Elf Erfolgsfaktoren für eine integrierte Markenführung

Marken-Stakeholder-Alignment

Marke und Anspruch sind eng miteinander verbunden. Marken vermitteln Versprechen, die von Mitarbeitern, Kunden und der Öffentlichkeit wahr- und in Anspruch genommen werden. Kümmert sich ein Unternehmen zu wenig um die Bedürfnisse seiner Anspruchsgruppen, leidet die Reputation. Wird einer Marke kein Vertrauen entgegengebracht, kann das Unternehmen bei seinen unterschiedlichen Stakeholdern keinen dauerhaften Erfolg haben. Es verliert seine license to operate. Insbesondere in Zeiten schwindenden Vertrauens wird eine verantwortungsvolle Unternehmensführung – durch eine reputationsstarke Marke ausgedrückt – gesellschaftlich notwendiger und zu einem Wettbewerbsvorteil. Damit rückt das Beziehungsmanagement zwischen Anspruch und Marke stärker in den Fokus unternehmerischen Handelns. 

Beide Aspekte sind allerdings konzeptionell und in der praktischen Umsetzung noch nicht ausreichend aufeinander abgestimmt. Das Marken-Stakeholder-Alignment beschreibt deshalb einen Ansatz, der das Markenkonzept mit dem Stakeholder-Gedanken verbindet und benennt Erfolgsfaktoren für eine integrierte Markenführung, mit denen sich die einheitliche Markenwahrnehmung gegenüber unterschiedlichen Stakeholdern erzielen lässt. 

Beim Marken-Stakeholder-Alignment handelt es sich um ein Modell, das den Weg der Marke von ihrer internen Festlegung als Markenidentität bis hin zur Wahrnehmung bei den einzelnen Interessengruppen beschreibt. Dadurch lassen sich Einflussmöglichkeiten für eine Abstimmung der Markenwahrnehmung bei den unterschiedlichen Stakeholdern ableiten. Mit Hilfe des Modells können spezifische Erfolgsfaktoren für die Markenführung benannt werden, um die von den unterschiedlichen Stakeholdern wahrgenommene Marke in Übereinstimmung mit der vom Unternehmen gewünschten Markenidentität zu bringen. Dazu werden die inhaltliche und strukturelle Ebene sowie die damit einhergehenden Prozesse und die zugehörige Markenkommunikation betrachtet. 

Die übergreifende Steuerung des Marken-Stakeholder-Alignments führt zu einem integrierten Ansatz der Markenführung. Das sichert einen effizient Ressourceneinsatz, ermöglicht der Marke ihre Orientierungsfunktion mit kanalübergreifenden und passenden Inhalten, die am Ende die unterschiedlichen Anspruchsgruppen erreichen. Diese Herkulesaufgabe kann nur gemeinsam mit allen an der Markenwahrnehmung beteiligten Unternehmensbereichen – allen voran Kommunikation und Marketing – gelöst werden. 

Elf Erfolgsfaktoren führen zu einer integrierten Markenführung gegenüber unterschiedlichen Stakeholdern:

Inhaltliche Erfolgsfaktoren

  1. Markenidentität: Je klarer und präziser die Marken-Identität eines Unternehmens formuliert ist, umso leichter ist ihre Vermittlung. Die Auswahl eines geeigneten Markenmodells für die Festlegung der Markenidentität ist dabei wesentlich.
  2. Stakeholder-spezifische Markenversprechen: Das Markennutzenversprechen transportiert den Kern der Marke. Um die Ansprüche der Stakeholder aufzugreifen, lassen sich daraus Stakeholder-spezifische Markenversprechen ableiten, die Markenkern und Interesse der Anspruchsgruppe verbinden. 

Strukturelle Erfolgsfaktoren

  1. Strategische Gremien: An der Vermittlung Marken-spezifischer Inhalte sind zahlreiche Organisationseinheiten im Unternehmen beteiligt. Sie strukturell in einem strategischen Gremium zu bündeln, erleichtert übergreifende Abstimmungen. Entscheidend ist, dass diese Strukturen für ihre Governance-Funktion mandatiert sind und auf Managementebene geleitet werden.
  2. Operative Organisationsebene: Werden Marken-relevante Inhalte operativ umgesetzt, ist die Gefahr von “Stille-Post-Effekten” vorhanden, insbesondere, wenn die Markenführungseinheit auf den Kontaktpunkt zwischen Marke und Stakeholder keinen direkten Einfluss nehmen kann. Hier können in den jeweiligen Marken-relevanten Organisationseinheiten “Marken-CvDs” etabliert werden, die Marken- und Fachwissen vereinen und die Kontaktstellen zu den Anspruchsgruppen Marken-gerecht ausgestalten.

Prozessuale Erfolgsfaktoren

  1. Übergreifende Steuerung: Markenführung muss als gesamthafter Managementprozess verstanden werden, der Inhalt, Struktur, Prozess und Kommunikation aufeinander abstimmt, um die Wahrnehmung und das Erleben der Marke bei ihren Anspruchsgruppen übergreifend zu steuern. Dazu gehört auch, die Markenwahrnehmung bei den Stakeholdern zu erfassen und wieder ins Unternehmen zurückzuspielen.
  2. Marken-Stakeholder-Kontaktpunkte: Die Erfassung aller Marken-Stakeholder-Kontaktpunkte ermöglicht die gezielte Marken-gerechte Ausgestaltung der Kontaktpunkte und ihre systematische Nutzung für Marken-Content gegenüber unterschiedlichen Stakeholdern.

Kommunikative Erfolgsfaktoren

  1. Vermittlung als zentrale Aufgabe: Die interne und externe Vermittlung der Marken-Identität ist eine entscheidende Aufgabe bei der Kommunikation mit den Anspruchsgruppen. Erfolgsversprechend ist dabei die Kombination aus übergeordnetem Markenversprechen und einer auf die Interessen der jeweiligen Stakeholder eingehenden Kommunikation.
  2. Dialog-Orientierung: Eine auf Dialog ausgerichtete Kommunikation gewährleistet einen ständigen Austausch mit den Unternehmenszielgruppen. Dadurch nimmt die Kommunikation eine Ausgleichsfunktion zwischen Markenidentität und Ansprüchen der Stakeholder-Gruppen wahr und liefert die Outside-In-Perspektive durch gezielte Bündelung der Erkenntnisse aus dem Dialog mit Stakeholder-Gruppen. 

Stakeholder

  1. Stakeholder-Dynamisierung: Die Verschiedenheit von Stakeholder-Interessen, ihre Dynamik und die gegenseitigen Wechselbeziehungen zwischen ihnen stellen Unternehmen und Markenmanagement vor Herausforderungen. Allerdings ergeben sich bei bewusster Nutzung auch Chancen. Denn durch die Vernetzung und Beeinflussung der Anspruchsgruppen untereinander können Verstärkungseffekte entstehen. Je gezielter Kommunikation auf die jeweiligen Interessen von Anspruchsgruppen eingeht, umso eher lassen sich positive Möglichkeiten für Marke und Unternehmen gestalten.
  2. Mitarbeiter: Mitarbeiter haben eine besondere Rolle im Rahmen des Marken-Stakeholder-Alignments. Sie sind Anspruchsgruppe des Unternehmens und wirken zugleich mit, die Marke anderen Stakeholder-Gruppen zu vermitteln. Eine differenzierte Ansprache und Einbindung der Mitarbeiter im Rahmen ihrer Mehrfach-Rolle können die jeweiligen Mitarbeitergruppen befähigen, ihre Rolle im Kontext der Marke erfolgsversprechend wahrzunehmen.
  3. CEO: Als Gesicht des Unternehmens und oberster Träger der Marke bietet der CEO auch im Marken-Zusammenhang Chancen. Er besitzt nicht nur Marken-Vorbildfunktion und mandatiert die Markenführung. Er übt weitreichenden Einfluss auf den Stellenwert der Marke innerhalb des Unternehmens und auf die Beziehungsebene zu den Stakeholdern aus.

Die elf Erfolgsfaktoren auf einen Blick(c) Steffen Reich

Die elf Erfolgsfaktoren auf einen Blick (c) Steffen Reich

Die konzertierte Berücksichtigung der Faktoren führt zu einer Harmonisierung zwischen beiden Konzepten. Allerdings hat die Bedienung der Ansprüche durch die Marke Grenzen. Denn der Versuch, “es allen recht zu machen”, ist auch für eine Marke nicht sinnvoll, da damit die Identität im Extremfall bis zur Unkenntlichkeit verschwimmt und das Markenbild diffundiert. Deshalb ist eine klare Markenidentität eine entscheidende Voraussetzung, in einem unübersichtlichen Netzwerk aus Anspruchsgruppen wie gewünscht wahrgenommen zu werden. 

Die Einbindung des Stakeholder-Gedankens in das Markenmanagement bereichert, weil es der markenzentrierten Sichtweise die eigentlichen Empfänger der Bemühungen  gegenüberstellt. Denn jegliches Bestreben der Markenführung muss ins Leere gehen, trifft sie nicht auf Resonanz in der Anspruchsgruppe. Daher ist die Verbindung beider Konstrukte mehr als sinnvoll. Sie ist sogar notwendig, um nachhaltigen Markenerfolg zu erzielen. Sie ist aber auch vielversprechend, weil beide – Marke und Stakeholder – dauerhaft bestehen und dem Unternehmen strategische Ausrichtung und operative Orientierung geben.

 

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