Digitale Herzensspenden

Dpok – von den Besten lernen

Erstmals wurde der Deutsche Preis für Onlinekommunikation in diesem Jahr auch in Branchen verliehen. Im Zweig „Gesundheitswesen“ ging die Auszeichnung in Gold an das Haus der Barmherzigkeit, einer gemeinnützigen Organisation für die Langzeitbetreuung schwer pflegebedürftiger Menschen mit Einrichtungen in Wien und Niederösterreich. Gemeinsam mit der Agentur Die Goldkinder und der Werbeagentur Wien Nord haben sie die Social-Media-Kampagne #LebenistErleben entwickelt und umgesetzt. Kommunikationsverantwortlicher Christian Zwittnig erläutert die Hintergründe.

Können Sie kurz Ihre Kampagne beschreiben?

Angesichts knapper öffentlicher Budgets werden immer wieder kritische Stimmen zur Verfassung des Pflegesystems laut. Um das öffentliche Vertrauen in diesem Bereich zu stärken, hat das Haus der Barmherzigkeit eine interaktive Social-Media-Kampagne umgesetzt. Dabei wurde ausschließlich mit echten Bewohnern und Mitarbeitern gearbeitet, die einen authentischen Blick in den Pflegebereich gewähren. Wir zeigen so, dass gute Betreuung auch im fortgeschrittenen Alter, bei chronischen Erkrankungen und mit schwerer Behinderung ein hohes Maß an Lebensqualität und Selbstbestimmung ermöglichen kann.

Was hat Sie auf die Idee für Ihre Kampagne gebracht?

Lebensfreude entsteht, wenn der Alltag reich an Erlebnissen ist. Dazu zählt auch, Vorlieben auszuleben und Interessen nachzugehen. Lediglich die Möglichkeiten und Arten des Erlebens verändern sich, zum Beispiel durch Krankheit oder fortgeschrittenem Alter. Um diesen Umstand zu verdeutlichen, haben wir unsere Einrichtungen im Zuge der Kampagne #LebenIstErleben medial geöffnet und so der breiten Öffentlichkeit einen Blick hinter die Kulissen ermöglicht.

Was ist aus Ihrer Sicht das Besondere daran?

Damit eine unmittelbare mediale Teilhabe gelingen konnte, haben wir uns des Konzepts des „passiven“ Erlebens bedient, das der Generation Youtube und Instagram als Sharing mit der Community bestens vertraut ist. Dafür haben wir mit einigen ausgewählten Bewohnern ein Kurzvideo produziert, im Zuge dessen sie sich selbst und ihr Lieblingsinteresse vorgestellt haben. Die Palette der Interessen reichte dabei von Reisen, Kochen und Fußball bis hin zu schnellen Autos und Hunden. Jedes Video endet mit einem Aufruf an Gleichgesinnte, Fotos und Videos zum jeweiligen Thema online zu teilen – und so die Person in einer unserer Einrichtungen am eigenen Leben teilhaben zu lassen. Diese digitalen „Herzensspenden“ sollten eine emotionale Brücke von und zu der Welt der Bewohner schlagen. Als Plattform für diesen Austausch dienten die bestehenden unternehmenseigenen Social-Media-Kanäle auf Facebook, Instagram und Youtube.

Was hat Ihre Kampagne bisher bewirken können?

Es dauerte nicht lang, bis Organisationen wie der Verkehrsclub ÖAMTC, der Fußballverein SK Rapid Wien und Vertreter der Politik, darunter Bundeskanzler Sebastian Kurz, die Aktion für sich entdeckten und daran teilnahmen. In einigen Fällen wurden unsere Protagonisten zu Ausflügen eingeladen: So lernte etwa Reini seine Stars im Zuge eines Besuchs beim SK Rapid persönlich kennen und durfte ihnen beim Training zusehen. Emre driftete an der Seite eines professionellen ÖAMTC-Fahrers einen Nachmittag lang über einen Rundkurs auf einem Testgelände. Zudem wurden im Kampagnenzeitraum über 4,5 Millionen Impressions und fast 500.000 Video-Views auf Facebook generiert sowie über 9.000 Interaktionen (Likes, Comments, Shares) verzeichnet.

 

Ein Protagonist der Kampagne ist Reini, dessen große Leidenschaft der Fußball ist. Seine Lieblingsmannschaft SK Rapid Wien reagierte auf die Kampagne und lud Reini zu einem Besuch ein.

Würden Sie alles noch einmal genauso machen?

Die anfängliche Skepsis, ob ein so unbequemes Thema wie Pflege und Betreuung in den neuen Medien und jungen Zielgruppen überhaupt funktionieren kann, hat sich bereits kurz nach dem Start gelegt. Bald hat sich gezeigt, dass das Thema im digitalen Raum sehr positiv aufgenommen wird, Resonanz erzeugt und Beiträge von Nutzern eingereicht werden. Ebenso schnell hat sich aber auch gezeigt, dass ein derartiges Projekt – insbesondere nach viralen Wachstumsschüben – einen enormen organisatorischen Aufwand mit sich bringt. Dennoch sehen wir die Kampagne #LebenIstErleben als ausgesprochenen Erfolg an, auch weil wir sie ohne effekthascherischen Ansatz umgesetzt haben. Dadurch war es möglich, ein schwieriges und tabubehaftetes Thema mit „echten Menschen“ zu transportieren, ohne ihre Würde in medialen Darstellungen anzutasten.