Mitarbeiter-Typen der Change Communication

Ergebnisse einer Masterarbeit

Zugegeben: Die Notwendigkeit für Unternehmen, sich zu verändern, ist kein neues Phänomen. Change Management wie auch Change-Kommunikation blicken auf eine langjährige Erfolgsgeschichte zurück. Dennoch bleibt das Ergebnis häufig ernüchternd, viele Veränderungsvorhaben scheitern. Für die interne Kommunikation steigen in solchen Situationen die Anforderungen. Change-Kommunikation wird zum kritischen Erfolgsfaktor und hat zur Aufgabe, Mitarbeiter für den Veränderungsweg zu mobilisieren.

Ein vernachlässigter Erfolgsfaktor

Soll ihr diese Aufgabe gelingen, muss sich die Kommunikation konsequenterweise mit ihren Rezipienten auseinandersetzen. Kurz gesagt: Man muss wissen, was eine Stakeholder-Gruppe bewegt, welche Prioritäten sie setzt und welche Erwartungen sie an die Kommunikation hat. Das gilt grundsätzlich für die Routinekommunikation, doch insbesondere in emotionalen Sondersituationen wie Veränderungsprozessen. Davon profitieren alle Seiten: Rezipienten erhalten die Kommunikation, die sie benötigen, Kommunikatoren erzielen Aufmerksamkeit für ihre Botschaften.

Doch häufig scheitert eine stakeholder-orientierte Change-Kommunikation gerade daran. Die strategische Relevanz der Mitarbeiter für den Veränderungsverlauf wird in Forschung und Praxis zwar gleichermaßen anerkannt, dennoch bleibt eine umfassende Berücksichtigung ihrer Erwartungen aus. Damit verspielt das Kommunikationsmanagement ungenutzte Potenziale.

Die empirischen Ergebnisse der vorliegenden Fallanalyse eines mittelständischen Change-Projekts mit rund 400 Mitarbeitern zeigen auf, woran sich eine mitarbeiterorientierte Change-Kommunikation ausrichten kann. Basierend auf einer schriftlichen Kurzumfrage sowie einer Gruppendiskussion mit Mitarbeitern konnten zahlreiche Anforderungen an die Veränderungskommunikation abgeleitet werden. Eine darauf aufbauende Q-Befragung unter 30 Mitarbeitern zeigte außerdem, dass sich die Rezipienten in der Priorisierung ihrer kommunikativen Anforderungen statistisch bedeutsam voneinander unterscheiden. Daraus entstand schließlich die Klassifizierung von vier unterschiedlichen Mitarbeiter-Typen, die erste Antworten auf die Frage liefern: Was wollen Mitarbeiter?

Quelle: Nadine Schleeh 

Geltungsbedürftige Demokraten 

Einem bestimmten Mitarbeiterkreis scheint vor allem die Teilhabe am Veränderungsgeschehen, ein persönliches Geltungsbedürfnis sowie der Einbezug aller Beschäftigten sehr wichtig zu sein. Geltungsbedürftige Demokraten möchten als vollwertiges Unternehmensmitglied (kommunikativ) wahrgenommen werden, fordern eigene Gestaltungsspielräume und betonen zugleich den Zusammenhalt untereinander – jeder Mitarbeiter solle demnach im Change-Prozess Gehör finden. Ein Ergebnis, das die Bedeutung einer funktionierenden und dialogorientierten Aufwärtskommunikation untermalt, die den Mitarbeiter als Kommunikationspartner versteht und integriert.

Harmoniebedachte Teamplayer

Auf einer vergleichbar normativ-sozialen Ebene siedeln sich die Erwartungen des harmoniebedachten Teamplayers an. Für ihn steht an oberster Stelle, dass alle Mitarbeiter an einem Strang ziehen und zusammenhalten. Während der Bedarf an der eigentlichen Information sowie institutionalisierten Kommunikationsformen in den Hintergrund rückt, setzt er hohe Maßstäbe an die Gestaltung der Kommunikation. Eine offene und ehrliche Ansprache, die ein positives Veränderungsklima erzeugt und den Einzelnen nicht belastet sondern respektvoll behandelt, stellen für ihn die wichtigsten Leistungen der internen Kommunikation im Change-Prozess dar. Darauf kann das Kommunikationsmanagement reagieren, indem es horizontale und vertikale Dialog- und Feedbackprozesse unterstützt – beispielsweise in Form von Change-Sprechzeiten, Team-Besprechungen oder Events, die das Gemeinschaftserlebnis fördern.

Führungskraftbezogene Formalisten

Entgegen der ersten zwei Mitarbeiter-Typen blicken führungskraftbezogene Forma-­listen weniger auf normative oder soziale Aspekte, sondern nahezu ausnahmslos auf die Kommunikator- und Vorbildfunktion der Führungskräfte. Dabei fordern sie einen persönlichen Nutzwert der Informationen sowie eine strukturierte Top-Down-Kommunikation.

Der führungskraftbezogene Formalist braucht Klarheit von oben und jemanden, der auf dem Veränderungsweg vorausgeht. Weiche Faktoren wie die persönliche Teilhabe oder ein hierarchieübergreifender Austausch sind ihm vergleichsweise weniger wichtig. Entsprechend muss es die Aufgabe der Change-Kommunikation sein, Führungskräfte in ihrer Sprecher- und Vorbildfunktion zu stärken und hierarchische Kommunikationsstrukturen zu fördern.

Informationszentrierte Risikobewerter

Der letzte Mitarbeiter-Typ grenzt sich von allen vorangegangenen insofern ab, als dass nahezu alle hoch priorisierten Anforderungen die Leistung der Information forcieren. Seine Forderungen bewegen sich ausschließlich auf einer kognitiven Ebene: Informationen über zukünftige Pläne, die Ziele und die Strategie des Change-Vorhabens sowie eine Antwort auf die Sinnfrage der Veränderung stehen für informationszentrierte Risikobewerter auf der Prioritätenliste weit oben.

Dabei scheint sich das ausgeprägte Informationsinteresse vorrangig auf diejenigen Themen der Veränderung zu beziehen, die ihm Auskunft darüber geben, wohin der zukünftige Kurs führt, um darin seine Position beziehungsweise sein persönliches Risiko abzuwägen. Die klassische Aufgabe der Information darf im Change folglich nicht außen vor bleiben.

Nicht das Was sondern das Wie entscheidet im Change

Unabhängig von den einzelnen Typen zeigte sich in der Analyse auch, dass es während der Veränderung aus Rezipientensicht weniger darum geht, was über welche Kanäle kommuniziert wird, jedoch umso mehr, wie die Kommunikation erfolgt. Die Maßstäbe an die Gestaltung der Kommunikation sind damit hoch: Trifft sie den richtigen Ton? Holt sie die Mitarbeiter mit ihren Sorgen und Verunsicherungen ab?

Ein Hauptaugenmerk sollte im Change daher auf das Thema Emotionen und mithin auf die kommunizierten Botschaften gerichtet werden. Dabei kristallisierte sich in den Mitarbeitergesprächen heraus, dass nicht nur negative, sondern ebenso positive Gefühle handlungsanleitend für die Veränderung sind. Die kommunikativen Bemühungen sollten daher nicht ausschließlich darauf verwendet werden, negative Gefühle zu vermeiden. Im Gegenteil: Mit dem Typ des harmoniebedachten Teamplayers muss die Empfehlung lauten, positive Gefühle gezielt zu fördern.

Fest steht: Mitarbeiter bilden nicht die eine Stakeholdergruppe der Change-Kommunikation. Die Heterogenität ihrer Erwartungen verlangt vielmehr eine bedürfnisorientierte Differenzierung der Kommunikationsansprache. Die identifizierten Typen zeigen für die operative und strategische Kommunikationsarbeit erste Wege auf. Es geht also darum, die jeweiligen Typen mit den für sie passenden Stimuli beziehungsweise Botschaften zu erreichen und ihre Anspruchspositionen in die Kommunikationsplanung zu integrieren. Die zentrale Erkenntnis muss für die Praxis daher lauten: Mitarbeiter stärker in den Fokus stellen.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe Liebe – Wie viel Passion braucht die Profession?. Das Heft können Sie hier bestellen.

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