es kommt zum Bildrauschen.

Damit ist gleichzeitig das Argument widerlegt, dass sich mit einer Filmproduktion via Smartphone viel Geld sparen lässt. Wenn es um hochwertige Bewegtbildkommunikation geht − also um Bilder, die ein bestimmtes Image prägen −, sollten Sie vom Smartphone in vielen Fällen besser die Finger lassen.

An eine professionelle Filmproduktion kommt der Videodreh mit dem Smartphone nicht heran. Doch auch das Handyvideo hat seinen Charme. (c) Marcel Wehn

An eine professionelle Filmproduktion kommt der Videodreh mit dem Smartphone nicht heran. Doch auch das Handy lässt sich für gute PR nutzen. (c) Marcel Wehn

Die besten Smartphone-Geschichten liefern keine perfekten Bilder

Das filmende Telefon war nicht umsonst eine Revolution in der Bewegtbildwelt: Jeder kann überall, ohne technisches Vorwissen und völlig unauffällig Filme drehen und dieses Material in kürzester Zeit weltweit zugänglich machen. Und hier kann die Handykamera ihre Kraft auch mit voller Wucht entfalten. Das Smartphone ist der beste Partner der Magie des Augenblicks. Wenn der entscheidende Moment passiert, dann ziehen Sie Ihre Kamera aus der Tasche und fangen ihn ein, wie er ist: ungeplant, unverfälscht, authentisch.

Smartphone-Storys sind Geschichten, die bewusst die Defizite der Handykamera in Kauf nehmen. Sie verzichten auf ein aufwändiges Storytelling und auch auf einen guten Originalton. Denn einen wirklich professionellen O-Ton werden Sie mit den Bordmitteln des Smartphones nicht erreichen können.

Fazit: Emotionen und Authentizität entscheiden über den Erfolg

Typische Smartphone-Geschichten kommen ohne eine epische Dramaturgie aus, daher muss ihre Kraft aus den Inhalten kommen. Und einfache Geschichten sind dann stark, wenn sie von etwas erzählen, was unsere tiefsten Sinne und Gefühle berührt: Liebe, Glück, Trauer, Herausforderung und Humor.

Das Smartphone ist ein Instrument der Spontaneität, der magischen Momente und der kleinen Geschichten. Große Imagefilme sind nicht sein Ding. Aber umso emotionaler und authentischer die Situationen sind, die Sie zeigen, desto erfolgreicher werden die Filme sein.

Acht Tipps für das perfekte Handyvideo

Folgende Best-Practice-Tipps werden bei der Planung und Umsetzung Ihrer Dreharbeiten hilfreich sein.

1. Storytelling

  • Längst nicht alle Filmvorhaben eignen sich für einen Dreh mit der Smartphone-Kamera. Doch überall dort, wo es um Menschen geht, ist das Handy das richtige Mittel − zum Beispiel für Mitarbeiterporträts oder „filmische Tagebücher“ aus dem Unternehmen.
  • Ein Tipp, gerade für die Interne Kommunikation: Produzieren Sie Smartphone-Geschichten seriell! Über Menschen zu erzählen, bedeutet auch, dass sich das Leben entwickelt und verändert. Immer wieder neue Geschichten zu sehen, macht Ihre Zuschauer neugierig.

2. Plattformen für Smartphone-Geschichten

  • Smartphone-Geschichten gehören in Social-Media-Kanäle. Wegen ihrer Kürze und Einfachheit werden sie gerne kommentiert und geteilt. Daher fühlen sich diese Videos auf Youtube, Facebook oder Instagram wesentlich wohler als auf einer Webseite.

3. Filmsprache und Kameraführung

  • Eine Smartphone-Kamera braucht eine besonders ruhige Hand. Achten Sie bewusst darauf,

× dass die Bilder nicht wackeln,
× dass der Horizont gerade ist,
× dass die Bilder lange genug stehen.

Sechs bis acht Sekunden sind das Minimum pro Einstellung!

  • Erliegen Sie nicht dem VVS, dem „Vertical Video Syndrome“. Smartphone-Filme funktionieren nicht wie Fotografien und sind daher immer waagerecht zu drehen. Gute Argumente gegen das „VVS“ finden Sie hier:

 

4. Original-Ton

  • Interviews und Statements sollten grundsätzlich in möglichst stillen Räumen aufgenommen werden. In Umgebungen mit einem hohen Geräuschpegel (zum Beispiel Messestand, Verkehrslärm) werden Sie mit dem Smartphone nie einen guten Interviewton erreichen können.
  • Grundsätzlich bessere Ergebnisse liefern externe Mikrofone. Eine Auswahl guter Smartphone-Mikrofone finden Sie hier.

5. Stabilisierung

Ein paar einfache Hilfsmittel helfen für eine gute Stabilisierung: Das „Shoulderpod S1“ beispielsweise ist ein winziges, aber effektives Smartphone-Rig mit einem Blitzschuhaufsatz für externe Mikrofone. Ein anderes Wundermittel ist der „Joby Hybrid Gorillapod“. Dieses Stativ ist federleicht und lässt sich dank seiner Gelenkbeine auch als Klemmstativ und als Handkamerahilfe einsetzen.

6. Perfekte App für Dreharbeiten: Filmic Pro

Wer Erfahrung mit manueller Kameraführung hat, der wird die Video-App „Filmic Pro“ lieben. Diese Software simuliert Blende, Belichtungszeit, ISO und Schärfe wie bei einer Profikamera. Sie greift zudem in höherer Auflösung und Kontrastumfang auf die Kameralinse zu als das Smartphone selbst.

7. Welches Smartphone für die Dreharbeiten?

Im Prinzip lassen sich alle aktuellen Smartphone-Modelle für Dreharbeiten einsetzen. Video-Apps wie Filmic Pro werden allerdings nur für I-Phone und Android angeboten. Entscheidend beim Dreh ist aber vor allem, dass die Geräte genug Speicher und Akkulaufzeit garantieren. Unter 64 Gigabyte Speicherplatz wird es schnell kritisch werden.

8. Zur Inspiration

Wer eine Reise durch die Welt der Smartphone-Filme unternehmen will, der findet auf Vimeo den beeindruckenden „iPhone Cinema“-Channel: Filmemacher aus aller Welt laden dort ihre Smartphone-Filme hoch. Vom Reisebericht bis zum Musikvideo finden Sie zahlreiche innovative Filmformate.

Ein Film der kleinen Momente − und dazu noch extrem humorvoll − ist der Recruitingfilm des Softwareherstellers Zendesk aus San Francisco. In diesem kleinen Meisterwerk gibt es keine bewegte Kamera, keine Schärfeverlagerungen und keine Interviews. Es wird auf alles verzichtet, was das Drehen mit der Smartphone-Kamera kompliziert gemacht hätte. Das Ergebnis ist simpel, gnadenlos ehrlich und phänomenal.

 

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe VORBILDER. Das Heft können Sie hier bestellen.

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