Digitale Reputation ist nicht käuflich

Dass Werbebotschaften und manipulierte Beiträge bei Wikipedia nicht gut ankommen, hat sich längst herumgesprochen. Doch ein aktueller Fall macht deutlich, wie brisant es ist, Änderungen in der Wikipedia vorzunehmen. Die Online-Enzyklopädie geht rigoros gegen unerlaubte Mehrfach-Accounts von Agenturen vor. Laut Wikimedia-Direktorin Sue Gardner soll es mehrere hundert dieser Profile geben, die Wikipedia-Artikel gegen Bezahlung verfassen. Wikimedia zeigt mit den Sperrungen, dass Regelverstöße nicht ohne Konsequenzen bleiben.

Nicht radikal ändern

Am besten sofort und radikal Wikipedia-Beiträge ändern, das wäre ganz im Sinne vieler Unternehmen. Das führt dazu, dass entsprechende Agenturen beauftragt werden. So einfach können Wikipedia-Artikel jedoch nicht geändert werden. Will jemand einem Unternehmen schaden, ist der Artikel vor allem bei bekannten Marken oft bereits nach kurzer Zeit wieder „zurückkorrigiert“. Es empfiehlt sich daher, behutsam vorzugehen und nicht die eigene Reputation zu riskieren. Jede Änderung sollte belegbar sein und sachlich dargelegt werden. Dann hat man gute Chancen mit den eigenen Korrekturwünschen.

Mitunter kann sogar der Imageschaden durch die Änderung schwerer sein als der eigentliche Eintrag. Zudem ist der langfristige Erfolg von Hauruck-Aktionen eher zweifelhaft. Gleiches gilt für das gezielte (juristische) Vorgehen gegen Falschinformationen auf Wikipedia, denn häufig ist auch hierbei der Imageschaden größer.

Offene Kommunikation

Falls Unternehmen doch Änderungen vornehmen, sollten sie offen kommunizieren, welche Fakten geändert werden und warum – idealerweise unter Klarnamen. Dabei sollten sie sachlich bleiben und keine werblichen Botschaften unterbringen wollen, sondern das öffentliche Interesse in den Fokus stellen. Auf Agenturen, die schöne Wikipedia-Beiträge versprechen, sollten sie lieber verzichten.

Falls eine Marke häufiger ein Problem mit Änderungen in der Wikipedia hat, ist es empfehlenswert, ein Netzwerk unter den aktiven Wikipedianern aufzubauen. Auf Wikipedia-Stammtischen kann man den Kontakt zu Administratoren und Autoren suchen. Indem Unternehmen etablierte Autoren ausführlich, nachhaltig und regelmäßig mit Informationen versorgen und den offenen Dialog pflegen, können sie sich Glaubwürdigkeit aufbauen.

Setzen Sie auf Reputation

Kommt es zur Krise, können Unternehmen auf diese gut vernetzten Autoren setzen. Sie können sie aktivieren, um Falschinformationen wieder geradezurücken. Dabei gilt: Ein Autor erhält mehr Anerkennung von der Netzgemeinde, je mehr er sich mit Expertenwissen zu einem Thema profiliert. Zusätzlich sollte er glaubhaft und unabhängig agieren. Wer auffällig „pro Unternehmen“ schreibt, kann leicht in den Verdacht geraten, für seine Beiträge bezahlt worden zu sein.

Ausdauer lohnt sich

Wer als Unternehmen vorausschauend agiert und frühzeitig den Kontakt zu Wikipedia-Autoren sucht, hat die Chance, sich bei diesen als verlässlicher Partner zu präsentieren. Taucht bei Wikipedia ein fehlerhafter Eintrag auf, kann dieser Vorsprung entscheidend sein, um die sachlich korrekte Darstellung eines Unternehmens in der Öffentlichkeit zu erhalten.

Es lohnt sich also, offen mit den Wikipedianern in den Dialog zu treten. Freunde und eine digitale Reputation kann sich schließlich niemand einfach so kaufen.  

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe Interkulturelle Kommunikation. Das Heft können Sie hier bestellen.

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