Sport-PR auf dem Vormarsch

Interview

Bei Maik Matischak sieht jede Arbeitswoche anders aus. Er ist seit mehr als einem Jahr NBA Senior Director im Bereich Kommunikation für den Raum Europa, Mittlerer Osten und Afrika (EMEA). Zurzeit liegt sein Fokus auf den Global Games und der Saisonvorbereitung. Im Londoner Büro ist er rund neun Stunden am Tag; sein Arbeitstag endet jedoch erst gegen Mitternacht. Um mit den amerikanischen Kollegen zusammenzuarbeiten, ist sein Rechner immer an, das völlige Abschalten ist ein seltener Luxus. Es ist seine Leidenschaft für den Sport, die ihn antreibt. Der gebürtige Berliner spricht im Interview über die Unterschiede zwischen den Märkten und auf welche Herausforderungen die global agierende Sportliga dabei trifft.

Herr Matischak, auf nba.com habe ich keinen Pressekontakt und auch Ihren Namen nicht gefunden. Weshalb?

Maik Matischak: Ich repräsentiere keinen einzelnen Markt, sondern bin strategisch dafür zuständig, die Regionen EMEA, also Europa, den Mittleren Osten und Afrika, zu betreuen. Dadurch habe ich wenig direkten Kontakt zu Journalisten und bin mehr im Hintergrund tätig.Wir sind eine global operierende Sportliga und ich koordiniere die Kommunikationsstrategie, quasi das Skelett. In den Märkten wird es dann mit Leben gefüllt. Dabei gibt es natürlich, was das Budget und Personal betrifft, eine unterschiedliche Priorisierung. In unseren Fokus-Märkten werden wir von Agenturen unterstützt, die für uns die aktive und reaktive Arbeit machen. Eine volle Abdeckung der über 120 zu repräsentierenden Länder ist jedoch unrealistisch.

Maik Matischak, Kommunikationschef der NBA EMEA im Interview (c) Julia Nimke

Maik Matischak, Kommunikationschef der NBA EMEA im Interview (c) Julia Nimke

Sie berichten an den Marketing-Chef der NBA. Haben PR und Marketing bei der NBA dieselben Ziele?

Ja, wir haben dieselben Ziele und bei vielen Projekten arbeiten beide Funktionen grundsätzlich Hand in Hand und ergänzen sich im Kommunikationsmix. Das ist für viele Organisationen nichts Außergewöhnliches mehr.

Gibt es PR-Maßnahmen, die in den USA funktionieren und in Europa nicht?

Ja, das kann man so sagen. Unser Ziel ist es, die NBA im Raum EMEA bekannter zu machen. Das hat die NBA in den USA natürlich nicht nötig. Dort werden die Anfragen kanalisiert, während wir diese erst schaffen müssen. Das ist ein unterschiedlicher Ansatz für das Kommunikationsteam in den USA und hier. Viele Dinge funktionieren in den Staaten, weil die Spieler vor Ort sind. Jeder Journalist kann zum Training gehen und mit ihnen sprechen. Wir müssen andere Wege finden, um den Journalisten die Informationen zur Verfügung zu stellen. Das machen wir unter anderem mit Medienreisen oder Telefonkonferenzen.

Haben Sie ein Beispiel für die Unterschiede in der PR-Arbeit in den USA und Deutschland?

In Bezug auf den US-Sport liegt der Hauptunterschied natürlich in der tagtäglichen Berichterstattung. Ähnlich zu unseren Fußball-Journalisten beschäftigen sich die so genannten Beatwriter tagein, tagaus mit ihrem Team und deren Spielern. Taktische Dinge, Leistung und Form spielen eine weitaus größere Rolle als persönliche Geschichten. Kommen diese Sportler allerdings nach Europa, ist der journalistische Ansatz ein völlig anderer. Hier sind dann auf einmal persönliche Geschichten, die Verbindung zum jeweiligen Besuchsland und interessante Anekdoten wichtig. Die Spieler müssen dem Leser erst vorgestellt werden, und dies läuft oft am besten über die persönliche Schiene. In den USA versucht man, die Spieler genau vor solchen Fragen abzuschirmen und Interviews auf den sportlichen Hintergrund zu begrenzen. Das heißt für uns: Für Europa müssen wir also das Messaging verändern und die Spieler auf eine andere Ausrichtung der Fragen vorbereiten. Da aber die meisten mithelfen wollen, den Sport und die NBA bekannter zu machen, stellen sie sich gern auf die lokalen Begebenheiten ein.

Wie betreiben Sie PR in ­Ländern, in denen Basketball nur eine Randsportart ist?

Basketball ist eine der meist gespielten Sportarten auf der Welt. Das Spiel an sich müssen wir nicht groß bekannt machen. In unserer täglichen Arbeit gibt es dennoch grundlegende Herausforderungen, die mit der NBA als Brand in Europa einhergehen. Eine davon ist, dass wir eine nordamerikanische Sportliga sind, die ihre Spiele aufgrund der Zeitverschiebung für viele Länder zu ungünstigen Zeiten austrägt. Das ist eine Herausforderung, da Fans unsere Spiele nicht so verfolgen können, wie wir uns das wünschen. Es gibt aber vielfältige Wege, um diese Barrieren zu überwinden und den Sport populärer zu machen, die die NBA auch angeht.

Haben Sie ein Beispiel?

Wir haben in Europa bereits viele Junior NBA Ligen ins Leben gerufen. Das sind Jugendprogramme, die wir mit den jeweiligen nationalen Verbänden zusammen aufbauen, um mehr Kinder an Basketball heranzuführen. Pro Liga nehmen beispielsweise 30 Schulen teil, die jeweils eine NBA-Mannschaft repräsentieren.

Die NBA EMEA gestaltet ihre internationale Sport-PR neu (c) Julia Nimke

Die NBA EMEA gestaltet ihre internationale Sport-PR neu (c) Julia Nimke

Bevor Sie zur NBA ­kamen, ­haben Sie ­einige Stationen im Bereich Sport-PR durch­laufen. Wie kam es dann zu ­Ihrer ­Beschäftigung bei dem ­amerikanischen Chip-­Hersteller ­Advanced Micro ­Devices (AMD)?

Nach drei Jahren bei EA-Sports in Genf zog es mich nach Deutschland zurück. AMD stellte sich damals neu auf, um eine größere Käuferschicht anzusprechen. Es ging um Quartalszahlen; darum, ein Produkt auf die Straße zu bringen, um dann sofort das nächste anzugehen. Diese Prozesse und Hintergründe haben mich interessiert. Wenn man aus dem Marketing-Bereich kommt, also in bunten Bildern und großen Geschichten denkt, und dann auf einmal vom Vertrieb gesteuert wird, bedeutet das eine große Umstellung der Arbeitsweise – das war für mich eine Möglichkeit, etwas völlig Neues kennenzulernen und meine Erfahrung auf einen anderen Bereich auszuweiten. Deswegen habe ich das Angebot angenommen.

Auf welche Unterschiede ­stoßen Sie ­eigentlich bei ­Ihrer ­Zusammenarbeit mit Sport-Bloggern im ­Gegensatz zu den ­Technik-Bloggern aus der AMD-Zeit?

Technik-Blogger wollen ihren Followern die neuesten Produkte vorstellen und testen diese dann auf Herz und Nieren. Mit ihrem Feedback entscheiden sie oftmals, wie der Leser das jeweilige Produkt einschätzt – sie geben eine Kaufempfehlung ab. Sport- und besonders Basketball-Blogger haben meiner Meinung nach einen ganz anderen Ansatz. Sie schreiben über etwas, das ihnen sehr am Herzen liegt. Somit muss man sie nicht mehr von dem Produkt an sich überzeugen, sondern ihnen Zugang zu Informationen verschaffen. Sie sind als Botschafter für das Thema bei der NBA wichtig.

Und welche Rolle spielen die deutschen NBA-Spieler Dirk Nowitzki und Dennis ­Schröder bei der Umsetzung der ­Öffentlichkeitsarbeit?

Ich glaube, dass deutsche Spieler in der langfristigen Vermarktung zwar immer wichtig bleiben, aber an Wertigkeit verlieren. Die Globalisierung des Sports und der NBA im Speziellen schreitet immer weiter voran. Die Fans können ihre Infos auf Facebook, Twitter, der NBA Game Time-App, Sport1 US oder Spox erhalten und haben dadurch ständigen Zugang zu ihren Idolen. Dadurch wird es zwangsläufig immer unwichtiger, ob ein LeBron James zum Beispiel aus Cleveland oder, sagen wir mal, Delmenhorst kommt. (lacht)

Und für die Medien?

Jeder Artikel über Dirk Nowitzki ist für uns natürlich Gold wert. Nach seiner ­Karriere ist er hoffentlich noch greifbarer für uns. Er hat die Aura eines Elder Statesman, finde ich. Dennis Schröder hingegen ist eher wie ein ungeschliffener Diamant, der die Jugend, also frischen Wind, symbolisiert. Er spricht, wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Es ist gut, beide zu haben, weil sie ganz anders in den Medien funktionieren. Ich kann mir vorstellen, dass Schröder in Lifestyle-Magazine passt und uns so die Tür öffnet, mit anderen Leuten ins Gespräch zu kommen. Denn die NBA ist so viel mehr als nur Sport. Mit diesem Fashion-­Lifestyle-Gedanken versuchen wir auch, die Liebe zum Sport zu vermitteln. Schröder wird da sicherlich einer unserer wichtigen Ansatzpunkte in Deutschland sein.

Seit Jahren werden von der NBA Global Games veranstaltet. Anfang Oktober spielten die Boston Celtics in Mailand und Madrid gegen europäische Teams. Inwiefern dienen ­diese Spiele der Sportmarke NBA?

Für uns sind sie sehr wichtig, um den Fans ­außerhalb der Staaten das authentische NBA-Gefühl näherzubringen. Wir haben Millionen Fans, von denen sich nur wenige ein NBA-Spiel jemals live anschauen können. Wenn man in Berlin oder Peking lebt, sind diese Global Games die einzige Möglichkeit, zu zeigen, wie so ein Spiel eigentlich ist. Wir organisieren auch ­öffentliche Trainings und exklusive Interviews, um den Kontakt mit den Medien auf eine deutlich aktivere Weise zu pflegen.

 

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe Haltung – Das Gute kommunizieren. Das Heft können Sie hier bestellen.

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