Mehr als Altruismus: Pro-Bono-Einsätze

Ehrenamtliches Engagement ist in Deutschland weit verbreitet. Die eigene berufliche Expertise dafür einzusetzen, mit Unterstützung des Arbeitgebers, eher nicht. Doch zumindest die Diskussionsrunde zum Thema Pro-Bono-Einsätze ist sich über den beiderseitigen Nutzen einig.

Nicht alle seine Pro-Bono-Klienten sind Carlos Katins sympathisch. „Aber Mutter Teresa braucht auch keinen Anwalt“, sagt der Jurist von der weltweit tätigen Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer. Am Donnerstagnachmittag erzählte er beim Kommunikationskongress von seinem ehrenamtlichen Engagement, das von seinem Arbeitgeber nicht nur unterstützt, sondern auch initiiert wurde. Die Kanzlei hat seit 2008 eine Strategie dafür, die Pro-Bono-Rechtsberatung ist ein Teil der CSR-Aktivitäten des Hauses. „Bei 2.500 Anwälten kann man solch ein Projekt nicht dem Zufall überlassen, man muss sich Ziele setzen.“

Zu Katins Pro-bono-Mandanten gehören Amnesty International und der Berliner Straßensozialarbeits-Verein Gangway. „Das sind ganz andere Mandate als die, mit denen ich sonst zu tun habe.“ Er nennt das Beispiel eines Jugendlichen, der in Tränen ausbricht. Das passiere einem Investmentbanker eher selten. Katins engagiert sich gerne, das können die Zuschauer leicht raushören. Da ist es schade, dass nur so wenige Kongressteilnehmer den Weg zu diesem letzten Panel des Tages gefunden haben. Mit rund 20 Zuhörern ist es eine kleine Runde, die daher aber auch Raum für direkte Zwischenfragen gibt.

Katins erzählt auch, wie sein Engagement organisiert ist. „Die Pro-Bono-Stunden werden genauso gewertet wie normale Stunden.“ Aber im Einzelfall bedeute das Engagement auch schonmal, dass netto mehr gearbeitet wird. Welches Mandat er aber übernimmt, ist dabei völlig ihm überlassen.

Solche Pro-Bono-Einsätze, bei denen Menschen ihre berufliche Expertise unentgeltlich für gemeinnützige Zwecke einsetzen, sind nicht neu, Holger Backhaus-Maul von der Universität Halle-Wittenberg attestiert ihnen sogar eine lange Tradition, von einem halben Jahrhundert ist die Rede. Neu sei, darüber zu sprechen, sagt der Forscher. Und zwar mit einer strategischen Absicht.

Das macht auch Claudia Leißner. Sie sagt, man könne jetzt das Ehrenamt aus der Altruismus-Ecke herausholen. „Denn wenn man ehrlich sei, gibt es keinen echten Altruismus, nur private oder geschäftliche Ziele“. Leißner ist Geschäftsführerin und Gründerin der Proboneo gGmbH, die Fach- und Führungskräfte mit gemeinnützigen Organisationen zusammenbringt. So war es auch bei dem Verein „Balu und Du“, bei dem junge Erwachsene gegenüber Grundschulkindern als Mentoren auftreten.

Heike van Meegdenburg (Mitte) berät das Projekt "Balu und Du" (c) Laurin Schmid

Heike van Meegdenburg (Mitte) berät das Projekt “Balu und Du” (c) Laurin Schmid

Leißner hat dabei Hildegard Müller-Kohlenberg, die Initiatorin des Projekts, und Heike van Meegdenburg, freiberufliche Diplom Designerin, zusammengebracht. Dem Verein fehlte ein strategisches Kommunikationsmanagement. „Wir sind so ein großes Projekt, kamen aber eher daher wie eine studentische Arbeitsgruppe“, erzählt Müller-Kohlenberg. Mithilfe von Heike van Meegdenburg habe sich das geändert, es gebe „sichtbare Ergebnisse“.

Es wird viel von der Win-Win-Situation gesprochen, die solch ein Engagement den Unternehmen und den gemeinnützigen Organisationen bringt. Da ist die Rede von CSR, von Mitarbeiterentwicklung und -motivation und natürlich auch von der Professionalisierung, die die NGOs erfahren. Claudia Leißner ist sich sicher, dass es auch langfristig ist: „Es wird sich in die Kulturen integrieren.“

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