Am Anfang aller guten Texte steht die Recherche

Kolumne

Die Chefredakteurin der Immobilien-Zeitung, Brigitte Mallmann-Bansa, schrieb im Editorial zu einem ihrer jüngsten Newsletter eine wunderbare Anleitung für journalistisches Arbeiten: „Recherche ist im Grunde wie puzzeln. Nur dass am Anfang häufig nicht klar ist, welches Bild am Ende dabei herauskommt. Sehr oft scheinen die Teile, die man findet, zu einem anderen Puzzle zu gehören. Und doch passt dann vieles überraschend zusammen.“

Auf die Überraschungen, die ihre Geschichte zu Tage gefördert hat, will ich hier gar nicht eingehen. Aber die Kollegin hat etwas ganz Entscheidendes festgehalten zum Vorgehen und zur Reihenfolge, wie wir richtig Beiträge schreiben. Am Anfang stehen nämlich nicht, wie das noch immer viele glauben, Zettel, Stift oder Tastatur, sondern – die Recherche!

Fragen ist mindestens ebenso wichtig wie Schreiben

Auch der Kollege Daniel Erk hat es in einem Beitrag in der Wochenzeitung Die Zeit einmal wunderbar auf den Punkt gebracht: „Viele Menschen glauben, ein guter Journalist müsse vor allem ein begnadeter Stilist sein. Aber das stimmt nicht. Ein guter Journalist muss die richtigen Fragen stellen.“

Wer Texte schreiben möchte – eine Pressemitteilung, einen Beitrag für ein Kundenmagazin, für die Website oder ein Mailing ebenso wie Texte fürs Web oder für Social Media –, geht am besten immer den ersten Schritt übers Recherchieren. Nur wer alle Botschaften und Inhalte beisammen hat, wird die eigenen Texte schnell und zielführend schreiben können.

Leider nehmen sich viele Menschen nicht die Zeit für eine gründliche Recherche. Das gilt in vielen Bereichen der Presse- und Kommunikationsarbeit, wo Vorgesetzte nicht selten der Meinung sind, das bisschen Texte-Schreiben sei doch kein Problem (die Älteren unter uns mögen sich hier jetzt bitte den ähnlich lautenden Schlager mit Johanna von Koczian vorstellen). Es gilt auch für zahlreiche Behörden und öffentliche Einrichtungen, in denen – so beklagen es Teilnehmerinnen und Teilnehmer in meinen Seminaren immer wieder – der Einhaltung von Abstimmungswegen und Hierarchien wesentlich mehr Bedeutung beigemessen werde als der richtigen Umsetzung der Botschaften und den idealen Arbeitsschritten beim Texten.

Die Recherche: Wesentlicher Teil der Kommunikationsarbeit

Aber auch bei Journalisten und Redaktionen der klassischen Medien – ich habe es an dieser Stelle schon mehrfach kritisiert – leidet die Recherchearbeit oder sie wird nicht mehr richtig gelehrt. Da genügt in einem Lokalblatt bei mir zu Hause oft schon ein Stichwort, ein Anruf eines Lesers (er habe genau gehört, wie jemand Zweites einem Dritten gesagt habe …), und schon erscheint ein Beitrag voller Vermutungen und Behauptungen – ohne Recherchen und ohne Belege. Von den alltäglichen Fehlern in journalistischen Beiträgen, Radiosendungen oder Talkshows und vom mangelhaften Allgemeinwissen mancher Journalisten und Moderatoren ganz zu schweigen.

Wie immer gilt: Man kann und muss gar nicht alles wissen. Aber man kann recherchieren. Die Recherche als Teil unserer Kommunikationsarbeit – bei Medien ebenso wie in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit – ist nicht zu unterschätzen. Sie erleichtert uns unsere Arbeit als Autoren, sichert eine qualifizierte Information der Leser und erhöht das Vertrauen in die Kommunikation allgemein.

Recherchieren muss Spaß machen

Was mindestens ebenso wichtig ist: Wer gut recherchiert hat und alle oder fast alle relevanten Informationen kennt, dem wird es sehr viel leichter fallen, einen guten Text inhaltlich und optisch richtig zu strukturieren und überzeugend zu formulieren. Ohne saubere Recherche – ebenso wie ohne klares Briefing – kann ein Text selten richtig gut werden.

Wer Freude am Texten hat, dem sollte auch das Recherchieren Spaß machen. Es ist ein bisschen wie Detektivarbeit – oder eben wie Puzzeln. Man weiß noch nicht genau, welches Bild am Ende herauskommt. Doch oft stellen wir erfreut und überrascht fest, dass vieles zusammenpasst.

 

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