Change Kommunikation: Aus Annington wird Vonovia

PR im Immobilienbereich

Herr Markus, der Claim der Deutschen Annington, die jetzt Vonovia heißt, ist „Wohnen neu denken“. Wofür steht er?

Klaus Markus: Wir haben uns bei der Umfirmierung auf den Namen Vonovia reduziert, um klarzumachen, dass es nicht um uns, sondern um die Konzentration auf das Wesentliche, auf unsere Kunden, geht. „Wohnen neu denken“ ist also kein Claim, sondern vor allem unser internes Motto und soll genau diesen Wandel des Geschäftsmodells ausdrücken. Früher ging es ja eher um das Zuteilen und Verwalten von Wohnungen, da spielten Mieter keine zentrale Rolle. Heute denken wir anders und stellen den Kunden auch kommunikativ in den Mittelpunkt.

Kunde = Mieter?

Ja, das ist ein ungewohntes Wording für diese Branche und für uns eine wichtige Unterscheidung. In der Outsourcing-Phase unter Private Equity stand die kurzfristige Optimierung der Rendite im Vordergrund, heute betonen wir wieder die Nähe zu den Kunden. Die Kundenorientierung ist Bestandteil der Unternehmensziele, damit sind sogar finanzielle Anreize verbunden, wie in vielen anderen Dienstleistungsbranchen auch. Dabei mischen wir Zentralität mit Lokalität: Alles, was wir mit IT steuern können – die Wohnungsanfragen, Reparaturaufträge und so weiter – läuft bei uns zentral. Und unsere Kollegen vor Ort sind die direkten Ansprechpartner für unsere Kunden. Sie sind jeden Tag in unseren Siedlungen unterwegs.

Was ist denn für Sie ein kommunikativer KPI für Kundenzufriedenheit?

Der deutliche Rückgang der Beschwerden. Wir haben ein unabhängiges Institut beauftragt, das nach Servicefällen bei Kunden anruft und sie nach ihren Wünschen und Einschätzungen zur Qualität unserer Dienstleistungen befragt, zum Beispiel nach Reparaturen. Wir sind noch nicht am Ziel, werden aber immer besser.

Nutzen Sie Ihre Kunden auch als Protagonisten im Storytelling?

Natürlich kommen unsere Mieter in unserem Mitarbeitermagazin, unserer Kundenzeitschrift und unseren Social Media-Kanälen vor und zu Wort. Wir bringen aber auch Journalisten und Mieter zusammen. Dabei entstehen sehr authentische Geschichten, bei denen das Unternehmen eine eher untergeordnete Rolle spielt.

Ist die aktuelle Flüchtlingswelle ein Thema für Sie?

Natürlich. Anfang des Jahres haben wir das Thema noch zur Sprache gebracht, inzwischen wollen viele von uns dazu Aussagen haben. Vor allem geht es darum, das Thema anzugehen: Wir sprechen mit den Kommunen und der Landesregierung über unsere freien Wohnungen. Hier finden wir oft gemeinsam eine Lösung, immerhin wohnen schon mehrere tausend Flüchtlinge bei Vonovia. Wichtig ist aber auch, zu überlegen, wie wir günstig neue Wohnungen bauen können. Auch dazu tauschen wir uns auf verschiedenen Ebenen aus.

Nun wird aus der Annington Vonovia. Eine kommunikative Herausforderung?

Unbedingt. Der Namenswechsel beruht auf der Neuausrichtung des Unternehmens: Wir haben eine neue Strategie und den Börsengang hinter uns. Dazu noch einen Leitbildprozess, den es so vorher nicht gab – das war ein intensiver Prozess mit vielen Diskussionen. Die Fusion mit der Gagfah war Anlass, gemeinsam mit der neuen Marke aufzutreten. Wir haben also zuerst an unseren inneren Werten und der Reputation gearbeitet und sind dann erst neu in Erscheinung getreten. Wir haben nicht mit Camouflage eine neue Marke gebaut, sondern der Prozess hatte eine innere Logik.

“Aus Raider wird jetzt Twix? So ist es bei uns ja nicht!”

Fand der vor oder nach der Fusion statt?

Der Leitbild-Prozess hatte schon vorher begonnen und wir haben ihn danach noch einmal intensiv durchgemacht. Eine Fusion von Unternehmen und die damit verbundene Kommunikation ist ja immer eine große Herausforderung. Es wäre wenig hilfreich gewesen, der Gagfah einfach das Leitbild der Annington überzustülpen, das hätte nicht funktioniert. Ein solcher Prozess funktioniert nur partizipativ.

Was entgegnen Sie Kritikern, die denken, der neue Name solle nur vom Heuschrecken-Image ablenken?

Aus Raider wird jetzt Twix? So ist es bei uns ja nicht! Man muss wirklich klarmachen, was wann passierte: Als das Unternehmen von Private Equity-Firmen gegründet wurde mit der Leitung in England, wurde nicht so investiert, wie man sich das wünschen würde. Mit dem Börsengang und einem neuen Management kam auch eine andere Geschäftspolitik, da waren zwei Punkte wichtig: Die Wiedereinbindung outgesourcter Bereiche wie Kundenbetreuung und Handwerkerorganisation sowie eine andere Investitionspolitik. Heute arbeiten wir an der Kultur und investieren in unseren Bestand deutlich über dem Branchendurchschnitt. Wir haben mit allen relevanten Stakeholdern intensive Dialoge geführt, seien es Politik, Mietervereine oder Medien. Wir halten nicht damit hinter dem Berg, dass nicht immer alles gut gelaufen ist und sich das nicht von heute auf morgen ändern kann. Doch die Entwicklung von Leitbild, Werten, Vision und Mission tragen dazu bei, dass wir auch draußen anders wahrgenommen werden. Das zeigt auch unser Medien-Monitoring, das wir bei bestimmten Ereignissen wie Übernahmen oder DAX-Eintritt ad hoc, ansonsten aber quartalsweise machen, und bei dem wir die Menge der Berichte über uns aber vor allem die Tonalität und Themen tracken und evaluieren. Hier hat sich das Bild deutlich gedreht.

Welche Herausforderung ergibt sich für die Kommunikation im Spannungsfeld zwischen Mietern und Investoren?

Der reine Finanzmarkt wird bei uns von Investor Relation betreut, das ist eine eigene Abteilung. Der Rest, also interne und externe Unternehmenskommunikation, Branding, Vertriebsmarketing und Politik sind bei uns gebündelt. Dabei geht es auch darum, für das Geschäftsmodell eines börsennotierten Unternehmens zu werben. Wir wollen, dass Mieter merken, wie wir durch unsere Investitionen die Qualität der Wohnungen und unsere Siedlungen aufwerten, wie sich unser Service verbessert – aber all das ist ja zurückzuführen auf das Kapital, das man uns anvertraut. Wichtig ist uns, dass unsere Aktionäre heute langfristig orientiert sind. Da will niemand den schnellen Gewinn, sondern eine kontinuierliche, angemessene und risikoarme Rendite. Wie bieten bezahlbare Wohnungen – und keine Luxusapartments an irgendwelchen Hotspots.

Mehr Emotionen, mehr Nähe, mehr Dialog

Wie viele Mitarbeiter haben Sie in Ihrer Abteilung?

Wir sind ein kleines, aber schlagkräftiges Team von 14 Kollegen, inklusive Vertriebsmarketing. Und haben gemeinsam schon in kurzer Zeit einen langen Weg zurückgelegt aus der Private Equity heraus in den S-DAX, ein Jahr später in den M-DAX und jetzt der Aufstieg in den DAX 30. Das ist schön, weil es für die Branche die Sichtbarkeit eines volkswirtschaftlich wichtigen Sektors erhöht.

Welches sind Ihre nächsten Schritte?

Wir werden weiter erklären, wie das Geschäftsmodell funktioniert und den Stakeholder-Dialog intensivieren. Anfang nächsten Jahres wird auch die Kundenkommunikation auf Vonovia umgestellt und weiter mit Leben gefüllt. Der Relaunch der Webseite ist gerade fertig geworden, es folgen jetzt nach und nach Kundenmagazin, Mitarbeiterzeitung und Intranet. Dabei gibt es aber nicht einfach darum, überall ein neues Logo draufzusetzen, sondern um eine ganz andere Ansprache: Mehr Emotionen, mehr Nähe, mehr Dialog. Wir suchen das Gespräch auf allen Kanälen. Das ist und bleibt der beste Weg in der Kommunikation.

Welche Rolle werden die sozialen Medien dabei haben?

Eine immer wichtiger werdende. Das gilt für den Austausch über unternehmensnahe Themen im Netz aber auch für die direkte Kommunikation mit unseren Kunden.

Worauf wird künftig der kommunikative Fokus liegen?

Die Herleitung der Marke ist wichtig in der Kommunikation. Die neue Geschäftspolitik, Leitbild, Werte, Vision und Mission müssen sehr stabil sein und belastbar. Nur wenn ich das alles habe, kann ich eine Marke darauf bauen – und nicht umgekehrt. Die Markenpositionierung war ein langer interner Prozess, dabei spielte die Unternehmenskommunikation eine strategische Rolle. Unser Stand heute ist das Ergebnis einer Arbeit, die Monate zuvor im Unternehmen begonnen hat. Die Namensumstellung lief einen Tag, bevor die Deutsche Börse unsere Aufnahme in den DAX 30 verkündete. Als leidenschaftlicher Musiker weiß ich, wie wichtig das richtige Timing ist, damit es gut klingt. (lacht)

Was spielen Sie denn?

Jazztrompete. Da lernt man auch für das Berufsleben viel über Improvisation und das Funktionieren einer Band: Wie man zusammen spielt, wer wann sein Solo hat und wann man lieber im Hintergrund bleibt.

 

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