20.000 Euro für PR zur Heinsberg-Studie

„Deutsche Glasfaser“-Kommunikator Dennis Slobodian

Die so genannte Heinsberg-Studie eines Teams um den Virologen Hendrik Streeck vom Universitätsklinikum Bonn steht unter anderem deshalb in der Kritik, weil das Team zu früh mit Zwischenergebnissen an die Öffentlichkeit gegangen ist. Experten wie Christian Drosten warfen zudem Fragen zur Methodik auf und bemängelten das Fehlen einer schriftlichen Auswertung.

Kritik ruft zudem die Beteiligung der Agentur Storymachine hervor, die die Öffentlichkeitsarbeit für die Studie übernommen hat. Unter „Heinsberg Protokoll“ dokumentierte die Agentur die Arbeit der Forscher auf Facebook und Twitter. Die Gründer von Storymachine sind Ex-„Bild“-Herausgeber Kai Diekmann, der Event-Manager Michael Mronz sowie Philipp Jessen, der ehemalige Chef von stern.de.

In einem Interview mit „Meedia“ sprach Jessen von Partnern, die das Projekt unterstützen würden. Konkret wurde er in einem Tweet vom 12. April: Der frühere Journalist bedankte sich hier bei den Unternehmen Deutsche Glasfaser und Gries Deco Company. „Ohne Euch könnten wir die Forschung nicht so umfänglich dokumentieren“, schrieb er. Jessen nannte zusätzlich die Summe von 30.000 Euro, die die Partner aufbringen würden.

Unklar blieb, aus welcher Motivation heraus ein Telekommunikationsunternehmen wie Deutsche Glasfaser, sowie mit Gries Deco Company eine Firma, die sich auf den Verkauf von Wohnaccessoires spezialisiert hat, die PR einer medizinischen Studie unterstützt.

Der pressesprecher hat bei Dennis Slobodian, Referent Unternehmenskommunikation und Public Affairs bei der Deutschen Glasfaser, schriftlich nachgefragt, weshalb sich das Unternehmen finanziell beteiligt. Wir dokumentieren seine Antworten im Wortlaut.


Aus welchen Gründen hat die Deutsche Glasfaser das Storymachine-Projekt mitfinanziert?

Der Kreis Heinsberg gehört zu den ersten und erfolgreichsten Ausbauregionen von Deutsche Glasfaser und zählt somit bundesweit zu den Kernausbaugebieten  mit etwa 60.000 gebauten Glasfaseranschlüssen in über 80 Ortschaften. Die Kreisstadt Heinsberg ist zudem wichtiger Bürostandort des Unternehmens. Auch in der nun durch die Krise bekannt gewordenen Gemeinde Gangelt, in der auch die genannte Studie verortet ist, haben wir unser Glasfasernetz ausgebaut.

Als die ersten Corona-Fälle bekannt wurden und in der Turnhalle der Gesamtschule Gangelt ein medizinisches Zentrum für Corona-Tests errichtet wurde, hat Deutsche Glasfaser nach einem kurzen Telefonat mit der Gemeindeverwaltung in weniger als zwei Tagen die für die digitale Datenübermittlung notwendige Glasfaserleitung für das Zentrum gelegt. Als die Anfrage kam, die Kommunikation, sprich das „Heinsberg Protokoll“ zu unterstützen, hat die Geschäftsführung daher ebenfalls nicht lange gezögert.

Welchen Mehrwert bietet es einem Telekommunikationsunternehmen wie Deutsche Glasfaser, die Öffentlichkeitsarbeit zu einer medizinischen Studie finanziell zu unterstützen?

Während unseres Engagements im Kreis Heinsberg in den letzten Jahren haben wir enorm viel Unterstützung von den Kommunen und dem Kreis erfahren. Gerade in der Krisenzeit haben wir daher stets unsere Bereitschaft kommuniziert, im Kreis zu helfen. Es geht hiermit nicht im Kern um die spezifische Unterstützung der Öffentlichkeitsarbeit einer Studie, sondern darum, überhaupt an sinnvoller Stelle zu helfen.

Da diese Studie Erkenntnisse über das Virus und die Ausbreitung zum Gegenstand hat, sehen wir die Kommunikation dieser an die Menschen in möglichst verständlicher Form und crossmedial (vor allem über soziale Medien) als sehr sinnvoll an. Die Arbeit des „Heinsberg Protokolls“ unterstützen wir mit 20.000 Euro.

Hat Storymachine Deutsche Glasfaser gezielt angesprochen, ob Sie das Heinsberg-Projekt unterstützen möchten?

Die Agentur Storymachine kennt Deutsche Glasfaser, unser Engagement im Kreis Heinsberg beim flächendeckenden Glasfaserausbau und auch unsere Anstrengungen in der Krisenzeit, hier schnell und unbürokratisch zu helfen. Insofern hat man uns angesprochen, einen Beitrag im Rahmen des „Heinsberg Protokolls“ zu übernehmen. Wir haben gerne zugestimmt.

Warum haben Sie die Mitwirkung an der Studie beziehungsweise an deren Öffentlichkeitsarbeit nicht selbst öffentlich gemacht und für eigene PR-Zwecke genutzt?

Es gab durchaus intern Diskussionen über die PR-technische Nutzung des Engagements   vor allem auch die oben erwähnte Geschichte in Gangelt. Wir haben uns aber letzten Endes dagegen entschieden. Aus zwei Gründen: Zum einen ist die PR-technische Instrumentalisierung der aktuellen Krisenzeit und ein „Klopfen auf die eigene Schulter“ gerade vor diesem Hintergrund aus PR-Sicht als kontraproduktiv beurteilt worden.

Zum anderen   und das ist der vornehmliche Grund: Wir haben kommunikativ aktuell andere Schwerpunkte wie zum Beispiel die Aufrechterhaltung des Baus unserer Glasfasernetze wie auch die massiven Beschleunigungen des Aufbaus, die wir nach dem Erwerb durch die beiden Investoren EQT und OMERS in Deutschland in Gang bringen wollen und werden. Daher haben wir diesen Teil der Kommunikation der Agentur Storymachine überlassen.


Update: Auch der zweite von Storymachine benannte Sponsor hat sich auf Anfrage von pressesprecher geäußert. Christian Gries, CEO von Gries Deco, bestätigte die Zahlung von 10.000 Euro an die Agentur. Hierbei sei es dem Unternehmen “nie um PR, sondern um die Unterstützung einer guten Sache” gegangen.

 

 

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