Ein Thema – vier Perspektiven: Claudia Mast

Claudia Mast von der Uni Hohenheim fordert eine Haltung der Redaktionen:

“Langsam erkennen wir, wie nachhaltig und revolutionär der Medienwandel wirklich ist. Es geht um mehr als nur bedrucktes Papier. Es geht darum, wie die Menschen künftig kommunizieren und sich informieren. Die entscheidende Frage ist: welche Rolle spielen dann noch die klassischen linearen und analogen Medien – allen voran Print? Denn diese Medien – Presse, Radio und Fernsehen – zwingen ihre Nutzer in festgelegte Angebotsstrukturen. Sie müssen sich daran gewöhnen, dass immer mehr Menschen im digitalen Zeitalter ihre Freiheit nutzen.

Sind die linearen Medien bereit und in der Lage, die inhaltlichen Angebote auf die Lebenswirklichkeit ihrer Kunden auszurichten? Viele Redaktionen erkennen die Kluft zu ihren Nutzern meist erst dann, wenn diese abwandern. Die publizistische Zukunft der Medien liegt nah an Wünschen, Sorgen und Nöten, aber auch Zeitnot, Stress oder Unsicherheit der Menschen. Schließlich müssen die Nutzer bereit sein, auch künftig für Medien zu „bezahlen“ – ob mit Geld, Daten oder Aufmerksamkeit.

Wenn nun die klassischen Medien ihrem Publikum auf den digitalen Wegen folgen und z. B. eine Tageszeitung nicht mehr (nur) auf gedrucktem Papier erscheint, ist dies eine richtige Konsequenz. Allerdings: es kommt künftig mehr denn je auf die Einstellung der Redaktionen an, die Mediennutzer ernst zu nehmen und ihnen Wertschätzung entgegen zu bringen.

Die Zukunft gewinnt, wer Nutzer systematisch einbindet und publizistische Leistungen nah an deren Lebensbefindlichkeit formatiert. Auf welchen Medienkanälen diese Angebote gespielt werden, ist dann nachrangig. Gedruckte Medien wird es dann weiterhin geben, auch wenn Online-Medien – in crossmedialer Verbindung mit elektronischen und Print-Kanälen – weiter zunehmen.”

 

Zur Person

Prof. Dr. Claudia Mast (c) Privat

Universitätsprofessorin Claudia Mast leitet das Fachgebiet Kommunikationswissenschaft und Journalistik der Universität Hohenheim (Stuttgart).

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe Mittelstandskommunikation. Das Heft können Sie hier bestellen.

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