"Die Gegner des Rundfunkbeitrags sind verstummt"

Breite Akzeptanz

Monat für Monat kostet er uns 17,50 Euro: der öffentlich-rechtliche Rundfunk. Politikern der AfD ist er ein Dorn im Auge. Aber auch viele Bürger schimpfen auf die “Zwangsabgabe”. Doch die Beitragsgegner werden weniger. Im Interview mit pressesprecher.com erklärt Goran Goić (49), Leiter der Unternehmenskommunikation des Beitragsservice, worin die Herausforderungen bei der Kommunikation des Rundfunkbeitrags liegen und wie seine Mitarbeiter mit Anfeindungen umgehen.

 

Die GEZ hatte ein schlechtes Image. Nun heißen Sie seit 2013 Beitragsservice. Hat sich durch die Umbenennung etwas in der Kommunikation geändert?

Die Kommunikationsaufgaben zum Rundfunkbeitrag haben seit dessen Einführung bis einschließlich 2017 die Rundfunkanstalten selbst wahrgenommen. Es gab Beitragskommunikationsteams beim SWR und WDR. Sie waren in einer Doppelrolle unterwegs. Sie mussten zu den Regelungen des noch jungen Rundfunkbeitrags kommunizieren, die aus der Umstellung des Finanzierungsmodells von der geräteabhängigen Gebühr zum wohnungsbezogenen Beitrag resultierten. Da wurde kommunikativ ein riesiges Rad gedreht. Sie haben aber auch Legitimationskommunikation für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk damit verbunden. Sie haben argumentiert, warum es sich lohnt, einen Rundfunkbeitrag zu zahlen, und warum es wichtig ist, einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland zu haben.

Diese Arbeit haben sie fast vier Jahre lang gemacht. In dieser Zeit haben sich das Finanzierungsmodell und auch der Beitragsservice weitgehend etabliert. So hat der Verwaltungsrat des Beitragsservice beschlossen, die Kommunikationsaufgaben zum Rundfunkbeitrag an den Beitragsservice zu übertragen. Daher gibt es seit Anfang 2018 eine eigene Kommunikationsabteilung beim Beitragsservice, die ich seit April 2018 leite.

Was bedeutet das für die Kommunikation des Beitrags?

Die Kommunikation hat sich seitdem insoweit geändert, als dass es eine klare Aufgabenteilung zwischen dem Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio auf der einen und den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten auf der anderen Seite gibt. Und diese Teilung sieht so aus, dass der Beitragsservice ausschließlich zu den Regelungen des Rundfunkbeitrags und zu den Serviceleistungen im Beitragseinzug kommuniziert. Alle darüber hinaus gehenden Legitimationsthemen sind bei den Rundfunkanstalten selbst angesiedelt.

Ganz konkret bedeutet das, der Beitragsservice macht in seiner Kommunikation zum Beispiel klar, wie hoch der Rundfunkbeitrag ist, wann er fällig ist, welche Regelungen gelten, welche Möglichkeiten der Befreiung und Ermäßigung es gibt. Was muss man bei einer Neben- oder Ferienwohnung beachten? Wie verhält es sich bei Wohngemeinschaften? Was sollten Studierende wissen? Welche Servicemöglichkeiten stehen zur Verfügung: online, schriftlich, telefonisch?

Was der Beitragsservice an der Stelle nicht macht, ist, für das zu werben, was auf der Habenseite des Rundfunkbeitrags steht – welche Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zur Verfügung stehen. Das ist Aufgabe der Rundfunkanstalten.

Was sind die größten kommunikativen Herausforderungen, denen Sie gegenüberstehen?

Auch wenn sich die Regelungen zum Rundfunkbeitrag auf einen simplen Satz reduzieren lassen, nämlich „Eine Wohnung, ein Beitrag“, ist diese Thematik hinter den Kulissen doch recht kompliziert. Sie dann verständlich zu machen bzw. zu erklären, wer beitragspflichtig ist, wer unter Umständen nicht, für wen spezielle Regelungen gelten und was dabei beachtet werden muss, ist die größte Herausforderung in der Beitragskommunikation. Zum anderen gibt es in diesem Konstrukt immer wieder Anpassungen. Es ist nicht nur so, dass sich die Beitragshöhe von Zeit zu Zeit ändert. Auch die gesetzlichen Rahmenbedingungen ändern sich.

Dann ist es für unsere Kommunikationsarbeit eine Herausforderung, auch fünf Jahre nach der Systemumstellung klarzumachen, dass es keine Rundfunkgebühr mehr gibt. Dass es unerheblich ist, ob man einen Radioempfänger oder ein Fernsehgerät besitzt oder nicht. Und dass auch die GEZ mit ihrem berühmt-berüchtigten Außendienst schon lange nicht mehr existiert.

Haben Sie das Gefühl, dass sich das Image des Beitrags seit der Umbenennung verbessert hat?

Handfeste Zahlen dazu gibt es nicht. Dass sich das System nach einem kommunikationsintensiven Start, zu dem es viele offen Fragen zu klären gab, inzwischen etabliert hat und vom Gros der Bevölkerung akzeptiert wird, registrieren wir allerdings indirekt: Mit dem weit überwiegenden Teil der Beitragszahlenden haben wir keine Korrespondenz beziehungsweise keinen Kontakt – und bekommen auch keine Kritik. Sicher können auch darunter Menschen sein, die nur mit der Faust in der Tasche zahlen, aber das ist bei öffentlichen Abgaben letztlich oftmals der Fall.

Dass sich im Vergleich zur ehemaligen GEZ positiv etwas ändert, sehen wir auch daran, dass die Zahl der Maßnahmen im Forderungsmanagement des Beitragsservice seit Jahren sinkt. Das heißt, wir haben hier einen deutlichen Trend hin zu einer weitgehend pünktlichen und regelmäßigen Zahlung des Rundfunkbeitrags. Ganz konkret hatten wir 2018 gerade einmal 3,5 Millionen Beitragskonten, die sich zum 31. Dezember entweder in einer Mahnstufe oder in Vollstreckung befunden haben. Gemessen an der Gesamtheit der Beitragskonten von fast 46 Millionen sind das gerade einmal 7,6 Prozent. Daraus darf man jedoch nicht den Schluss ziehen, dass diese Kontoinhaber gegen den Beitrag sind.

Wieso nicht?

Jedes Jahr bringt das Inkassounternehmen Creditreform einen bundesweiten Schuldneratlas heraus. Aus diesem geht hervor, dass etwa zehn Prozent der deutschen Haushalte dauerhaft Schwierigkeiten haben, ihre Verbindlichkeiten zu bedienen. Mit unseren 7,6 Prozent liegen wir deutlich darunter. Diese rückläufige Entwicklung im Forderungsmanagement ist für uns ein Indiz dafür, dass sich der Rundfunkbeitrag und die Beitragspflicht in Deutschland weitgehend etabliert haben.

Dass sich der Rundfunkbeitrag rechtlich absolut gefestigt hat, zuletzt durch das höchstrichterliche Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juli 2018, hat dazu beigetragen, dass es um eine ohnehin überschaubare Beitragsgegnerszene in Deutschland inzwischen recht still geworden ist. Vielleicht auch, weil sie begriffen hat, dass sie mit ihren öffentlichen Attacken gegen den Rundfunkbeitrag und den Beitragsservice juristisch nichts mehr bewirken kann. Die einzige Möglichkeit, etwas an dem System zu ändern, ist, sich politisch dafür einzusetzen. Das ist auch mittlerweile in der Szene angekommen. Das wissen wir aufgrund unseres regelmäßigen und engmaschigen Monitorings der einschlägigen Medien, auch der sozialen Netzwerke.

Sie haben eben erwähnt, dass Zahlungen bei 3,5 Millionen Konten überfällig sind. Nun gibt es auch Menschen, die den Beitrag nicht zahlen, weil sie es nicht können, sondern weil sie es nicht wollen. Anfang 2016 war die Thüringerin Sieglinde Baumert 61 Tage in Haft, weil sie keine Beiträge gezahlt hatte. Schaden solche drastischen Maßnahmen nicht der Kommunikation des Beitrags?

Zunächst einmal muss niemand wegen eines nicht entrichteten Rundfunkbeitrags ins Gefängnis. Das unterstreiche ich doppelt und dreifach. Wenn jemand seinen Rundfunkbeitrag nicht zahlen kann und das auch nachweisen kann, auch den Vollstreckungsorganen gegenüber, zum Beispiel, indem er eine Vermögensauskunft abgibt, dann muss er deswegen nicht hinter Gitter.

Wenn jemand bewusst gegen das Gesetz verstößt, dann frage ich: Was ist daran verwerflich, diese Personen der Gerechtigkeit, also dem Rechtsstaat zuzuführen? Was würde der Staat tun, wenn jemand bewusst Steuern hinterziehen oder eine Abgabe bewusst und absichtlich nicht entrichten würde? Sie verstehen die Analogie.

Das Gleiche gilt im Fall von Frau Baumert. Sie hätte nicht ins Gefängnis gehen müssen. Sie hat in dem Fall nicht den Beitrag, sondern eine Vermögensauskunft verweigert. Deswegen haben die Vollstreckungsorgane im Rahmen ihrer gesetzlichen Verpflichtung gehandelt und eine Haft angeordnet. Es liegt nicht in der Macht der Rundfunkanstalten, darüber zu entscheiden. Wenn wir als Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio feststellen, dass der Rundfunkbeitrag von einem Beitragskonto nicht gezahlt wurde und auch alle Maßnahmen im Forderungsmanagement fruchtlos geblieben sind, dann sind wir verpflichtet, auch im Sinne der Beitragsgerechtigkeit, diese Fälle an die Vollstreckungsorgane abzugeben. An dem Punkt sind wir aus dem Spiel.

Es gibt ja trotz allem Menschen, die sehr kritisch gegenüber dem Beitrag eingestellt sind. Sehen sich Ihre Mitarbeiter Anfeindungen ausgesetzt?

Natürlich kommt so etwas vor, vor allem auch – aber nicht nur – im Rahmen des telefonischen Services. Das ist etwas, worauf wir unsere Mitarbeiter einstellen. Sie werden intensiv und explizit für den telefonischen Kontakt geschult. Im Rahmen des Qualitätsmanagements im Beitragsservice werden immer wieder die Mitarbeiter für solche Situationen trainiert. Es wird stichprobenartig kontrolliert, ob diese Maßnahmen auch ihre Wirkung zeigen, ob die Mitarbeiter noch weitere Trainings brauchen, die sie in ihrem Umgang mit Beitragszahlenden am Telefon stützen und stärken. Insofern sorgen wir dafür, dass unsere Mitarbeiter für solche Situationen bestens gerüstet sind.

Wenn wir feststellen, dass der Beitragszahler in einem Telefonat die Sachebene massiv verlässt und auch nicht imstande ist, ein Gespräch zu Ende zu führen, sind unsere Mitarbeiter angehalten, das Telefonat nach freundlicher Ankündigung auch zu beenden. Eine Klärung des Sachverhalts ist dann einfach nicht mehr möglich.

Was hat Sie denn dazu bewogen, in die Unternehmenskommunikation des Beitragsservice zu gehen? Persönliche Überzeugung?

Erstens bin ich in der Tat ein großer Fan des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Ich war bis 1993 Redakteur beim öffentlich-rechtlichen Kroatischen Rundfunk in Split und Zagreb. Dann kam ich als Stipendiat nach Deutschland. Auch nach Ende meines Studiums in Deutschland war ich viele Jahre Redakteur bei der Deutschen Welle. Insofern bin ich aus tiefer Überzeugung ein Verfechter dieses Systems, auch und vor allem in Kenntnis seiner Entstehung und aufgrund seiner Bedeutung für Demokratie im Nachkriegsdeutschland.

Auf der anderen Seite ist das eine professionelle Herausforderung. Und dass es mir an Herausforderungen nie gemangelt hat, zeigt auch meine Biographie. Ich war unter anderem acht Jahre presseverantwortlich bei einem Versicherungsunternehmen, also in einer Branche, die genauso sehr um ihre Reputation kämpft. Kommunikativ sind das wunderschöne Aufgaben.

Haben Sie bisher immer regelmäßig Ihre Beiträge gezahlt oder es auch schon mal vergessen?

Zum Glück zahlt für unseren Haushalt meine Frau. Insofern brauche ich mich damit nicht mehr auseinanderzusetzen. Zuletzt musste ich das als Student. Ich hatte auch keine Chance, das zu vergessen. Dazu erzähle ich Ihnen eine Anekdote. In Münster Mitte der 90er Jahre habe ich mein Apartment in einem Studentenwohnheim bezogen. Ich war gerade dabei, meine Sachen auszupacken, als ein GEZ-Inkassator an meine Tür geklopft hat. Ich habe ihn freundlich hereingebeten, er hat meinen Radioempfänger gesehen und wir haben direkt eine Anmeldung vorgenommen. Mit dem Auszug aus dem Wohnheim und den Bezug des gemeinsamen Haushaltes mit meiner Frau hat sie den Beitrag bis heute immer gezahlt.

 

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