Der Genuss der Macht

Wer hätte das gedacht: Die Spieler des FC Bayern essen Gulasch im Flieger und spielen Schafskopf gegen die Langeweile, informierte „Focus Online“ 2008. Der Autor Moritz Rodach war ganz nah dran am spektakulären Lebensalltag der Kicker. Getreu dem Magazin-Motto „Fakten, Fakten, Fakten“ lieferte er den Lesern Insights, die auch dem späteren Focus-Credo „Relevanz, Relevanz, Relevanz“ standhalten konnten. Journalismus der raffinierten Art – schwingt doch kein Geringerer als der Tucholsky, nein der Novalis des deutschen Sportjournalismus hier die Edelfeder. So lautet jedenfalls die bescheidene Selbstbeschreibung von Moritz Rodach Anfang Oktober auf „newsroom.de“. Er veröffentliche wie einige große Literaten unter einem Pseudonym.

Im wahren Leben ist der subtile FC Bayern-Förderer Helmut Markwort, „Focus“-Gründer, und damaliger Chefredakteur des Magazins. Bis vor kurzem saß er im Aufsichtsrat des FC Bayern. Markwort, das ist nicht nur ein Nachname: Er habe politisches Gewicht, setzt er sich im Interview mit dem „BJV“-Verbandsmagazin selbst ein Denkmal. Als Aufsichtsratsmitglied saß er im Flieger oft neben den Jungs, löffelte sein Gulasch, und konnte später der „subjektiven Schwäche“ nicht widerstehen: Er musste sich die FC Bayern-Fakten von der Fan-Seele schreiben, für die Online-Kollegen. Ansonsten bemühe er sich „grundsätzlich“, ein „objektiver Journalist“ zu sein. Eine schöne Art, Berufsethos zu leben. Davon kann sich die PR einiges abschauen: grundsätzlich authentisch, grundsätzlich glaubwürdig. Das reicht aus, der Rest fällt unter künstlerische Freiheit. ­Schließlich wusste schon Novalis: Ruh ist Göttern nur gegeben / Ihnen ziemt der Überfluss / Doch für uns ist Handeln Leben / Macht zu üben nur Genuss.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe Kommunikations-Controlling, Evaluation und Eigen-PR. Das Heft können Sie hier bestellen.

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