Zehn Thesen zur Compliance-Kommunikation

PR und Code of Conduct

Korruption bei der Fifa, Wirtschaftskriminalität bei Siemens oder schlechte Arbeitsbedingungen in der Modeindustrie – diese oder andere mediale Dauerthemen sind nicht nur ein Fall für die Krisenkommunikation. Viele Unternehmen setzen heute verstärkt auf Compliance-Regularien, um gesetzliche Vorgaben einzuhalten, finanziellen Schäden und Reputationsverlust vorzubeugen. Doch ist dieses Engagement wirkungsvoll? Eine aktuelle Studie der Hochschule Schweinfurt stellt Deutschland ein schlechtes Zeugnis in der Umsetzung der Compliance-Richtlinien aus. Die Zahlen belegen, dass Compliance-Regeln in Deutschland wenig beachtet werden, die Betrugsfälle hierzulange weiter verbreitet sind als im westeuropäischen Ausland. Schlimmer noch: Viele Mitarbeiter wissen gar nichts von der Existenz solcher Regularien – geschweige denn, wie sie diese in ihrer alltäglichen Arbeit umsetzen sollen. Vor welchen Herausforderungen steht die Compliance-Kommunikation und wie beeinflusst dieses Thema die Unternehmenskommunikation?

1. Compliance ist ein Erfolgsfaktor

Für die Unternehmen ist die Einhaltung von Compliance durch alle Mitarbeiter von großer Bedeutung. Neben juristischen und haftungsrechtlichen Problemen bei einem Verstoß, kann ein Image- und Reputationsschaden die Folge sein. Unternehmerisches Handeln, das sich an ethischen Maßstäben orientiert, ist zudem zu einem Erfolgsfaktor geworden. Im Wettbewerb mit anderen Unternehmen oder im Prozess von Bieterverfahren haben die Unternehmen die Nase vorn, die ein gutes Compliance-System vorweisen können.

2. Compliance-Kommunikation ist mehr als Umsetzung

Die Unternehmenskommunikation ist oft erst sehr spät in den Implementierungsprozess eingebunden, nach dem Motto: Jetzt überlegt euch einmal ein paar Maßnahmen, wie wir das vermitteln können. Das kommunikative Know-how muss jedoch auf einer viel früheren konzeptionellen Stufe eingebunden werden und kann bereits in der Analysephase wertvolle Hinweise auf die vorherrschende kommunikative Kultur des Unternehmens geben: Strategie-Entwicklung als Teamarbeit ohne Silo-Denken.

3. Compliance-Kommunikation muss Verhalten ändern

Eine erfolgreiche interne Compliance-Kommunikation folgt der Konzeptionslogik einer Kommunikationskampagne – mit einer besonderen Herausforderung auf der Zielebene. Es müssen nicht nur Wissensziele, sondern auch Einstellungs- und Verhaltensziele erreicht werden, damit die Mitarbeiter auch in ihrer alltäglichen Arbeitsroutine ihr Verhalten anpassen.

4. Compliance benötigt eine kooperative Unternehmenskultur

Eine offene Kommunikationskultur fördert die Implementierung eines Compliance-Systems. Dann sind die Mitarbeiter eher bereit, zweifelhafte Situationen offen anzusprechen oder den richtigen Umgang mit Situationen zu klären.

5. Compliance-Kommunikation bedeutet Information und Dialog

Kampagnen- und Informationsmaterial sind die Basis der Kommunikation – das können klassische Instrumente sein oder eine Einbindung in bereits genutzte Medien. Wichtig sind jedoch zusätzliche Dialog- und Event-Maßnahmen, wie Schulungen oder Veranstaltungen, die über eine reine Wissensvermittlung hinausgehen und primär einen Inszenierungscharakter haben.

6. Compliance-Kommunikation bedeutet interne und externe Synchronisation

An etwa der Hälfte aller Wirtschaftsdelikte sind laut einer Studie der Wirtschaftsprüfer von PwC Externe zumindest beteiligt. Auch Geschäftspartner müssen daher in die Compliance-Strategie eingebunden werden und die Compliance-Richtlinien akzeptieren und befolgen. Um das sicher zu stellen, sind die externen Dritten eine wichtige Bezugsgruppe der Compliance-Kommunikation.

7. Compliance-Kommunikation bedeutet Übersetzung

Die Compliance-Regularien enthalten juristisch relevante Inhalte und werden in der Rechtabteilung geboren. Die juristische Sprache ist nun bekanntermaßen alles andere als allgemein verständlich und anschaulich. Hier gilt es für die Kommunikationsverantwortlichen, die Inhalte in eine motivierende Sprache zu übersetzen und mit Beispielen die Relevanz für die Arbeitsrealität zu transportieren.

8. Der Code of Conduct muss verpflichten und motivieren

Die Compliance-Richtlinie ist durch spezifische sprachliche Merkmale der Selbstverpflichtung gekennzeichnet, die eine Obligationsfunktion bedienen. Die Auswahl von Verben zeigt das deutlich, wie beispielsweise „versprechen“, „sich verpflichten“ oder „garantieren“. Ein guter Code of Conduct verbindet die ethisch und moralischen Elemente mit den rechtlichen Anforderungen, er bringt juristische Vorgaben  auf den Punkt und hat von der Tonalität einen motivierenden Charakter für die Mitarbeiter.

9. Die PR-Arbeit muss ebenfalls Richtlinien befolgen

Unerlaubte Schleichwerbung, Beeinflussung von Berichterstattung und fehlende Kennzeichnung von werblichen Inhalten: Auch die Unternehmenskommunikation muss sich an Richtlinien halten. Unterschiedliche PR-Berufskodizes regeln das ethische Verhalten. Compliance-Verantwortliche müssen also sicherstellen, dass die Branchen-Kodizes der PR allen Mitarbeitern bekannt sind, die in der Unternehmenskommunikation arbeiten oder auf sie Einfluss ausüben.

10. Compliance beeinflusst die Medienarbeit

Das Thema Compliance beschäftigt die Unternehmenskommunikation auch in der Beziehungspflege zu relevanten Bezugsgruppen, wie beispielsweise in der Medienarbeit. Welche Richtlinien befolgen Verlage? Ist mein Verhalten gegenüber Journalisten compliance-konform? Veränderungen in der Unternehmensumwelt, wie beispielsweise neue Richtlinien in Verlagen, beeinflussen somit auch die PR-Arbeit an sich. Auch kleine Geschenke sind heute kaum mehr möglich, wenn der Redakteur gleichzeitig über das Unternehmen berichtet.

Neben den existierenden Berufskodizes der PR und den neuen Bemühungen des Arbeitskreis Corporate Compliance wäre es für Praktiker sinnvoll, sich mit den Compliance-Regeln ihrer Bezugsgruppen auseinander zu setzen – und diese zu beachten. Denn egal ob im Unternehmen oder im Verlag, die ehrenwertesten Code of Conducts sind nichts wert, wenn sich keiner daran hält.

Weitere Artikel