Der Tweet – 140 Zeichen sinnvoll nutzen

Serie zu PR-Textsorten – Teil zwei

Da Journalisten und Multiplikatoren Twitter als Recherche- und Informationspool nutzen, und Inhalte auch oft Eingang in die Berichterstattung der klassischen Medien finden, wächst die Relevanz des Kanals auch in der Medienarbeit. Doch welche sprachlichen Merkmale kennzeichnen die Tweets und kann man sie als eigenständige Textsorte bezeichnen?

Enger Themenradius, vielfältige Ziele

Twitter-Profile von Unternehmen oder Funktionsträgern in einem Unternehmen wie beispielsweise CEOs oder Geschäftsführern sind thematisch enger gefasst als beispielsweise Facebook-Profile. Viele Unternehmen haben verschiedene Twitter-Accounts, die dann gezielt Nutzer ansprechen, wie im Karrierebereich oder für die Kundenkommunikation. Ein bekanntes Beispiel ist das Twitterprofil der Telekom „Telekom_hilft“, das im Grunde einen großen Teil des Service- und Beschwerdemanagements abwickelt. Im Profil „Telekom AG“ gibt es hingegen klassische Corporate News und in dem Profil „Telekom erleben“ markenrelevante Neuigkeiten.

Der Schwerpunkt liegt auf der Funktion als Informationskanal. Die Twitterprofile selbst lassen sich zwar personalisiert gestalten, eine Beschreibung des Unternehmens oder Marke ist jedoch ebenfalls nur mit 160 Zeichen möglich. Twitter bietet zwar keine Möglichkeiten zur Veröffentlichung langer Texte oder umfangreicher Inhalte, ermöglicht jedoch durch die begrenzte Zeichenanzahl prägnante Botschaften.

Twitter ist für Unternehmen außerdem wichtig, um für den eigenen Status im Netz zu etablieren und zu anderen Social-Media-Angeboten zu verlinken. Der Traffic, der dadurch zu weiterführenden Inhalten beispielsweise auf Facebook, einer Unternehmenshomepage oder einem Blog, gelenkt werden kann, ist für Unternehmen sehr wertvoll. Twitter dient auch als Monitoringtool von Themen und dem Dialog und der Vernetzung mit Stakeholdern.

Tweets sind medial schriftlich, konzeptionell jedoch mündlich

Ob man bei einem Tweet von einer eigenständigen Textsorte sprechen kann, ist umstritten. Trotz der begrenzten Textlänge von 140 Zeichen sind Textualitätskriterien, wie die Intentionalität der Inhalte, erfüllt. Dennoch ist die Zuordnung nicht eindeutig. Bei der Kommunikation über Twitter kann man von einer verdichteten Schriftkommunikation sprechen, von einer stark raumbegrenzten Textsorte, wie beispielsweise bei einer SMS oder einer Kleinanzeige. Tweets sind in erster Linie nicht dialogzentriert, sondern dienen der Verbreitung von Informationen, Meinungen im Sinne einer One-to-many-Kommunikation. Dennoch bietet sich über die Reply-Funktion und Direktnachrichten die Möglichkeit eines Meinungsaustauschs. Dieser ist jedoch gekennzeichnet von einer asynchronen Kommunikation. Tweets sind medial schriftlich, aber in vielen Fällen geprägt von einer konzeptionellen Mündlichkeit. Die Konzeption eines Texts beschreibt den Duktus, die Modalität der Äußerungen. Diese kann auch bei einem schriftlichen Text konzeptionell mündlich sein, wenn die Art des Schreibens den Bedingungen der gesprochenen Sprache folgt, wenn zum Beispiel orthographische Regeln nicht so streng befolgt werden und in Tweets umgangssprachliche Ausdrücke, Dialekt oder Inflektive verwendet werden.

Wortwitz ist willkommen

Vor dem Verfassen von Tweets sollte festgelegt werden, ob die Nachrichten eine persönliche oder neutrale Tonalität haben sollen. Auch bei Twitter gilt das allen Social-Media-Kanälen gemeine Kommunikationsziel, eine möglichst große Resonanz und Verbreitung der Inhalte zu erreichen. Wichtige Keywords können mit dem Hashtag-Zeichen markiert werden, um sicherzustellen, dass Nutzer die Beiträge finden, wenn sie sich für ein ganz bestimmtes Thema interessieren. Durch den häufig sehr persönlichen Charakter von Tweets sind alle sprachlichen Mittel einsetzbar, die auch in anderen prägnanten Texten vorkommen. Unternehmen stehen in der Konkurrenz um die Aufmerksamkeit der Nutzer, die in ihrer Timeline häufig eine hohe Anzahl von Beiträgen haben. Sprachspiele oder Wortwitz, neugierig machende Hinweise und Formulierungen, sind bei Twitter wie bei keinem anderen Social-Media-Angebot angebracht.

Fünf Tipps für einen interessanten Twitter-Account:

  1. Persönlichkeit: Wählen Sie Themen mit direktem Bezug zur Persönlichkeit des Account-Inhabers und schreiben Sie diese auch in einer individuellen Ausdrucksform.
  2. Überraschung: Heben Sie sich hervor durch überraschende Neuigkeiten und Einblicke, gerne auch provokante Thesen.
  3. Netzwerk: Vernetzen Sie sich durch Retweets und Verlinkungen mit anderen, indem Sie Inhalte empfehlen.
  4. Kreativität: Lassen Sie der Kreativität freien Lauf, durch überraschende Themen, humorvolle Einstellungen und Wortwitz.
  5. Mündliche Konzeption: Schreiben Sie, wie Sie sprechen: Umgangssprache und Dialekt sind erlaubt.

Das sollten Sie vermeiden:

  1.  Nutzen Sie Twitter nicht als Werbekanal oder als ausschließliches Verlautbarungsmedium des Unternehmens.

  2. Überfrachten Sie Ihre Tweets nicht mit Hashtags und Verlinkungen.

  3. Vermeiden Sie Abkürzungen oder halbe Sätze – auch wenn nur 140 Zeichen zur Verfügung stehen. URLs lassen sich beispielsweise mit bit.ly abkürzen.

Mein persönliches Beste-Case-Beispiel:@KT_Neumann (Opel-CEO Karl-Thomas Neumann)

Ein Beispiel für eine gelungene Kommunikationsform bei Twitter ist das personalisierte Profil des Opel-CEOs Karl-Thomas Neumann (@KT_Neumann). Dieses Profil wird von einem Social-Media-Team des Unternehmens gefüllt, es gibt aber auch persönliche Tweets des CEOs, die dann entsprechend mit „KTN“ gekennzeichnet sind. Das Profil ist eines der ersten und wenigen Profile des CEOs eines großen Konzerns und aus verschiedenen Gründen ein erfolgreiches Beispiel für die Kommunikation eines Unternehmens via Twitter. Dem Profil folgen über 8.600 Follower, was für die Thematik und den Absender eine relativ große Zahl ist. Zum anderen erfüllt das Profil mit seinen Inhalten und Themen alle Kriterien, die von diesem Kommunikationskanal erwartet werden können: Die Beiträge verbinden Nachrichten aus dem Unternehmen, Hintergrundinfos, interne Geschichten, Fotos, Videos und redaktionell interessante Inhalte rund um Automobilthemen. Auch Beiträge anderer Nutzer werden regelmäßig geteilt, insofern nimmt das Social-Media-Team aktiv an aktuellen Diskussionen teil.

Besonders beachtlich ist auch das Engagement des Profilinhabers selbst, der in großer Regelmäßigkeit Tweets aus einer sehr persönlichen Perspektive absetzt. Dabei spricht er seine Follower auch direkt an und scheut nicht das Eingehen auf Feedback der Nutzer. Bei einem Tweet, in dem Karl-Thomas Neumann beispielsweise den Osterurlaub mit der Familie nach Italien thematisiert, geht es um die Frage, welches Auto ihm seine Follower für diesen Trip empfehlen.

 

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