Wie analysiert man Messeauftritte, Herr Jopen?

Herr Jopen, wie steht es ums Messe-Controlling in Unternehmen?
Björn Jopen: Messe- und Event-Erfolgskontrolle werden immer noch stiefmütterlich behandelt, weil viele das Budget lieber für den Stand oder das Catering nutzen. In Amerika werden drei bis fünf Prozent des Messebudgets für die Nachbereitung verwendet. Davon sind wir in Deutschland weit entfernt.

Welche Tools und Instrumente bieten sich an, um den kommunikativen Erfolg zu messen?
Es gibt sehr viele Tools, einfache beginnen mit dem Thema „Leadmanagement“. Bei vielen Firmen wird dies noch unprofessionell gehandhabt. Viele Standbesucher haben nach zwei Wochen beispielsweise immer noch keine Informationen zugesendet bekommen. Wenn sich der Journalist oder Kunde schon zum Messestand begibt, um nach Produktinformationen zu fragen, muss er sie zwei Tage später auf dem Schreibtisch haben.

Woher weiß ich, ob die Botschaft, die ich mit meinem Stand kommunizieren möchte, auch angekommen ist?
Durch Besucherbefragungen lässt sich nachvollziehen, wie die Botschaften bei den Standbesuchern angekommen sind, ob sie verankert worden sind. Damit sie in den Köpfen bleiben, müssen sich die gesamte Standkommunikation wie die Platzierung und Präsentation der Produkte, Briefings und auch die Grafiken an den Wänden ausschließlich um diese Botschaften drehen.

Was bringen so genannte Key Performance Indicators (KPI)-Systeme?
Ein Marketingchef sagte zu mir, „Ihr messt immer nur, was die Kunden wollen, aber woher weiß ich, wie die Prozesse teamintern laufen? Denn bei der jährlichen Abwicklung von 15 Messen ist das wichtig.“ Wir haben aus der Balanced Scorecard eine MesseScorecard entwickelt. Sie analysiert vier Bereiche: Die Kundenperspektive, die internen Prozesse der Umsetzung, die Finanz- und Mitarbeiterperspektive. Es werden drei bis fünf Ziele pro Perspektive definiert. Jedem Ziel werden jeweils zwei bis vier KPI zugeordnet. Zum Thema „Kundenperspektive“ könnte beispielsweise das Ziel sein, die passende Zielgruppe anzusprechen. KPI wären dann beispielsweise: der Anteil an Kunden, Entscheidungsträgern und Journalisten an dem Stand. Eine MesseScorecard wird einmalig implementiert und dann für alle Messen genutzt.

Wenn einzelne Perspektiven-Werte niedrig sind, kann die gesamte Zahl den Chef enttäuschen, oder?
Aus dem Gesamtwert der MesseScorecard können Ableitungen gezogen werden. Sie besteht insgesamt aus sechs Charts, die dem Chef einen Überblick geben. Wenn er sieht, dass die Mitarbeiterperspektive nur 78 Prozent erreicht, kann er in die Details schauen und findet darin die Gründe dafür. Zum Beispiel: Die Mitarbeiter hatten bei der „Disziplin“ schlechte Werte. Dies liegt dann möglicherweise daran, dass die Mitarbeiter nicht am Briefing oder der Schulung teilgenommen haben oder die Leadbögen unsauber ausgefüllt wurden.

Wie viel kostet diese Art der Evaluation?
Die einmaligen Setup-Kosten inklusive Workshops, Interviews und Implementierung betragen 35.000 Euro. Dann müssen die Daten nur noch je Messe erhoben werden. Das ­kostet dann bei kleineren Messen 1.850 Euro, bei mittleren 8.000 Euro und bei einer größeren 13.000 bis 15.000 Euro.

Nutzt eine Besucherzählung etwas?
Auf jeden Fall! Wenn beispielsweise 45.000 Besucher auf einer Messe waren, 4.000 an dem Unternehmensstand und 150 Leadbögen ausgefüllt wurden, stellt sich die Frage: Was müssen wir tun, um die restlichen 3.850 zu erreichen? Man bekommt durch Besucherzählungen deutlich bessere Relationen, die auch für den Vertrieb interessant sind. Man kann also schon vorher festlegen, wie viele der verschiedenen Kontaktarten, Prospect, Lead, Opportunity und Sale, erreicht werden sollten.

 

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe Kommunikations-Controlling, Evaluation und Eigen-PR. Das Heft können Sie hier bestellen.

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