22. September 2016. Berlin. Friedrichstraße. Bei der „Speakersnight“ im Admiralspalast feiert mein Team einen der größten Erfolge. Als DAK-Gesundheit gewinnen wir in der Kategorie Unternehmen den „Goldenen Apfel“ und werden „Pressestelle des Jahres“. Diesen Preis muss ich nicht erklären. Ob Vorstand oder Kundenberater – „beste Pressestelle“ verstehen alle.
Das gilt auch für Freunde und Familie. 2018 wird die Auszeichnung „Pressestelle des Jahres“ zum „BdP-Award für Kommunikation“. Aus meiner Sicht hat sich der Bundesverband der Pressesprecher einen Bärendienst erwiesen. Ehrlich: Wer kennt, versteht und nutzt die Abkürzung „BdP“?
Im „Dilemma der Kommunikation“ benennt der Verhaltensforscher Konrad Lorenz sieben mögliche Kommunikationsstörungen:
- gedacht ist nicht gesagt
- gesagt ist nicht gehört
- gehört ist nicht verstanden
- verstanden ist nicht gekonnt
- gekonnt ist nicht gewollt/einverstanden
- einverstanden ist nicht angewandt
- angewandt ist nicht beibehalten
Der Wechsel zum „BdP-Award“ mag gut gedacht sein. Gute Kommunikation war es nicht. Deshalb plädiere ich in der aktuellen Debatte: Lasst uns den Begriff „Pressesprecher“ weiter nutzen und pflegen. Natürlich wandelt sich unser Berufsbild massiv. Content ist plötzlich King. Wir sind alle Social Media. Interne Kommunikation erlebt einen Hype. Benchmark-Analysen ‚trenden‘ im agilen Alltag. Im Newsroom sind Podcasts digitale Sahnehäubchen. Und alles lenkt der Chief Communications Officer.
Der Pressesprecher ist tot. Lang lebe der Pressesprecher. Für mich ist und bleibt die Berufsbezeichnung ein wichtiges Qualitätssiegel. Zur Erinnerung: Die Pressefreiheit ist im Grundgesetz verankert. „Die Presse“ gilt als vierte Gewalt. Für Wikipedia steht der Wortteil „Presse“ in einem „erweiterten Sinne für die Gesamtheit aller öffentlichen Massenmedien (einschließlich Hörfunk, Fernsehen und Internet)“. Das sind fundamentale Unterschiede zur „Kommunikation“, die auch Marketing, Berliner Büro und Vertrieb betreiben.
Das „Geschäft“ mit den Medien können nur Pressesprecher. Der Trendreport 2019 von News Aktuell zeigt: Für 86 Prozent der deutschen PR-Profis sind Journalisten nach wie vor die wichtigsten Influencer. Die Verantwortung für Presse- und Medienarbeit liegt zu 99 Prozent in der PR, wie die BdP-Studie Kommunikationsmanagement 2018 von Professor Günter Bentele gezeigt hat.
CEO-Kommunikation und Krisen-PR: Die Pressesprecher müssen ran
Für viele Unternehmen ist und bleibt Pressearbeit ein Herzstück der Kommunikation. Wenn es darum geht, den Vorstand positiv in die Öffentlichkeit zu bringen, dann müssen „der Pressesprecher“ und sein Team ran. Gleiches gilt in Krisen, um negative Schlagzeilen zu vermeiden. Wie wichtig der Job ist, zeigten auch Top-Meldungen über die neuen Regierungs-„Sprecherinnen“ von Donald Trump und Emmanuel Macron.
In der Diskussion um den Begriff des „Pressesprechers“ hilft ein Vergleich aus dem Fußball. Jogi Löw hat heute einen Job mit völlig anderen Herausforderungen als Sepp Herberger. Aber beide sind und waren „Trainer“. Auch nach 65 Jahren muss das Runde ins Eckige und das nächste Spiel ist immer das schwerste. Das gilt auch in der Kommunikation für den Pressesprecher und die Pressesprecherin der Zukunft.
Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe ZEIT. Das Heft können Sie hier bestellen.