"Geld ist ­wichtig, aber nicht alles"

Round-Table-Diskussion

Drei Kommunikatoren aus drei Branchen, ein heikles Thema und eine Schale voller Schokokekse – das waren die Zutaten für unsere Round-Table-Diskussion über Geld. Frauke Bank (Wall), Kirsten Altenhoff (Deutschland rundet auf) und Thomas Biegi (Pfizer) offenbarten, wofür sie ihre Budgets ausgeben, was am eigenen Job unbezahlbar ist und welche Ressourcen sich nicht in Euros aufwiegen lassen. Nur zu einer Frage wurde kollektiv geschwiegen …

 

Ist Geld für Sie ein ­angenehmes oder ein ­unangenehmes ­Thema?

Frauke Bank: Es ist eines, um das man nicht herumkommt. Sicherlich nicht mein persönliches Lieblingsthema, aber ich arbeite in einem Unternehmen, in dem es logischerweise viel um Umsatz- und Vertriebs­zahlen geht. Auch für uns stehen jedes Jahr Budgetgespräche an. Man ist also dazu gezwungen, sich damit auseinanderzusetzen, wie man das Geld einsetzt; dass man fleißig kommuniziert, ohne ans Budget zu denken, ist heute utopisch.

Thomas Biegi: Als Kommunikatoren sollten wir vor Budgetdiskussionen nicht zurückschrecken. Dabei sprechen wir im Unternehmen selten von Geld, eher von Budgets oder Inves­titionen. Wir wollen unser Geld strategisch einsetzen. Ich arbeite für ein Wirtschafts­unternehmen; Umsätze und Gewinne bedeuten Jobs, auch meinen eigenen.

Kirsten Altenhoff: Das ist bei uns wirklich anders. Für uns ist Geld ganz stark Mittel zum Zweck. Wir produzieren nichts, verkaufen nichts, wir sind eine Spendenbewegung. Bei uns geht es darum, Chancen für Kinder zu kreieren, Geld umzuwandeln in Hilfe für sie und so seine Wirkung zu potenzieren.

Als ich Sie für unsere ­Gesprächsrunde angefragt habe, Herr Biegi, haben Sie laut ­gelacht und gefragt, ob das ­Thema Geld unser Ernst ist.

Biegi: (lacht) Na ja, Geld ist wichtig, aber nicht alles. Gerade in unserer veränderten Medienwelt geht es sehr stark um Owned Media und die Verbreitung von Inhalten, das kostet. Weitere wichtige Ressourcen sind das Team, die schlauen Köpfe meiner Mitarbeiter und die Zeit für Partnerschaften, für ein belastbares Netzwerk, das für die Kommunikation unabdingbar ist. Und das ist nichts, was man kaufen kann.

Ist die Kommunikation bei ­Ihnen im Unternehmen denn, was Budget und Personal ­betrifft, für Ihr Gefühl gut ­aufgestellt?

Altenhoff: Wir haben Ressourcenmangel, sind aber nach vier Jahren auch noch im Aufbau unserer Organisation. Nichtsdestotrotz nehme ich an, dass man überall das Gefühl hat, es müsste mehr sein. Gerade wenn man Erfolg hat, ist schnell der Bedarf nach mehr ­Personal da.

Biegi: Vieles hat man selbst in der Hand. Kein Budget ist in Stein gemeißelt, sondern Verhandlungssache. Ende jedes Jahres setzen wir uns mit der Geschäftsführung und Bereichsleitern zusammen, sprechen über die Herausforderungen und die Strategien, mit denen wir ihnen begegnen. Auf dieser Basis werden die Budgets für das kommende Jahr gemacht. Budgets hängen von vielen Faktoren ab – und von den Kommunikatoren hängt es ab, was sie daraus machen.

Bank: Man hat immer das Gefühl, man könnte noch einige Mitarbeiter mehr gebrauchen. Wir sind zu dritt, bald zu viert, das macht gerade mal ein Zehntel des Marketingteams aus. Allerdings ist dieses auch thematisch deutlich breiter aufgestellt und benötigt damit eben auch mehr Personal. Es hängt sehr am eigenen Kommunikationsgeschick gegenüber der Geschäftsführung, an guten Argumenten, ob man mehr Ressourcen bekommt. So muss es ja ­beispielsweise nicht immer gleich die ­Vollzeit-Festanstellung sein.

Biegi: Das sehe ich auch so, es ist ein ständiger Verhandlungsprozess. Wir sind insgesamt zehn. Das klingt erst einmal viel, aber das Unternehmen ist auch groß. Wir kommunizieren gegenüber der Wissenschaft und Ärzten, gestalten Aufklärungskampagnen für neue Therapien und Impfstoffe, zeigen ­Social-Media-Präsenz – jeder Mitarbeiter hat ein eigenes Portfolio.

Bank: Das Thema Leistungsnachweise wird immer wichtiger. Früher wurde Pressearbeit immer ein bisschen belächelt, heute hat sie sich weiter professionalisiert. PR und Marketing sind zwei verschiedene Dinge, werden aber häufig in eine falsche Konkurrenz gesetzt.

Foto: Julia Nimke

Kirsten Altenhoff, Leiterin Kommunikation bei der Spendenbewegung „Deutschland rundet auf“, Thomas Biegi, Director Communications beim Pharmakonzern Pfizer, und Frauke Bank, Leiterin Unternehmenskommunikation bei dem Stadtmöblierer und Außenwerber Wall (v. l.) (c) Julia Nimke

Zeichnet sich die Wertschätzung auch in den Budgets ab? Steigen die Investitionen in Kommunikation?

Altenhoff: Ich glaube, wir sind auf einem guten Weg und haben mittlerweile eine viel bessere Lobby. Dass kurzfristiges und nur geld­orientiertes Denken nicht trägt, hat sich herumgesprochen. So machen Unternehmen zum Beispiel immer mehr CSR, was ja auch ein PR-Thema ist. Das stärkt unsere Relevanz enorm.

Biegi: Ich glaube auch, dass Kommunikation immer wichtiger wird. Medienentwicklungen wie Social Media spielen uns da in die Hände. Budgets erhöhen und die eigene Relevanz stärken können wir vor allem, wenn wir in unserer Rolle mehr sehen als den reinen Presse­sprecher.

Es muss immer mehr ­gemessen und nachgewiesen werden. Was für KPI nutzen Sie da?

Biegi: Solche Messungen sind wichtig, dennoch sollte man auf den langfristigen Erfolg schauen. Gerade mit dem Marketing geht es oft darum: Was verkaufen wir durch die PR-Maßnahme konkret mehr? Ich bin froh, dass wir diese Diskussion immer seltener haben, denn sie wird der Unternehmenskommunikation nicht gerecht. Wir haben Reputationserfolge im Blick, ein besseres Verständnis, das lässt sich schwer messen. Die Basics machen wir natürlich: Medienresonanzanalyse, Klickzahlen, langfristige Reputations-Veränderungen. Wir sind aber keine KPI-Fetischisten, sondern betrachten das mit gesundem Augenmaß.

Bank: Bei uns ist das ähnlich. Wir haben sehr viele verschiedene Zielgruppen. Nicht alle Erfolge kann man anhand eines Pressespiegels sofort sehen. Das haben die Kollegen aus anderen Abteilungen inzwischen aber auch verstanden.

Altenhoff: Ich würde die Mechanismen, die zum Erfolg führen, gerne noch genauer verstehen und mehr in das Kommunikations-Controlling investieren.

Spenderkommunikation ist da natürlich auch nochmal besonders sensibel. Welche Kommunikationsmaßnahmen sind für Sie besonders wichtig, um die Spenden zu erhöhen?

Altenhoff: Um die Spendenquote zu erhöhen, kommunizieren wir vor allem direkt am Point of Sale, in den Märkten, an den Kassen. Dort können wir aktivieren, aber es ist schwierig, an den Kassen weiterführende Informationen zu vermitteln. Ich kann nicht die Kassiererin im Supermarkt bitten: Erzählen Sie dem Kunden doch von unseren 19 Förderprojekten. Durch unsere Kommunikation außerhalb des POS erreichen wir nicht primär ein höheres Spendenvolumen, sondern Bekanntheit und Glaubwürdigkeit, ein besseres Verständnis. Beides ist für unseren Erfolg wichtig, insbesondere im Zusammenspiel.

Gab es bei Ihnen schon mal ­Herzensprojekte, die aufgrund der ­finanziellen Situation ­gescheitert sind?

Bank: Nein. Es gab immer die Möglichkeit, Projekte über einen alternativen Weg umzusetzen, sei es zum Beispiel durch Kooperationen mit anderen Abteilungen wie dem Marketing. Das halte ich auch für wichtig, um die gemeinsamen Ziele zu betonen.

Wenn es um die ­Aufteilung Ihres ­eigenen Budgets geht: Was ­beobachten Sie für Trends und Shifts?

Biegi: Die eigenen Kanäle werden wichtiger, also selbst zum Medium zu werden und sich damit zu vernetzen. Da geht es um Beziehungspflege und gute Themen, das ist relativ günstig. Aber wenn man seine Seite mit guten Inhalten füllen, diese bewerben und für Suchmaschinen auffindbar machen will, wird es teurer.

Oft heißt es doch, dass die UK eher ­billiger wird, ­indem man ­virale Social-Media-­Kampagnen machen kann.

Altenhoff: Da vergleicht man meines Erachtens Äpfel mit Birnen. Eine virale Kampagne ist etwas völlig anderes als beispielsweise klassische Pressearbeit.

Biegi: Ich würde dem auch widersprechen. Das Leichte wirkt ja oft deshalb leicht, weil vorher viel Gehirnschmalz investiert worden ist. Ich brauche eine gute Idee und Umsetzung oder muss meine Ziele kennen. Ich denke da zum Beispiel an dieses BVG-Video „Is mir egal“. Hammer! Das läuft im Kino, wurde bei Youtube millionenmal geklickt. Ja – aber der Film ist von Jung von Matt gedreht, es wurde gezielt gestreut. So billig war das sicher nicht.

Bank: Ja, dieses Beispiel fiel mir auch gleich dazu ein. Ganz am Anfang dieses Viral-Kampagnen-Trends war es ja wirklich noch das Homemade-Video, das den ­Treffer gelandet hat. Inzwischen haben die Menschen aber andere Ansprüche an das, was sie im Netz sehen, heute stehen hochprofessionelle Agenturen dahinter. Mit Low Budget haben die größten Kracher nichts mehr zu tun.

Biegi: Zudem muss man solche Kampagnen in den sozialen Netzwerken betreuen und auf Reaktionen antworten. Da sprechen wir vielleicht nicht über Geld, aber über Zeit als Ressource. Diesen Aufwand darf man nicht unterschätzen. Wir versuchen über Social ­Media mit unseren Partnern und NGOs in den Dialog zu kommen, das verschlingt sehr viel Zeit. Man muss sich gut überlegen, was man selbst macht und bei welchen Aufgaben es sich lohnt, sie rauszugeben.

Bank: Bei uns geht der Trend eher dahin, weniger an Agenturen rauszugeben. Das geht aber auch nur dank des relativ großen Marketingteams mit unter anderem einer eigenen Grafikabteilung. Ich finde es sehr angenehm, dass wir immer mehr inhouse bestreiten, denn das bedeutet: gemeinsame Ziele, kürzere Briefings und kurze Wege in der Abstimmung.

Frau Altenhoff, Sie ­haben ja vermutlich den Vorteil, dass Sie mit ­Pro-bono-Dienstleistern ­zusammenarbeiten, oder?

Altenhoff: Pro bono haben wir keine Umsetzungsagenturen, aber Berater, die ­tolle Ideen einbringen und wertvolle Sparringspartner für uns sind. Für uns ist es aber enorm wichtig, die Dinge selbst zu tun, schließlich dreht sich ja alles um Glaubwürdigkeit und Authentizität.

Bank: Das kann ich nur unterstützen! Wenn bei uns Agenturen anrufen und im Namen von Stiftungen oder NGOs nach ­Pro-bono-Leistungen fragen, habe ich auch immer das Bedürfnis, mit den Mitarbeitern der Organisation direkt zu sprechen, um mir ohne einen Mittler ein Bild zu machen.

Altenhoff: Für uns setzen sich zudem rund 100 Prominente ehrenamtlich ein, die auch wirklich in Aktion treten, sich teils sogar an die Kassen setzen. Um die zu gewinnen, müssen wir selbst mit ihnen in Kontakt treten.

Thomas Biegi und Kirsten Altenhoff (c) Julia Nimke

Jenseits von ­Euros: ­Welche ­Ressourcen sind für Sie ­geldwert?

Altenhoff: Die Multiplikatoren, wie beispielsweise die prominenten Unterstützer, die für uns regelmäßig aktiv werden, Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft, die unseren Idealismus weitertragen und Menschen zum Spenden bewegen.

Biegi: Dem würde ich zustimmen. Bei uns würde ich das aber eher Partnerschaften nennen, mit anderen Organisationen, Stiftungen, Ärztevertretungen, mit denen es eine Schnittmenge an gemeinsamen Interessen gibt, mit denen wir gemeinsame Anliegen vertreten. Ansonsten natürlich auch die zeitlichen Ressourcen meiner Mitarbeiter.

Bank: Bei uns sind es auch die Kooperationen, zum Beispiel im städtischen Bereich oder mit Verbänden und Agenturen. Intern ist die Tatsache, direkt beim Europachef angesiedelt zu sein, mit dem es einen engen Austausch gibt, extrem wichtig. Auch die kurzen Abstimmungswege zu unseren drei Vorständen erleichtern vieles – das spart Zeit und ­verschafft mir Handlungsfreiheit.

Biegi: Das Vertrauen des Vorstands ist extrem viel wert und lässt es zu, schnell entscheiden zu können.

Wenn sich Ihr Budget plötzlich verdoppeln ­würde – wofür würden Sie mehr ­ausgeben wollen?

Altenhoff: Definitiv für mehr Personal! (allgemeines Gelächter und Zustimmung) Bei uns geht es darum, Spenden zu generieren und neue Punkte zu schaffen, an denen ­gespendet werden kann. Für beides ist Kommunikation entscheidender Treiber. Wir sind acht ­Leute insgesamt, immerhin drei davon ­machen Kommunikation. Mit doppeltem ­Budget ­würde ich ­unser Team verdoppeln.

Wo würden Sie investieren, Frau Bank?

Bank: Ach, ich mag ja gar nicht davon träumen! Ich würde wahrscheinlich personell aufstocken, gerade auch um den Bereich Social Media mal so richtig aufzurollen. Was mir ebenfalls am Herzen liegt, ist das Thema Schulung und Weiterbildung. In unserem Berufsfeld verändern sich die Dinge wahnsinnig schnell, da muss man hinterherkommen. Sich intensiv mit neuen Entwicklungen zu beschäftigen, statt sich nur über „Learning by doing“ einzuarbeiten, fände ich wichtig. So, wie wir jetzt aufgestellt sind, haben wir häufig nicht die Zeit dafür.

Altenhoff: Wobei ich es auch mal sehr reizvoll fände, Ineffizientes zu tun. (lacht) Menschen zusammenzubringen, mehr über unser Thema Kinderarmut zu diskutieren, Veranstaltungen, Blogs und Foren für unsere Partner zu schaffen. Im Sinne der kurzfristigen Spendengenerierung ist das nicht unbedingt effizient – aber ich würde es gerne intensivieren.

Biegi: Ich würde in einen weiteren Ausbau unserer Kanäle investieren. Dazu gehört für mich auch eine redaktionelle Schlagkraft, um schneller auf Dinge von außen reagieren zu können. Ich würde eine Art Newsroom aufbauen.

Wofür geben Sie aktuell das meiste Geld aus?

Bank: Personalkosten – die machen ­naturgemäß den größten Teil des Budgets aus.

Biegi: Für integrierte Kampagnen, ­Corporate-Publishing-Projekte, unsere eigenen Kanäle und ihre Bewerbung.

Altenhoff: Für die Produktion von Kampagnenkommunikation, zum Beispiel für Drehs.

Sind Sie im Verhältnis zu ­Ihren direkten Mitbewerbern ­finanziell gut aufgestellt, ­haben Sie größere Teams, darf Ihr ­Geschäftsbericht mehr kosten?

Bank: Den Geschäftsbericht müssen wir nicht selbst machen, weil wir zu einem börsennotierten Konzern gehören – da bin ich fein raus. (lacht) Wir haben nur einen direkten Mitbewerber aus der eigenen Branche, der aber eine andere strategische Ausrichtung verfolgt als wir. Ich vermute, in der personellen Aufstellung in der reinen PR sind wir recht deckungsgleich. Wir sind außen sehr gut präsent und werden auch so wahrgenommen, das ist das Entscheidende.

Altenhoff: Wir finanzieren uns durch die Gebühren der Partner, haben ein einzigartiges Finanzierungsmodell. Wir sind weder eine klassische Stiftung noch die ­ausgelagerte CSR-Abteilung eines Unternehmens, sondern eine Mischform und somit schwer vergleichbar.

Biegi: Ich möchte keinen Budgetvergleich machen. Aber ich bekomme gespiegelt, dass man uns wahrnimmt als ein Unternehmen, das mutiger ist als andere, gerade im Bereich Social Media und Partnerschaften. Ich führe das auf unsere Unternehmenskultur „Own it“ zurück, bei der Mitarbeiter viel Verantwortung selbst übernehmen, das sieht man in den Ergebnissen.

Was an Ihrem Job ist ­unbezahlbar?

Biegi: Spannende Tage, an denen man morgens noch nicht weiß, was sie bringen. Die Vielfalt und die Möglichkeit, Dinge zu gestalten.

Bank: Sich einer Sache verpflichtet zu fühlen, sie sich zu eigen zu machen und daraus eine Motivation zu ziehen. Das kann man nicht kaufen, sondern liegt bei jedem Einzelnen.
Altenhoff: Viel Freiheit plus hohe Verantwortung gepaart mit dem Aufbau einer ­Organisation, bei der man in alles involviert ist und unternehmerisch mitgestalten kann und muss. Und das mit allen Ups and Downs und viel Adrenalin. Nicht zuletzt: die Gewissheit, dass ich Tag für Tag dazu beitrage, von Armut betroffenen Kindern in Deutschland ­Chancen zu geben.

Frauke Bank (c) Julia Nimke

Sie möchten also für etwas ­wirken, das größer ist als Sie. Welche Zwänge gibt es dabei von außen?

Biegi: Pharma ist ein regulierter Markt mit vielen gesetzlichen und ethischen Rahmenbedingungen. Das hat seine guten Gründe. Aber mich „quälen“ eher Vorurteile, die sich zäh bei Journalisten oder anderen Partnern halten. Und wenn Informationen zwar klar auf der Hand liegen und trotzdem nicht verarbeitet werden. Ich nehme das sportlich. Denn Kommunikation ist ja auch dafür da, zu funktionieren, wenn es unangenehm wird. In schwierigen Situationen können wir zeigen, was wir können. Das spornt mich an.

Bank: Hin und wieder harte Nüsse zu knacken, treibt mich an. Es ist mühsam, wenn sich Journalisten im Vorfeld einer Anfrage extrem schlecht informieren und man bei Adam und Eva anfangen muss. Das kann aber auch Vorteile haben, man kann eigene Inhalte in das Thema einbringen, wenn die Gegenseite dafür offen ist. Wenn die Story schon feststeht und ich nur aus Höflichkeit gefragt werde – das frustriert und ist für beide Seiten verlorene Zeit. Mein Job ist es, da Ruhe hineinzubringen.

Frau Altenhoff, Ihnen sind die Medien wahrscheinlich ­wohlgesonnener, oder?

Altenhoff: Ja, das ist aber nicht selbstverständlich. Auch bei uns gibt es polarisierende Themen wie aktuell die Flüchtlingskinder, die wir in unsere Arbeit integrieren, weil wir uns um alle von Kinderarmut Betroffenen kümmern. Es gibt auch bei uns Barrieren: Das Vorurteil, der soziale Sektor sei unprofessionell, herrscht immer noch. Dabei hat sich die Branche extrem weiterentwickelt und nimmt soziale Rendite als KPI viel genauer. Alle meine Kollegen haben lange Erfahrung in anderen Jobs, das bringt Vielfalt und Expertise. Dennoch müssen wir uns mehr beweisen, als wenn hinter uns eine große Marke aus der Wirtschaft stünde.

Rückblickend auf Ihren ­persönlichen Werdegang: Was hat für Sie ein geringes Gehalt wettgemacht?

Bank: Mein erster Pressesprecherjob nach dem Studium mit Mitte 20 war für ein Hotel in Dresden. Gemessen an den Arbeitszeiten war ich definitiv unterbezahlt. Aber ich hatte einen tollen Chef, der mir viel Verantwortung übertrug, diese Frage habe ich mir damals also gar nicht gestellt. Mit Mitte 20 sind die Ansprüche auch andere als mit Mitte 30 … (lacht)

Altenhoff: Ich ging den umgekehrten Weg, habe in der Wirtschaft gearbeitet und mich bewusst für den heutigen Job entschieden, weil er Spaß macht und Sinn gibt. Ich möchte auf professionellem Niveau Unternehmen aufbauen und Themen vertreten, mit denen ich mich identifizieren kann. Das tue ich hier zum vierten Mal und das macht mir große Freude.

Biegi: Für mich sind im Beruf Inhalte und Umfeld entscheidend. Ich finde es wichtig, zu gestalten, und dass mir vertraut wird. Mitten in der Toll-Collect-Krise hatte ich einen Studentenjob bei Daimler. Da habe ich zwar sehr viel gearbeitet, aber fürs Leben gelernt. Erfahrung ist ein Wert, den man mir nicht mehr nehmen kann. Ich finde es wichtig, zufrieden nach Hause zu gehen und am nächsten Morgen gerne wiederzukommen.

Welche ­Berufsgruppen in Deutschland sind ­Ihrer ­Meinung nach krass ­unterbezahlt?

Altenhoff: Lehrer.

Bank: Pflegeberufe und viele im sozialen Bereich, Polizisten, Feuerwehrleute. Die Arbeitszeiten sind hart, die Ansprüche an sie hoch und es gibt eine zu geringe Wertschätzung. Daran krankt es in meinen Augen.

Und welche sind überbezahlt?

Altenhoff: Aus moralischen Gesichtspunkten gibt es sicher einige. Aber das ist ein Markt aus Angebot und Nachfrage – es gibt immer jemanden, der bereit ist, das zu zahlen.

Bank: Man bewirbt sich im freien Wettbewerb. Wer sich durchsetzt, bringt ja auch Qualifikationen mit, die das rechtfertigen. Wir ­neigen in Deutschland da vielleicht zu sehr zur Neidkultur.

Biegi: Ich finde, dass Leute, die Vergleichbares tun, gleich bezahlt werden sollten. Das Gehalt sollte nach Erfahrungen und Verantwortung fair abgestuft sein, ich mache in meinem Team keinen Unterschied zwischen Alter und Geschlecht. Das Ergebnis zählt.

Macht Not erfinderisch in der Kommunikation und schafft ein kleines Budget extra ­tolle Ideen?

Biegi: Moment, auch ein großes Budget braucht eine gute Idee. Wir nehmen gerne mal die NGO-Denke ein im Team und überlegen, was man auch mit wenigen Ressourcen machen kann.

Altenhoff: Wir machen oft die umgekehrte Übung und denken extra groß, das regt die Fantasie an. Wir können ja nicht immer jammern und sagen: „Wir brauchen mehr!“ Und wenn wir wirklich glauben, wir würden mit mehr Budget so viel mehr reißen, besorgen wir uns die Mittel woanders.

Biegi: Ich glaube, es ist oft schwer, groß zu denken. Das muss man aktiv herbeiführen und ist eine Frage des Mind Sets.

Wie hoch ist denn Ihr ­Jahresbudget?

(Großes Gelächter bei den Befragten, synchroner Griff zu den Keksen in der Tischmitte.)

Bank: Ausreichend.

Bietet jemand mehr oder ­weniger?

(Lähmende Stille im Raum, abgesehen vom Kekskauen.)

Trotz der gescholtenen ­Neiddiskussion: Worum ­beneiden Sie die anderen ­beiden im Kreis?

Biegi: Die gute Reputation der Stiftungen. Auf die Bekämpfung der Kinderarmut kann sich jeder einigen. Die Suche nach neuen Medikamenten und Impfungen wird oft über­deckt von Vorurteilen gegenüber Pharma­unternehmen.

Altenhoff: Ich hätte im Job oft gern mehr etablierte Strukturen, wie sie große Unternehmen haben. Ihr Fehlen macht aber auch den Reiz meiner Arbeit aus, das ist ein schmaler Grat.

Biegi: Und zu viel Struktur ist auch nicht gut. (lacht)

Wir sind am Ende angelangt. War gar nicht schlimm, oder?

Biegi: Nee, und die Kekse waren auch ­lecker.

 

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe Geld. Das Heft können Sie hier bestellen.

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