Die populärsten Mythen im Newsletter-Marketing

Obwohl für viele nach der Double-Opt-in-Entscheidung des BGH (NJW 2011, 2657) endgültig festzustehen schien, unter welchen Voraussetzungen rechtskonform per E-Mail-Newsletter geworben werden darf, halten sich in der Praxis hartnäckige Mythen, die juristisch gefährlich und wirtschaftlich nachteilhaft sein können. Die Populärsten im Überblick.

1. Du musst stets ein Double Opt-in durchführen!

Die Zulässigkeit von E-Mail-Werbung richtet sich vor allem nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG, der Werbung unter Verwendung elektronischer Post an die vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten knüpft. Anderenfalls handelt es sich um eine unzumutbare Belästigung des Kunden.

Bereits vor drei Jahren hat der BGH klargestellt, dass Unternehmen nur durch das Double-Opt-in-Verfahren eine solche Einwilligung zum Newsletter-Empfang nachweisen können – eine gesetzliche Pflicht hierzu, wie von vielen Unternehmen angenommen wird, besteht jedoch nicht. Das Double-Opt-In Verfahren dient nämlich nicht zur Einwilligungseinholung, sondern lediglich dem Nachweis, dass der Inhaber der E-Mailadresse die zuvor erteilte Einwilligung tatsächlich erteilen wollte.

Überblick über das Double-Opt-In-Verfahren:

  • Der Kunde muss sich zunächst mit seiner E-Mail-Adresse in die Verteilerliste des Newsletter-Anbieters eintragen.
  • Daraufhin verschickt der Anbieter an die eingegebene E-Mail-Adresse die so genannte Bestätigungsmail, die in neutraler Gestaltung den Empfänger informiert, dass seine Adresse in den Verteiler aufgenommen wurde und ihn auffordert, eine Bestätigung des Eintrages (beispielsweise durch Anklicken eines in der E-Mail enthaltenen Links) vorzunehmen. Zudem sollte sie den Hinweis enthalten, dass ein Nichtreagieren des Kunden auf die E-Mail den Austrag aus der Verteilerliste zur Folge hat. Wichtig ist, dass diese Bestätigungs-Mail frei von Werbung ist!
  • Hat der Anbieter auch die zweite Bestätigung erhalten, hat er zu Beweiszwecken jede einzelne Einverständniserklärung abzuspeichern und sicherzustellen, dass er sie jederzeit ausdrucken kann.

Das bedeutet aber nicht, dass nun vorschnell an den gesamten Kundenbestand „Bestätigungsmails“ versendet werden sollten. Denn § 7 UWG lässt in Absatz 3 E-Mail-Werbung ausnahmsweise auch ohne eine ausdrückliche Einwilligung zu, wenn

  • 1. die E-Mail-Adresse im Zusammenhang mit einem vorherigen Verkauf beziehungsweise einer vorherigen Dienstleistungserbringung vom Kunden erhalten wurde,
  • 2. Werbung für eigene ähnliche Waren und Dienstleistungen betrieben werden soll,
  • 3. der Kunde darauf hingewiesen wurde, dem E-Mail-Empfang jederzeit widersprechen zu können und
  • er 4. von dieser Widerspruchsmöglichkeit keinen Gebrauch gemacht hat.

Wann ist die Adresse „im Zusammenhang“ mit einem vorherigen Verkauf beziehungsweise einer vorherigen Dienstleistungserbringung generiert worden?

Der Zusammenhang erfordert

  • 1., dass die E-Mail-Adresse vom Kunden selbst stammt und nicht etwa von Adresshändlern oder anderen Unternehmen eingekauft wurde.
  • 2. muss es zuvor tatsächlich zu einem Vertragsabschluss zwischen dem Kunden und dem werbenden Unternehmen gekommen und dabei die Adresse übermittelt worden sein. Es genügen weder bloße Vertragsverhandlungen oder Interessensbekundungen noch der Erhalt im Kontext einer Vertragsauflösung (Widerruf, Kündigung et cetera). Damit ist also das so genannte Nachbearbeiten eines Kunden nicht mehr von der Erlaubnis gedeckt. Anders ist dies jedoch, wenn sich der Kunde während einer Vertragsdurchführung mittels E-Mail an den Werbenden wendet, beispielsweise bei der Inanspruchnahme einer Garantie oder von Gewährleistungsrechten.
  • Schließlich darf drittens keine größere Zeitspanne zwischen dem ursprünglichen Vertragsschluss und dem Erhalt der Adresse liegen. Zwar ist der Rechtsprechung keine feste Grenze zu entnehmen, allerdings sind dem LG Berlin zufolge jedenfalls zwei Jahre zu lange (CR 2004, 941).

Wann betreibe ich Werbung für eigene und ähnliche Angebote?

Werbung für seine eigenen Waren und Dienstleistungen betreibt nur derjenige, der die Adressen nicht an Dritte weitergibt oder gar für sie Werbung schaltet. Dritte sind auch Unternehmen des eigenen Konzerns.

Problematischer ist die Frage nach der Ähnlichkeit der Angebote. Entscheidend ist, ob die Waren oder Dienstleistungen dem gleichen oder jedenfalls ähnlichen Bedarf oder Verwendungszweck des Kunden entsprechen. Zu weitgehend ist es jedenfalls, den Kauf von Zubehör für eine Silvesterparty als Anlass für Werbung für ein Geduldsspiel zu nehmen, auch wenn die Waren jeweils Unterhaltungszwecken dienen (KG Beschl. v. 18.3.2011, Az. 5 W 59/11).

Umstritten und von der Rechtsprechung bislang noch nicht geklärt ist, ob darüber hinaus auch Ergänzungen und Zubehör von dem Ausnahmetatbestand erfasst sind und wo hierfür die Grenzen zu ziehen sind. Vorgeschlagen wird etwa, hierunter auch das Angebot von auf den Ursprungsvertrag bezogenen Wartungs- und Reparaturdienstleistungen zu fassen (Fezer/Mankowski, UWG, 2. Aufl. 2010, § 7 Rn. 264).

Wie ist der Hinweis auf die Widerspruchsmöglichkeit zu formulieren?

Aufschluss hierüber gibt § 7 Abs. 3 Nr. 4 UWG. Danach ist der Kunde inhaltlich darüber aufzuklären, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen (ergo eine zwingende Kontaktierung über kostenpflichtige Hotlines ausgeschlossen ist).

Hierfür ist ihm bei jedem einzelnen Newsletter-Versand in klarer und deutlicher Form, etwa durch Fettdruck, eine Kontaktadresse zu nennen, an die er jederzeit seinen Widerspruch richten kann.

2. Du darfst niemals Opt-out-Klauseln verwenden!

Fällt die Werbung nicht unter den Ausnahmetatbestand in § 7 Abs. 3 UWG, sollte aus Beweisgründen – und damit aus Gründen der Rechtssicherheit – für die Einholung der Einwilligung das dargestellte Double-Opt-in-Verfahren durchgeführt werden. Auch wenn das OLG München im vergangenen Jahr mit der Einstufung der Bestätigungsmail als „Werbung“ Zweifel am Bestand des Double-Opt-in gesät hat (GRUR-RR 2013, 226), haben andere Gerichte zwischenzeitlich die BGH-Lösung durch gegenteilige Entscheidungen gestützt und wieder Rechtssicherheit hergestellt (OLG Frankfurt MMR 2014, 115; OLG Celle MMR 2014, 611).

Übersehen wird zuweilen, dass neben der wettbewerbsrechtlichen Einwilligung auch eine datenschutzrechtliche einzuholen ist. Diese darf allerdings als Opt-out-Klausel formuliert und auch innerhalb der AGB untergebracht werden (BGH NJW 2008, 3055 – Payback), solange sie hier gem. § 28 Abs. 3a S. 2 BDSG deutlich hervorgehoben platziert wird.

Wichtig ist darüber hinaus, dass der Kunde über den Zweck der Datenermittlung informiert und die Inanspruchnahme grundlegender vertraglicher Leistungen – vor allem der Vertragsschluss als solcher – nicht von der Erteilung der Einwilligung abhängig gemacht wird (§ 4a Abs. 1 S. 1 BDSG).

3. Hauptsache, ich habe die Bestätigung!

Die Verifizierung der Einwilligung nach Erhalt der Bestätigungsmail ist nichts wert, wenn nicht die Anforderungen an die Wirksamkeit der Einwilligungsentscheidung berücksichtigt werden. Nach Art. 2 h) der Datenschutzrichtlinie 95/46/EG muss die Willensbekundung ohne Zwang, für den konkreten Fall und in Kenntnis der Sachlage erfolgen. Vor allem das Erfordernis, für einen konkreten Sachverhalt einzuwilligen, stellt die Praxis vor Herausforderungen.

Die Nennung konkreter Unternehmen

Die ankreuzbare Vorformulierung der Einwilligung muss nicht nur in einem gesonderten Text ohne sonstigen Inhalt untergebracht werden (BGH GRUR 2012, 531 – Einwilligung in Werbeanrufe II), es müssen vor allem auch die zukünftig werbenden Unternehmen konkret benannt werden. Nach jüngst geäußerter Ansicht des OLG Koblenz verbietet es sich daher, die Einwilligung pauschal auch für „verbundene Unternehmen“ einzuholen, da anderenfalls die jederzeitige Widerrufsmöglichkeit des Verbrauchers unangemessen beschränkt werde. Deshalb sei stets die Nennung jedes einzelnen Unternehmens, das künftig über einen Newsletter Werbung versenden möchte, mit Namen und Anschrift erforderlich.

Einen Schritt weiter geht das LG Düsseldorf, das selbst eine Verlinkung auf eine separate Liste mit den verbundenen Unternehmen innerhalb der Einwilligungserklärung nicht für ausreichend erachtet (Urt. v. 20.12.2013, Az. 33 O 95/13). Ob sich diese, bislang ohne weitere Bestätigung gebliebene Ansicht durchsetzt, ist zwar zu bezweifeln, da sie nicht nur die Anbieter von E-Mail-Marketing vor enorme Probleme stellt, sondern auch den Werbeadressaten keinen Gefallen tut, wenn sie die bereits umfangreiche Einwilligungserklärung unnötig um ein Vielfaches zu verlängern sucht und dadurch – anders als die Verlinkungslösung – dem Verbraucher die Wahrnehmung der relevanten Einwilligungsinformationen erschwert. Doch ist insoweit bei der Formulierung der Einwilligungserklärung Vorsicht angebracht und die weitere Entwicklung abzuwarten.

Konsequenz dieser restriktiven Rechtsprechung ist auch, dass angekaufte Adresslisten kaum rechtssicher verwendet werden können, auch wenn der BGH die Beauftragung Dritter zur Einholung von Einwilligungen generell für zulässig erachtet (GRUR 2012, 531 – Einwilligung in Werbeanrufe II). Denn Unternehmen dürfen sich nicht auf die Zusage von Adresshändlern verlassen, die Einwilligungen seien wirksam eingeholt worden (OLG Düsseldorf Urt. v. 24.11.09, Az. I-20 U137/09; KG Beschl. v. 29.10.12, Az. 5 W 107/12). Vielmehr können nach dem genannten Urteil des LG Düsseldorf Verträge über die Lieferung von Kundendaten sogar nichtig sein, wenn diese durch eine vorgespiegelte Meinungsumfrage, die tatsächlich rein werbliche Zwecke verfolgte, generiert wurden.

Die Nennung konkreter Produkte

Daneben ist darauf zu achten, dass der Kunde in Werbung für konkrete Produkte und Dienstleistungen einwilligt. Allgemeine Umschreibungen – etwa „Finanzprodukte aller Art“ – genügen zwar nicht, die Nennung eng umgrenzter Produktkategorien dürfte jedoch nicht zu beanstanden sein (zum Beispiel Werbung zu den Themen „Aktien und Immobilien“).

4. Jetzt kann ich loslegen!

Dass dies nicht alle rechtlichen Fallstricke sind, die im Newsletter-Marketing drohen, dürfte nicht überraschen. Wichtig sind und immer wieder übersehen werden insbesondere

Der Grundsatz der Datensparsamkeit

Aus dem datenschutzrechtlichen Gebot, nur die für die Verarbeitung notwendigen Daten zu erheben (§ 3a BDSG), folgt, dass grundsätzlich nur die E-Mail-Adresse für den Newsletter-Versand erhoben werden darf. Weitere Angaben (Interessenschwerpunkte, Berufstätigkeit, finanzielle Situation et cetera) dürfen nur zusammen mit einem Hinweis auf die Freiwilligkeit der Angabe abgefragt werden.

Die Impressumspflicht

Jedem Newsletter ist nicht nur die Möglichkeit der Abbestellung, sondern ein den telemedienrechtlichen Voraussetzungen genügendes Impressum beizufügen.

Das Verschleierungsverbot

Aus § 6 Abs. 2 TMG folgt, dass nicht nur generell der Werbezweck als solcher gegenüber dem Empfänger nicht verschleiert werden darf, sondern in Kopf- und Betreffzeile der E-Mail weder der Absender noch der Werbecharakter der Nachricht verschleiert oder verheimlicht werden.

 

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