Social Media Manager müssen raus aus der Isolation

Herr Eichstädt, Frau Leopold, wo liegen ihrer Meinung nach aktuell die größten Probleme von Social Media Managern?

Meike Leopold: Die größte Herausforderung besteht zurzeit darin, dass Social Media Manager in Unternehmen häufig falsche Aufgaben haben. Ihre Funktion sollte nicht sein, die Unternehmenskanäle zu befüllen, sondern Wissen und Know-how über Social Media ins Unternehmen hineinzutragen. Oft erfüllt der Social Media Manager jedoch nur eine Nischenfunktion, aus der heraus er nicht sehr viel bewirken kann. Sein Wirkungskreis beschränkt sich häufig darauf, den Content zu bedienen,  den das Unternehmen rausschickt. Stattdessen sollte er über alle Abteilungen hinweg mit den wichtigen Entscheidern zusammenarbeiten.

Björn Eichstädt: Die Isolation ist ein ganz zentrales Thema. Damit stehen die Social Media Manager natürlich auch in einer schönen Traditionslinie mit dem klassischen PRler im Unternehmen. Wir haben in ganz seltenen Fällen die Situation, dass es in Unternehmen eine richtige Social Media Abteilung gibt. Bei kleineren Unternehmen sprechen wir von Einzelkämpfern. Die zentrale Herausforderung liegt darin, innerhalb eines Unternehmens ernst genommen zu werden und seine Ziele zu erreichen.

Frau Leopold, sie haben gerade die Isolation des Social Media Managers angesprochen. Wo sehen Sie diese in einem Unternehmen angesiedelt? Im Marketing oder in der Kommunikationsabteilung?

Leopold: Social-Media-Verantwortliche sollten bei den Kampagnen im Marketing andocken und gut mit der PR vernetzt sein. Das heißt, sie müssen Kommunikationsprofis sein und die PR-Botschaften und das Wording des Unternehmens verstehen. Auch mit den Kollegen von den Events sollten sie eng zusammenzuarbeiten. Man kann aus der Rolle nicht genügend herausholen, wenn man sie nur an einer Stelle verortet und sie nicht als Kontaktpunkt für viele verschiedene Bereiche sieht.

Eichstädt: Neben den klassischen Kommunikationsfunktionen gibt es gerade aus der Agenturperspektive auch neue Touchpoints für Social Media Manager. Beispielsweise, die Personalabteilung mit dem Thema „digitales Employer Branding“, der Vertrieb mit dem Thema „Social Selling“ und auch Abteilungen, die in Kundekontakt stehen.

Kommen wir zum Social Media Management. Herr Eichstädt, gibt es Patentrezepte für einen erfolgreichen Umgang mit Facebook, Twitter und Co?

Eichstädt: Alle Aufgaben sollten auf einer Social-Media-Strategie fußen, die sich an den strategischen Unternehmenszielen orientiert. Man sollte sich immer als Bestandteil eines Unternehmens verstehen und nicht als Teil einer vernetzten Außenwelt. Viele flüchten sich in die digitale Kommunikation mit der Außenwelt, weil es intern schwierig ist. Auch sollte man nicht die Position einer eierlegenden Wollmilchsau einnehmen, die sich Social Media Manager gerne aneignen. Sie sind dann für alles zuständig, was mit digitaler Kommunikation zu tun hat, sei es das Community-Management, sei es die Content-Erstellung , seien es interne Workshops. Daran reiben sich viele auch in dieser Position durchaus auf. Das Aufgabenfeld sollte klar abgegrenzt sein. Eine solche Trennung ist wichtig, weil ich in der vernetzten 24/7-Welt natürlich letztlich theoretisch für alles zuständig sein kann.

Leopold: Es sollten mit den wichtigsten Entscheidern im Unternehmen Social Media Guidelines erstellt werden, so dass man eine Leitplanke für die Mitarbeiter hat, wie sie sich im Social Web verhalten sollen oder können und was die „Dos & Don’ts“ sind.

Frau Leopold, die Landschaft der sozialen Medien ändert sich schnell, wie halten Sie Schritt?

Leopold: Am Ende ist es alles Kommunikation. Kanäle ändern sich, Features ändern sich, Funktionen ändern sich, verschiedene Kanäle sind für verschiedene Ziele, die sie verfolgen, gut. Letztlich geht es darum, dass sie die Kommunikationsbotschaften klar vor Augen haben. Und für alles andere, auch für Spezialwissen, haben sie natürlich auch Experten und Dienstleister, die sie dabei unterstützen können, auf dem Laufenden zu bleiben. Sonst verzetteln sie sich in diesen ganzen Neuigkeiten, die es permanent im Bereich Social Media gibt.

Es gibt oft Widerstand innerhalb von Unternehmen gegen Social Media. Wie kann man diesen überwinden?

Eichstädt: Die trivial klingende Antwort lautet, möglichst viele wichtige Multiplikatoren im Unternehmen mit ins Boot zu holen. Gerade, wenn man neu ist, sollte man ins Unternehmen hineinhorchen und sich die Herausforderungen der unterschiedlichen Abteilungen zu eigen zu machen. Durch kleine Aktivitäten sollte man einzelnen Mitarbeitern im ersten Schritt zeigen, was man im Social Web machen kann. Sobald einzelne Abteilungen dadurch Erfolge erzielt haben, werden andere aufspringen. Am Ende fällt die Skepsis in sich zusammen, wenn tatsächlich etwas erreicht wurde und das Ganze nicht nur eine Spielerei war.

Mittlerweile wird von allen PR-Managern erwartet, Social Media zu beherrschen. Und auch die Jugend weiß, mit Social Media umzugehen. Lohnt sich die Spezialisierung als Social Media Manager noch?

Leopold: Also, ich denke schon. Aber mittel- und langfristig ist das wirklich eine gute Frage. Denn wir sprechen hier über Unternehmenskommunikation, die sich ins Digitale verlängert, und ob der Beruf in Zukunft noch so genannt werden wird, sei dahin gestellt. Wir haben es mit einem ganz neuen Berufsfeld zu tun. Aber je mehr Social Media in den Unternehmen angekommen ist, desto mehr werden wir eine sinnvolle Integration des Social Media Managements in den PR- und Kommunikationsabteilungen erleben.

Eichstädt: Eine andere Frage ist: Brauche ich tatsächlich strategisches Wissen zu diesem Thema oder kann ich das einfach, weil ich es mit der Muttermilch aufgesogen habe? Ihre Frage impliziert die Annahme, wir hätten eine Generation von Digital Natives, die alles kann. Das ist sicherlich nicht der Fall. Schauen wir zwei Generationen zurück: Nur weil man in seiner Kindheit mit dem Telefon aufgewachsen ist, heißt das nicht, man sei qualifiziert als Manager eines Call Centers zu arbeiten. Digital Natives sind zwar mit Facebook aufgewachsen, aber deshalb nicht zwingend in der Lage, Prozesse für eine funktionierende Social-Media-Kommunikation in einem Unternehmen zu entwickeln und aufzusetzen.

Was sind ihrer Meinung nach die interessantesten Entwicklungen im Bereich Social Media, die auch für Unternehmen relevant sind?

Eichstädt: Bei Entwicklungen in dem Bereich ist es immer wichtig, wen man fragt. Die interessanteste Entwicklung, die inzwischen mainstream-kompatibel geworden ist, ist „visuelle Social-Media-Kommunikation“, also alles was Instagram und Co mit sich gebracht haben. Dort haben sich auf einer sehr breiten Ebene, gerade auch für kleine und mittlere Unternehmen, Möglichkeiten aufgetan, eigenes Bildmaterial und Bildwelten zu schaffen, die früher nur Großkonzernen zur Verfügung standen. Neben dem reinen Tool bieten sich viele Möglichkeiten, zunehmend ohne Sprache zu kommunizieren. Social-Media-Verantwortliche brauchen daher auch Verständnis für Bildkommunikation.

Leopold: Ich komme aus der Corporate Blogger-Ecke. Das ist jetzt nicht neu, aber ich beobachte schon mit Interesse das zunehmende Content Marketing und da ganz besonders die Entwicklung von Online-Magazinen in Unternehmen, die man eigentlich gar nicht mehr in dem Sinn „Blog“ nennen kann, sondern eher dynamische Webseiten mit Dialogfunktion. Diese bilden eine ganze Unternehmenswelt ab. Ich finde, dass ist ein interessanter Content-Trend, der gerade auch für B2B-Marken sehr interessant sein kann.