Bloggen, ohne schönzureden

dpok – von den Besten lernen

Der Deutsche Preis für Onlinekommunikation 2018 in der Kategorie „Blog“ ging an die Hamburger Hochbahn. Das Verkehrsunternehmen kommunizierte online zunächst auf Facebook und Twitter, ehe es sich vor knapp vier Jahren zu einem Corporate Blog entschied. Hinter dem Hochbahn-Blog steht vor allem Pia Gängrich, die unseren Fragebogen beantwortet hat.

Können Sie kurz Ihr Projekt vorstellen?

Die Hamburger Hochbahn ist ein über 100 Jahre altes Verkehrsunternehmen, betreibt U-Bahn und viele Buslinien in der Stadt. Ihr Image: solide, glaubwürdig und verlässlich, aber auch ein wenig verstaubt. Eben Tradition. Auch mit Blick auf die Kommunikation waren wir lange Zeit klassisch unterwegs. Im Oktober 2014 war der Blog dann die nächste Evolutionsstufe nach den sozialen Netzwerken, auf denen die Hochbahn seit 2012 vertreten ist. Seitdem gibt es alle Hintergründe zu Hamburgs größtem Verkehrsunternehmen, vielen Fahrgastfragen und dem Alltag mit und in unseren U-Bahnen und Bussen. Hintergründe zu strategischen Entscheidungen sind dabei genauso wichtig wie große Verkehrsprojekte. Das Besondere: Jedes Thema wird auf dem Blog durch die Brille des Fahrgastes betrachtet.

Was hat Sie auf die Idee für den Blog gebracht?

Jeder ist schon mal Bus oder Bahn gefahren. Deshalb hat auch so ziemlich jeder eine Meinung dazu und spricht darüber – spätestens seit Facebook und Co. nicht mehr nur am Küchentisch, sondern auch online. Da war es nur logisch, dass die Hochbahn die sozialen Netzwerke erobert – denn geredet wird dort im Zweifel auch ohne uns. Gestartet sind wir 2012 mit einem Facebook- und Twitter-Kanal, doch schnell war klar, dass der Raum für Themen und Diskussionen hier begrenzt ist. Die Idee für einen zusätzlichen Unternehmensblog war geboren. Damit stärkt die Hochbahn ihre Position als Expertin für zukunftsfähige Mobilität, greift Fahrgastthemen gezielt auf, versachlicht Diskussionen und kann auf Meinungen, Stimmungen und die öffentliche Wahrnehmung einwirken.

Was ist aus Ihrer Sicht das Besondere an diesem Projekt?

Der Blog wird im Schwerpunkt von mir als einziger Autorin betreut. Ich bin (kritische) Beobachterin im Unternehmen, aber gleichzeitig auch Fahrgast – jeden Tag. Damit kann ich genau die Fragen stellen, die unsere Fahrgäste interessieren, bei den Kollegen nachhaken und auf Spurensuche gehen. Ich bin dabei sehr frei, kann Themen und Umsetzung frei wählen. Dabei helfen mir Fachabteilungen mit ihrem Expertenwissen. Sie kontrollieren die Beiträge bei Bedarf auf sachliche Richtigkeit, das letzte Wort habe aber ich. Klassische Freigabeschleifen gibt es bei uns nicht. Dadurch, dass der Blog Teil der Unternehmenskommunikation ist, bin ich auch nah an den Themen dran, die das Unternehmen bewegen. Dieser Mix macht den Blog besonders. Vor allem auch, weil wir uns an Themen trauen, die dem Unternehmen weh tun, wo wir Schwächen eingestehen und auch mal zugeben, dass es Verbesserungsbedarf gibt. Ich werfe also einen Blick von außen auf das Unternehmen. Bewusst provokativ, offen und auf eigene Initiative. Das macht es authentisch und wird von unseren Lesern geschätzt. 

Was hat der Blog bisher bewirken können?

Der Blog wird von einer guten Stammleserschaft regelmäßig gelesen. Besonders freut uns, dass die Beiträge viel kommentiert werden, dass wir zum Dialog anregen und gutes Feedback zu unseren Themen und Projekten bekommen. Wir haben es mit einzelnen Blogbeiträgen bereits in die klassischen Medien geschafft. Beiträge wurden zum Teil wortwörtlich in Printmedien, wie das Hamburger Abendblatt, übernommen. Hamburger Journalisten kennen den Blog inzwischen und nutzen ihn zur Recherche oder Vorbereitung. Das ist ein toller Erfolg. Es zeigt, dass das Zusammenspiel der sozialen Medien mit dem Blog genau der richtige Weg war. Social Media verschafft uns die nötige Reichweite für den Blog, der Blog selbst ist aber auch Rückfallebene für das Community-Management. Eine klassische Win-Win-Situation.

Rückblickend betrachtet: Würden Sie alles noch einmal genauso machen?

Wir würden uns schon früher trauen, mutiger zu sein. Gerade die Themen, die dem Unternehmen auch mal weh tun, weil es auch Schwächen zugeben muss, sind die Themen, die die Fahrgäste am meisten interessieren, die die höchste Relevanz haben. Der Dialog, der unter solchen Beiträgen entsteht, ist der spannendste und bringt uns als Unternehmen viel weiter als oberflächliches Schöngerede, das an der Realität da draußen scheitert.

 

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