Über die Tücken des Agentur-Kunden-Dialogs

Wenn ich an meinen Anfang im Agenturgeschäft vor 27 Jahren denke, fallen mir einige Stolpersteine im Kundendialog ein. Die Erwartungen gingen teilweise auseinander. Sie müssen frühestmöglich konkretisiert werden – und genau da passieren Fehler.

Jeder erwartet etwas anderes

Diese „Trial and Error“-Zeit war jedoch ein wichtiger Entwicklungsschritt. Dadurch konnten wir Gleichklang im Kunden-Agentur-Dialog ausloten. Beide Seiten wünschen sich eine vertrauensvolle Zusammenarbeit, interpretieren diese jedoch unterschiedlich. Ist es für den Kunden bereits vertrauensvoll, der Agentur eine Aufgabe zu geben und diese dann „frei laufen“ zu lassen? Oder gehören dazu eher ein Jour Fixe und tägliche Updates? So etwas sprechen wir an, denn jeder Kunde hat ein anderes Selbstverständnis.

Ein bewährtes Tool für dieses „Erwartungsmanagement“ sind unsere Workshops mit den Kunden. Dort treffen sich die Verantwortlichen und definieren die Ziele eines Projekts, durch einen Moderator begleitet. Dazu gehören auch Worksessions, in denen sich alle zu bestimmten Fragen einbringen. Frontalveranstaltungen sind erfahrungsgemäß erfolglos. Das Ziel sind To-Dos für alle Teilnehmer. Wir beschäftigen dazu Experten, die die Workshops konzipieren und leiten.

Innovation, Innovation

Ein Anspruch aller Kunden lautet: Die Konzepte müssen innovativ sein und neue Technologien einbinden. Sie erwarten, dass wir alle Kommunikationsmaßnahmen beherrschen – für sie unsere Daseinsberechtigung. Dabei wird nicht differenziert zwischen online, offline, live und digital. Der Wunsch nach crossmedialen Markenerlebnissen ist omnipräsent. Wir versuchen, die passenden (!) Kanäle vorzuschlagen. Diese Kompetenz glaubhaft zu vermitteln und den Kunden ganzheitlich zu beraten, ist Aufgabe und Herausforderung zugleich. „Sie sind doch die Spezialisten. Es ist Ihre Aufgabe, dass Sie uns auf dem neuesten Stand halten. Dafür haben wir Sie schließlich beauftragt“, sind manchmal Argumente, die wir zu hören bekommen. Das ist herausfordernd, weil wir auch einmal einem Kunden von einer „hippen“ Idee abraten, die nicht zu ihm oder der Kampagne passt.

Ehrlichkeit tut auch einmal weh

Wir fragen auch einmal kritisch nach dem Sinn einer Unternehmensstrategie. Nicht jeder Kunde mag es, auf diese Art gefordert zu werden. Und klar ist, dass sich ein Kunde noch nie einfach so in eine Agentur „verliebt“ hat. Eine gute Kunden-Agentur-Beziehung muss erarbeitet werden.

Kritik sollte konstruktiv und mit belastbaren Argumenten untermauert sein; beispielsweise aus Schlüsselerlebnissen vorangegangener Projekte. Wenn man auch eine Lösung oder weiterführende Ideen vorstellt, lassen sich Kunden meist überzeugen.

Es gibt einige Vorurteile, die Kunden gegenüber Agenturen haben. Sie gehen beispielsweise davon aus, dass wir nur auf unseren Vorteil bedacht sind, uns mit Strategien nicht befassen und blind für die eigenen Ideen kämpfen. Da hilft unserer Erfahrung nach nur reden.

Mut und Offenheit lohnen sich

Vertrauen aufzubauen ist nicht einfach, wenn die Euphorie nach einem Etatgewinn Alltagsprüfungen wie Termin- oder Zeitdruck standhalten muss. Der Spagat zwischen Kreativität und Projektmanagement ist das eine. Von der Agentur ist aber auch Fingerspitzengefühl im Spannungsfeld zwischen Berater- und Dienstleistergedanken gefragt. Von den Kunden wünschen wir uns gute Briefings, Offenheit und Mut, Versuch und Irrtum zuzulassen, um das beste Ergebnis zu erzielen. Das braucht Zeit. Langfristige Partnerschaften mit Kunden ermöglichen uns, kreativ zu sein und nicht auf reines Projektgeschäft reduziert zu werden. Natürlich rappelt es auch einmal kräftig im Karton. Das muss auch so sein und hilft, sich immer wieder neu zu erfinden.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe Fehler. Das Heft können Sie hier bestellen.

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