Haltung zeigen am Arbeitsplatz

Praxistipps

E-Mails, Präsentationen, Pressemitteilungen: Sie nehmen uns tagein, tagaus voll in Beschlag. Unser Geist befindet sich im Dauerlauf, springt über diese Hürde, hechtet über jenen Graben und auf der Zielgeraden gibt er noch einmal richtig Gas. So gesehen sind wir ziemlich sportlich unterwegs. Aber: Unser Körper wird dabei allzu oft vernachlässigt. Er verharrt während unserer geistigen Höchstleistungen oft stundenlang in einer einzigen Position. Und auch, wenn Sie das jetzt nicht hören wollen: Unsere Ähnlichkeit mit Quasimodo wird dabei von Tag zu Tag verblüffender.

Die meisten von uns sitzen in der sogenannten Lümmelhaltung oder im ebenfalls schädlichen Hohlkreuz am Schreibtisch. Die Konsequenzen dieser schlechten Haltung sind Schmerzen im Rücken – nach wie vor DAS Volksleiden Nummer eins und Studien zufolge der häufigste Grund für Arbeitsunfähigkeit. Hinzu kommen durch Verspannungen ausgelöste Kopfschmerzen und Stress, und selbst Organe können durch jahrelanges schlechtes Sitzen Schaden nehmen.

Personal Trainer Ramin Waraghai weiß, mit welchen einfachen Übungen das verhindert werden kann. Und das Beste daran: Die Übungen kann man in nur zehn Minuten problemlos am Schreibtisch absolvieren.

Die richtige Sitzhaltung

Die richtige Sitzhaltung (c) Laurin Schmid

Ramin Waraghai zeigt uns die richtige Sitzhaltung am Schreibtisch (c) Laurin Schmid

Dabei gilt es darauf zu achten, dass der Stuhl so eingestellt ist, dass die Knie leicht nach unten und die Füße gerade nach vorne zeigen. Das Gesäß sollte so aufsitzen, dass die Vorderkante der Sitzbeinhöcker zu spüren ist, und der Brustkorb sollte gerade über dem Becken sitzen und nicht zu weit nach vorne geschoben werden, da dies das Hohlkreuz verstärken würde. Die Schultern sollten weit nach außen geschoben werden, als würde man ein breites Kreuz machen wollen. Dadurch nähern sich die Schulterblätter meist schon automatisch an, ohne sie aktiv zusammen ziehen zu müssen. Der Kopf ist nach hinten gezogen und lang gestreckt, als ob man am Hinterkopf hoch gezogen werden würde. Die Sitzhaltung sollte anstrengungsfrei eingenommen werden können, ohne dass eine starke Spannung in Bauch oder unterem Rücken zu spüren ist. Eine möglichst tiefe Atmung in Bauch und Brustkorb, so dass sich letzterer in alle Richtungen ausdehnt, ist zudem die optimale Atmung.

Einrollen

Einrollen (c) Laurin Schmid

Oberkörper einrollen, um die  Rückseite des Brustkorbes zu dehnen für eine optimale aufrechte Sitzhaltung (c) Laurin Schmid

Durch diese Übung wird die Rückseite des Brustkorbes aufgedehnt, so dass der bei der aufrechten Sitzhaltung optimal positioniert werden kann.

Dafür setzt man sich an die Kante eines Stuhls, beugt sich nach vorne und streckt die Beine soweit von sich, dass man eine leichte Spannung in den hinteren Oberschenkeln spürt. Dann umfasst man die Füße und zieht sie an sich heran. Das Kinn senkt man in Richtung Brustbein ab und versucht tief durch die Nase in den oberen Rücken einzuatmen. Dabei sollte man so tief wie möglich ein und ausatmen (insgesamt zehn Atemzüge).

Sich lang machen

Sich lang machen (c) Laurin Schmid

Sich strecken für eine verbesserte Atmung (c) Laurin Schmid

Hauptziel dieser Übung ist es, den Rücken lang zu ziehen, sodass der sitzbedingten Kompression der Wirbelgelenke entgegengewirkt werden kann. Je ausdehnungsfähiger der Brustkorb ist, desto besser funktioniert die Dekompression beim Atmen. Jedes Einatmen wirkt dann wie eine kleine Massage für unsere Bandscheiben.

Man setzt dich an die Kante eines Stuhls, drückt die Knie zusammen, um damit das Becken zu fixieren und streckt die Arme mit ausgespreitzten Fingern nach oben außen. Dabei sollte man darauf achten, dass die Schultern möglichst weit weg von den Ohren bleiben. Nun atmet man tief durch die Nase in den Brustkorb ein, sodass sich dieser in alle Richtungen ausdehnt und angehoben wird. Beim anschließenden Ausatmen durch den Mund versucht man den Brustkorb oben zu lassen und dafür den Bauch fest anzuspannen. ­(Insgesamt zehn Atemzüge)

Hüftbeuger-Stretch

Hüftbeuger-Stretch (c) Laurin Schmid

Aktivierung der Gesäßmuskulatur durch den Hüftbeuger-Stretch (c) Laurin Schmid

Ziel dieser Übung ist es, die durchs ­Sitzen häufig verspannte Hüftbeugemuskulatur zu dehnen und die „plattgesessene“ Gesäßmuskulatur zu aktivieren.

Für diese Übung stellt man sich einige Zentimeter vor einen Stuhl, platziert einen Fuß auf der Sitzfläche und streckt den gegenüberliegenden Arm nach oben. Dann senkt man das hintere Bein langsam soweit ab, bis man eine Dehnung im vorderen Oberschenkel dieses Beines spürt. Man sollte dabei darauf achten, dass der Oberkörper gerade nach oben gestreckt ist, nicht nach hinten gelehnt und die Gesäßmuskulatur aktiv angespannt wird. (Die Dehnung sollte man auf ­jeder Seite etwa 20 Sekunden lang halten)

Armgleiten an der Wand

Armgleiten an der Wand (c) Laurin Schmid

Arme an der Wand auf- und abgleiten lassen (c) Laurin Schmid

Ziel dieser Übung ist es, die Muskeln des oberen Rückens zu kräftigen, während die Brustmuskulatur und der Latissimus (großer Rückenmuskel) gestretcht werden.

Man stellt sich mit dem Rücken gegen eine Wand. Die Füße stehen circa eine Fußlänge vor der Wand entfernt, wobei der ganze Rücken Kontakt zur Wand besitzt. Nun nimmt man die Arme in eine W-Position, sodass Handrücken und Ellenbogen die Wand berühren. Dann streckt man die Arme nach oben außen und versucht dabei möglichst den Kontakt der Hände, Ellenbogen und des kompletten Rückens zur Wand beizubehalten. (Zehn Wiederholungen)

Vorbeuge

Vorbeuge (c) Laurin Schmid

Stärkung der gesamten Rückseite durch Vorbeugen (c) Laurin Schmid

Ziel dieser Übung ist es, die komplette Rückseite des Körpers in einem langgezogenen Zustand zu kräftigen. Insbesondere die aktive Dehnung der hinteren Oberschenkel sowie die Kräftigung der Muskeln des oberen Rückens sind hierbei wichtig, um die Sitzhaltung zu verbessern.

Dafür stellt man sich circa einen halben Meter in hüftbreiter Stellung vor eine Wand. Nun schiebt man das Gesäß soweit wie möglich nach hinten, während sich der Oberkörper mit nach vorne gestreckten Armen absenkt. Die Knie bleiben fast gestreckt und die Handflächen werden soweit wie möglich in Richtung Decke aufgedreht. Dabei soll man sich nur soweit nach vorne lehnen, dass man noch einen geraden Rücken halten kann und außerdem darauf achten, dass man nicht zu weit ins Hohlkreuz fällt. (Diese Position sollte man etwa 20 Sekunden halten)

Schulterkreisen

Schulterkreise (c) Laurin Schmid

Schulterkreisen, um die Nackenmuskulatur zu entlasten (c) Laurin Schmid

Ziel dieser Übung ist es, die Beweglichkeit der Schultern zu verbessern und ­insbesondere die Muskeln, die die Schultern nach hinten unten ziehen, zu kräftigen, um somit die Nackenmuskeln zu entlasten.

Man setzt sich aufrecht auf einen Stuhl, positioniert eine Hand auf dem Brustkorb und die andere auf der Schulter des gleichen Armes. Nun kreist man die Schulter gegen den Uhrzeigersinn, sodass man sie leicht nach vorne und oben und dann soweit wie möglich nach hinten und nach unten bewegt. Dabei sollte man darauf achten, den Brustkorb nicht nach vorne zu schieben. (Zehn ­Wiederholungen pro Seite)

Lesen Sie hier Teil 2 unserer Miniserie: Rahmin Waraghai im Interview.

 

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe Haltung – Das Gute kommunizieren. Das Heft können Sie hier bestellen.

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