Die Sache mit dem Rückruf

„Kind, geht es dir gut?“ Jeden Samstag beginnt das Telefonat mit meiner Mutter mit dieser Frage. Zugegeben, ein oder zwei SMS könnte ich ihr unter der Woche wohl schon schreiben, aber will ich das? Vielleicht hätte ich ihren Anruf vorhin nicht auch noch wegdrücken sollen, obwohl es nur mein Chef war, der mich vom Griff zum Smartphone abhielt. Gut, dass du nicht Sharon Standifird kennst, Mama! Wahrscheinlich hättest du schon längst ihre „Ignore no more“-Glucken-App auf meinem Smartphone installiert. Lässt sich durch das kleine Wunderprogramm doch einfach das Telefon des Nachwuchses sperren, falls dieser mal wieder so dreist sein sollte, nicht auf die elterliche Kontaktversuche zu reagieren. Kontrolle pur oder wie die „taz“ es formulierte „die fieseste Entwürdigungsmethode seit Kinderleine und Antimasturbationsfessel“.

Doch wenn ich es mir recht überlege, hätte das kleine Ding im Journalistenalltag so seine Vorzüge. Wie oft wird man von Pressestellen als Journalist vertröstet. Wie oft ist besetzt oder überhaupt niemand erreichbar. Auf den versprochenen Rückruf wartet man Stunden, Tage, Wochen. Da gerät man doch schon öfter in Versuchung, das Telefon des Gegenübers zu sperren. Und seien Sie einmal ehrlich: Wann hätten Sie zuletzt gern den Rückruf eines Journalisten erzwungen? Vorschlag meinerseits: Wir alle, PRler und Schreiberlinge, installieren die App. Drei Mal pro Jahr darf jeder dann den Rückruf per Sperrung erzwingen. Deal? Es geht ja hier um produktives Arbeiten, nicht wahr?

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