Ausgabe: 2 | 2012

Kreativität

Warum nicht mal ein bisschen nerven?

 

Dass Grünen-Chefin Claudia Roth durchaus das Potenzial hat, Anderen auf den Sender zu gehen, würden vermutlich viele Menschen bestätigen. Vor allem jene, die der Partei nicht nahestehen. Solarförderung, Putinwahl, Atomausstieg und Datenschutz: Es gibt kaum ein Thema, zu dem sie sich nicht äußert, kaum eine Talkshow, die sie auslässt. Claudia Roth ist überall präsent und irgendwie immer betroffen. Ihr haftet das wenig schmeichelhafte Image als Nörglerin vom Dienst an. Ein Image, dass sich prima für eine Kampagne der Partei eignet, fand man bei den Grünen. „Wer nervt mehr als Claudia?“, heißt es auf einem Plakat, mit dem die Grünen den innerparteilichen Frauenanteil erhöhen wollen. „Wer rupft ein Hühnchen mit Renate“, steht auf einem anderen – ergänzt durch den Spruch „Besser du als irgend ein Kerl.“ Provokation und Kreativität leisten sich PR-Verantwortliche noch zu selten. Mut zur Selbstironie gar sucht man in PR-Kampagnen meist vergeblich. „Das verstehen die Leute nicht“, ist eines der üblichen Totschlagargumente, mit denen gewagte Vorschläge abgebügelt werden. Stattdessen einigt man sich auf den kleinsten gemeinsamen Nenner: eine Idee, die niemandem wehtut. Warum der PR ein bisschen mehr Ideenreichtum und Mut ganz gut stünde, lesen Sie in unserer Titelgeschichte ab Seite 20. Dass es aber auch noch in der klassischen Pressearbeit enormen Nachholbedarf gibt, hat unsere Recherche über die Kommunikation von Ämtern bewiesen. Ruft der Journalist an, wird er von A nach B nach C und wieder zurück an B verwiesen. Und das nervt vielleicht erst. Die Redaktion wünscht viel Spaß beim Lesen.