Was ist wichtig für eine gute Rede?

Interview mit Redenschreiberin Margarete Dinger

Frau Dinger, was sind die wichtigsten Punkte, die bei einer Rede berücksichtigt werden sollten?
Margarete Dinger: Nummer eins ist das Publikum. Ich muss mir genau überlegen: Wer sind die Zuhörer? Und wo will ich sie mit meiner Rede packen? Der zweite Punkt ist die Wirkungsabsicht und die Botschaft: Was soll beim Publikum ankommen? Mit welchem Gefühl soll das Publikum nach Hause gehen? Was soll mein Redner am Ende des Tages bewirken? Zum dritten sollte eine Rede immer einen Bezug zum heutigen Geschehen haben, so dass eine Relevanz zum Hier und Jetzt und zur Zukunft entsteht. Es bringt nichts, über das Gestern und Traditionen zu sprechen, wenn man es nicht schafft, einen Bogen zur Gegenwart beziehungsweise zur Zukunft zu spannen.

Sie arbeiten für den Technologiekonzern Voith. Wie schafft man es, technische Themen in einer Rede an den Mann und an die Frau zu bringen?
Klar gibt es bestimmte Punkte, die benannt werden müssen. Da gibt es nichts auszuschmücken. Zahlen, Daten, Fakten, sind nun mal so, wie sie sind. Trotzdem kann ich mir als Redenschreiber überlegen, wie ich den Transportweg gestalte. Wie mache ich eine Geschichte daraus, auch wenn ich die harten Fakten benennen muss? Ich versuche immer einen Bezug zum Alltag herzustellen und die Fakten in einen Kontext einzubetten.

Ein Beispiel?
Ich kann ganz abstrakt formulieren: „Voith ist ein Hersteller von Papiermaschinen und Wasserkraftturbinen.“ Oder ich gehe auf den konkreten Nutzen ein und sage: „Auf dem Weg zu dieser Tagung sind Sie vielleicht mit dem ICE gefahren und haben ein Brötchen gegessen, das in Papier eingewickelt war. Dieses Papier wurde vermutlich auf einer unserer Papiermaschinen hergestellt. Zudem fährt der ICE mit Strom, darunter Strom aus erneuerbaren Energien wie Wasserkraft. Aus Wasser macht Voith elektrischen Strom – denn unsere Turbinen und Generatoren erzeugen ein Viertel der weltweit aus Wasserkraft gewonnenen Energie.“ Damit werden die Produkte für den Zuhörer greifbar und werden eher im Gedächtnis bleiben. Wichtig ist immer wieder der Bezug zur Lebenswirklichkeit der Zielgruppe.

Wie viel Optik braucht eine Rede?
Ich glaube, eine Rede braucht gar kein optisches Drumherum. Ein guter Redner, der sein Thema mag und seine Botschaft transportiert, der seine Bilder zeichnet, der fesselt das Publikum auch so. Bei einem Vortrag ist das anders, denn das ist eine andere Form der Publikumsansprache.

Bevor Sie mit einer neuen Rede beginnen, suchen Sie nach Inspiration. Dafür haben Sie eine „Kuriositätenbox“ – so nennen Sie es. Was hat es damit auf sich?
Eigentlich eine Banalität, die mir aber hilft, mich auf die Aufgabe einzustimmen: Das ist eine einfache Pappbox, die hinter mir im Schrank steht. Ein wildes Sammelsurium an Zetteln und Zeitungsausschnitten aus meinem beruflichen Alltag. Wenn mir morgens zum Beispiel beim Zeitunglesen etwas Spannendes auffällt, von dem ich denke, dass ich es mal irgendwann gebrauchen könnte, dann kommt es in diese Kiste. Das kann ein interessantes Zitat sein, eine kuriose Zahl, ein Kalenderblatt, eine wichtige Branchenmeldung, eine Werbeanzeige mit einem tollen Spruch oder einfach nur eine schöne Formulierung.

Weitere Artikel